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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wirkung der Droge war, die er spürte. Aber selbst das war ihm mit einem Male gleichgültig.
    Innsmouth hatte sich abermals verändert. Das Leben, das er am Tage in der Stadt vermisst hatte, regte sich nun ringsum, wenn auch schüchtern und ängstlich. In den meisten der Hand voll ärmlicher Häuser brannte nun Licht, und ein Stück die Straße hinab, unweit des Ortsausganges, stand eine Gruppe von vielleicht vier, fünf Männern, scheinbar aufgeregt miteinander diskutierend und dann und wann verstohlene Blicke in ihre Richtung werfend. Aber auch das interessierte Andara nicht wirklich. Erst jetzt, als hätte es der Bewegung bedurft, um ihre volle Wirkung zur Entfaltung zu bringen, spürte er den lähmenden Griff der Droge, die Necron ihm eingeflößt hatte. Alles war ihm gleichgültig, selbst der Gedanke, dass er jetzt wahrscheinlich sterben würde. Er war nur noch müde.
    Michael versetzte ihm einen weiteren Stoß, der ihn abermals vorwärtstaumeln ließ, und für einen Moment war ihm, als blickten die Männer am anderen Ende der Straße nun eindeutig verärgert in ihre Richtung. Dann stolperte er, fiel auf Hände und Knie herab und wurde grob wieder in die Höhe gerissen. Der Himmel kippte zur Seite und blieb dort. Ihm war schrecklich übel.
    Eine Gestalt tauchte vor ihm auf und sagte etwas zu seinem Bewacher, das er nicht verstand. Aber Michael ließ seinen Arm gehorsam los und stützte ihn sogar, als er abermals zu wanken begann. Er erkannte die Gestalt jetzt. Es war Necron, der wieder die Maske Asthon-Smythes trug. Nur seine Augen waren die des Meistermagiers: kalt, hart und voller mühsam zurückgehaltener Grausamkeit.
    War es das? dachte Andara matt. War das der Preis, den jeder zu zahlen hatte, der zu tief in die Geheimnisse der Magie eindrang – dass er böse wurde? War das der Grund, dass etwas in ihm immer instinktiv davor zurückgeschreckt war, eine gewisse Grenze zu überschreiten und die letzten Geheimnisse zu lüften?
    »Nun, Roderick?«, fragte Necron hämisch. »Bist du bereit?«
    »Wo … zu?«, murmelte Andara schwach.
    Necron lachte leise, drehte sich auf dem Absatz herum und deutete nach Westen. »Du hast eine Verabredung, mein Freund. Hast du sie schon wieder vergessen?«
    Andara stöhnte. Etwas in ihm regte sich, etwas Mächtiges, Wütendes, etwas ungemein Finsteres, vor dem er selbst Furcht empfand. Aber die Wirkung der Droge war stärker. Natürlich. Necron kannte ihn zu gut, um irgendein Risiko einzugehen.
    »Gehen wir«, befahl Necron. »Es wird Zeit. Die anderen warten.«
    Andara wurde grob die Straße hinunter und auf einen wartenden Pferdewagen zu gestoßen. Michael musste ihm helfen, auf das Fuhrwerk zu klettern, denn seine Beine gaben immer wieder unter ihm nach. Alles drehte und wand sich um ihn herum. Er war so müde. So unendlich müde.
    Nach ihm und seinem persönlichen Bewacher erstiegen Necron und der Wirt der Gaststube den Wagen, aber zu Andaras Verwirrung fuhren sie noch nicht los, obwohl Necron bereits die Zügel zur Hand nahm und die Tiere ungeduldig mit den Hufen zu scharren begannen.
    Ein zweiter Wagen wurde gebracht, dann ein dritter und vierter, auf denen nacheinander nicht nur die Männer stiegen, die er am Vorabend in der Wirtsstube gesehen hatten, sondern auch alle anderen Einwohner Innsmouths – gute drei Dutzend Männer, Frauen und sogar Kinder, die von Necrons Männern unter mehr oder weniger deutlicher Gewaltanwendung gezwungen wurden, die Fuhrwerke zu ersteigen und sich auf den Ladeflächen zusammenzukauern. Auf den Wagen war nicht für alle Platz. Ein paar Männer saßen auf Pferden, Kinder oder auch Frauen vor sich im Sattel. Die Angst, die sich über der Stadt ausgebreitet hatte, war fast greifbar.
    »Was hast du vor?«, murmelte Andara.
    Necrons Lippen verzogen sich zu einem dünnen, durch und durch humorlosen Lächeln. »Deine Verabredung, Roderick«, antwortete er. »Ein Mann deines Formates verdient es, ein gebührendes Publikum zu haben, findest du nicht?«
    »Du … du bist ja wahnsinnig«, stöhnte Andara. Hätte er noch die Kraft gehabt, hätte er sich in diesem Moment auf Necron gestürzt, selbst wenn es die letzte Bewegung seines Lebens gewesen wäre. »Lass … lass wenigstens die Kinder hier, du … Ungeheuer.«
    Necron seufzte, sah ihn aus schmal zusammengepressten Augen an und ließ die Zügel knallen. Das Fuhrwerk setzte sich als erstes der kleinen Kolonne in Bewegung.
    »Die Kinder«, murmelte Andara. »Ich beschwöre dich, Necron, lass

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