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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinter den schmalen Fenstern das ruhige Licht einer Petroleumlampe brannte, war er trotzdem sicher, dass sie leer war.
    Er fand die Tür unverschlossen und das Haus leer, ganz wie er vermutet hatte. Es bestand nur aus einem einzigen, sehr großen Raum, der gleichzeitig als Wohn-und Schlafraum wie auch als Kochküche diente. Ein halbes Dutzend Betten drängelte sich nebeneinander an der jenseitigen Wand, es gab einen Schrank, dessen Türen offenstanden und einen Blick auf das fürchterliche Durcheinander gewährten, das er enthielt, einen Tisch mit einem halben Dutzend lehnenloser Hocker und andere Gerätschaften, allesamt in äußerst schlechtem Zustand und alles andere als sauber. Überhaupt erinnerte ihn die Hütte weit mehr an einen Stall als an die Behausung menschlicher Wesen. Er musste an Miss Lugosis Worte denken und den Abscheu in ihrer Stimme, und er verstand sie jetzt besser.
    Andara ging zur Tür zurück, überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, dass er auch wirklich allein war, und begann die Hütte rasch und routiniert zu durchsuchen; ohne selbst eine klare Vorstellung von dem zu haben, wonach er suchte. Und er beschränkte sich nicht nur darauf, die Schänke zu durchwühlen und in Schubladen und unter Wäschestapel zu schauen, sondern tastete auch mit seinen anderen, magisch nicht begabten Menschen völlig unverständlichen Sinnen umher. Aber die eine wie die andere Suche blieb erfolglos, und nach kaum zehn Minuten musste er sich enttäuscht eingestehen, dass er in seinem Zorn und seiner Ungeduld auf eine falsche Spur geraten war – die Carsons schienen wirklich nichts als das zu sein, wofür Miss Lugosi sie hielt: eine Bande von Barbaren, die ihre Umgebung durch schiere Gewalt terrorisierten. Und so sehr Andara Menschen dieser Art verachtete – er war nicht hierhergekommen, um sich in die internen Schwierigkeiten zu mischen, die Innsmouth mit den Überbleibseln seiner Wild-West-Vergangenheit hatte.
    Enttäuscht wandte er sich um, um die Hütte wieder zu verlassen, als sich sein Fuß an etwas verfing, das aus dem Boden ragte, und er um ein Haar gestürzt wäre. Verärgert – aber auch ein wenig verwirrt und alarmiert – blieb er noch einmal stehen, ließ sich in die Hocke sinken und suchte den Boden ab.
    In die morschen Dielenbretter war ein eiserner Ring eingelassen, so geschickt, dass er bei flüchtigem Hinsehen kaum entdeckt werden konnte, und auch so glatt mit dem Holz abschließend, dass er ihn nicht bemerkt hätte, hätte er sich nicht durch einen puren Zufall nicht ganz in die Vertiefung gesenkt, die in das Holz gefräst worden war.
    Es war eine Klappe; ein hölzerner Deckel von vielleicht einem Yard Seitenlänge, die mit einer in dieser Umgebung erstaunlich anmutenden Akribie in den Boden eingelassen war. Selbst die Scharniere, die sie hielten, waren aufs Genaueste in den Boden versenkt.
    Andara zögerte einen Moment, dann ging er, ohne sich aus der Hocke zu erheben, ein kleines Stück zurück, legte entschlossen die Hand in den eisernen Ring und öffnete die Klappe. Sie bewegte sich ohne das geringste Geräusch, als wären die Scharniere erst vor kurzem frisch geölt worden.
    Ein Schwall abgestandener, feuchtkalter Luft schlug ihm entgegen. Die obersten drei oder vier Stufen einer roh in den lehmigen Boden gegrabenen Treppe waren zu sehen – und ein blasses, sonderbar unangenehmes grünliches Licht, das aus der Tiefe emporstieg und in beständiger Bewegung zu sein schien, ohne dass er sie greifen konnte.
    Und Laute …
    Sie waren so schwach, dass er sie im allerersten Moment mehr ahnte als wirklich hörte, aber als er sich konzentrierte und einen Augenblick gebannt lauschte, begannen sie rasch eine beunruhigende Realität anzunehmen. Es waren Geräusche, wie er sie nie zuvor gehört hatte, und die doch entsetzlich vertraut klangen: ein unmenschliches Schreien und Wimmern, ein Jammern und Quietschen und Quäken, das sich manchmal zu einer entsetzlichen Melodie zu formen schien, jedes Mal aber wieder in schrille Dissonanz abkippte, wenn er glaubte, so etwas wie einen Rhythmus darin zu vernehmen. Aber die Laute berührten etwas in ihm. Etwas Düsteres, das sehr tief in den verborgensten Winkeln seine Seele lauerte; etwas wie eine Erinnerung an Dinge, die er niemals selbst erlebt hatte.
    Andara verscheuchte auch diesen Gedanken, sah sich noch einmal sichernd in der Hütte um und setzte mit klopfendem Herzen den Fuß auf die oberste Stufe. Das Licht nahm an Intensität zu, als er langsam

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