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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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erschien ein blauer Kursor und begann stetig und langsam zu blinken. Es muss acht Uhr sein, dachte Kate. Der blaue Kursor war programmiert, um acht Uhr zu blinken, falls sie bis dahin noch nicht ihren Tageskalender und die Termine überprüft hatte. Kate blinzelte dreimal mit dem rechten Auge, um den Kalender aufzurufen. Klar doch, dachte sie, das alles passiert natürlich an einem Tag, wo ich wirklich viel zu tun habe. Sie löste sich ganz aus Joels Umarmung und zog ihr Telefon aus der Tasche. »Ich muss im Büro anrufen.«
    Sie erwartete, die Computerstimme der Voice Mail Box zu hören, aber der tüchtige Eric war selbst am Apparat, und so konnte sie ihm ihre ganzen Termine aufladen (bis auf das Abendessen mit Marjorie) und sicher sein, dass er alles in ihrem Sinn erledigte. Als sie die Verbindung unterbrach, sagte Joel: »Kann ich irgendwas für dich tun?« Seine großen, unschuldigen, blauen Babyaugen betrachteten sie mit liebevoller Sorge. Als Kate antwortete, hatte sie ihre Stimme kaum in der Gewalt. »Weißt du, ich muss immerfort daran denken, wie er mir stets erzählte, wie wundervoll es sei, dass wir gerade jetzt, hier und heute lebten, trotz der unruhigen sozialen Lage, weil die Wissenschaft so nah daran sei, unser Leben unbegrenzt zu verlängern. Er glaubte wirklich, alles Menschenmögliche für sich getan zu haben. Seine Gesundheit war gut, sein Körper fit. Nicht wie bei seinem Vater oder Großvater. Und immer nahm er Vitamin E, stopfte Obst und Gemüse in sich rein, wegen des Kaliums und Betakarotin, du glaubst ja nicht, wie viel Karottensaft er trank, und was das Kalium betraf, also, Kalium hätte sein zweiter Vorname sein können, so besessen war er davon, die Bananen und Grapefruits kamen ihm praktisch schon zu den Ohren raus …« Das Bild, wie ihr Vater dreimal am Tag Karottensaft presste, gab ihr den Rest, sodass sie ungehemmt zu weinen anfing. Es musste schlimm stehen, sonst wäre er bei Bewusstsein. Sie wusste es genau. Verfluchter Matt. Verfluchter Matt, mit seiner Besessenheit, was die Sicherheitskräfte betraf. Ihr Vater war zu jung, um einen derartigen Schlaganfall zu bekommen. Er war in guter Verfassung, zu gut, um in Gefahr dafür zu sein. Es war einfach nicht fair, in keiner Weise. Doch würde ihr Vater nicht der erste sein, der sagte, dass Fairness ein Konzept sei, das nur den Schwachen etwas bedeutete?
     
    Ein paar Minuten nachdem Matt ihr die medizinischen und rechtlichen Vollmachten ausgehändigt hatte, die ihr Vater ihr für eine solche Situation ausgestellt hatte, traf Kate die Ärztin ihres Vaters, den Leiter der Abteilung Neurowissenschaften der dem Krankenhaus angegliederten medizinischen Fakultät sowie einen Spezialisten der Neuromedizin, der von dem Leiter zur Behandlung hinzugezogen worden war. Die Ärzte waren nicht erfreut darüber, dass Matt ihren Vater transportieren ließ, bevor eine Diagnose erstellt worden war, aber Matt sagte, einer aus dem Leibwächterteam sei Sanitäter, er habe zehn Jahre bei der Feuerwehr in Seattle gearbeitet, bevor er in den Sicherheitsdienst wechselte (was er vor allem deshalb tat, weil die Stadt die Hälfte der Feuerwehrleute entließ).
    »Wenn Sie wenigstens einen CT-Scan [1] zugelassen hätten, stünden unsere Chancen entschieden besser«, sagte Jordan Bentoit, der Spezialist für Schlaganfälle. »So wissen wir bloß, dass er bewusstlos ist …«
    Die Art, wie er den Kopf schüttelte, versetzte Kate in Panik. »Was wollen Sie damit sagen? Dass er nicht durchkommt?« Bentoit zuckte die Achseln. Kate schaute Matt erbittert an. »Wenn mein Vater stirbt, weil er nicht rechtzeitig behandelt wurde, Matt, ich schwöre Ihnen bei Gott, dass ich dann …« Sie biss sich auf die Lippe, um die Drohung zurückzuhalten. Auf keinen Fall akzeptierte sie die Geschichte, die er ihr aufgetischt hatte – seine Erklärung, warum er die Leibwächter und seinen Kollegen, der ihm einen Gefallen schuldete, veranlasst hatte, niemanden in die Nähe ihres Vaters zu lassen. Auch Ärzte, meinte er, befänden sich inzwischen unter den Menschen aus dem zusammengebrochenen Mittelstand, aus denen sich die Hasser rekrutierten. Und ihr Vater habe Todesdrohungen erhalten von Ärzten, die Mike Abbotson persönlich dafür verantwortlich machten, dass sie keine Arbeit mehr hatten, von Ärzten, die Angst hatten, arbeitslos zu werden, sobald Abbotson Interactive Design, Inc, ihre neuen Spezialapparate herausbrachte, und deren Gehälter bereits drastisch gesunken waren, sowie von

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