Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)
präsentierte sich in Dampf gehüllt. Eine große Menschenmenge wälzte sich durch die Stadt und bewegte sich neben der Motorkutsche her in östliche Richtung.
»Versuchen die Leute, die Stadt zu verlassen?«, fragte Burton.
»Wahrscheinlich«, antwortete einer der Soldaten. »Aber um es durch die Höllenfurt zu schaffen, muss man entweder in einem sehr schnellen Fahrzeug sitzen oder geduckt und nahezu unsichtbar kriechen. Eine solche Meute schafft es nie und nimmer. Die Leute werden regelrecht abgeschlachtet.«
»Wenn sie bleiben, bedeutet das den sicheren Tod«, warf einer der anderen Männer ein. »Also scheint es das Risiko wert zu sein. Ich werde es auf jeden Fall drauf ankommen lassen.«
Burton beobachtete voller Grauen, wie sich hin und wieder schattenhafte Gestalten aus dem Dunst lösten – Menschen mit Angst in den Augen, die Taschen und Bündel und Kinder trugen und gehetzt und verzweifelt aussahen.
»Bismillah!«, murmelte er. »Sie können nirgendwohin. Das ist furchtbar.«
Aufgrund von Verzögerungen und Umwegen kam das Fahrzeug nur langsam voran, und die drei Soldaten wurden zunehmend nervöser.
»Es tut mir leid, Sir. Damit hatten wir nicht gerechnet.«
Aus dem Dunst drangen Schreie und Gebrüll.
Eine Reihe von Dampfkugeln sauste vorbei.
Burton hörte einen Schuss.
Die Motorkutsche bewegte sich weiter.
Schließlich blieben sie stehen, und die Soldaten stiegen aus. Der Agent des Königs tat es ihnen gleich und wurde zu einer Tür an der Seite eines Lagerhauses geleitet. Er betrat einen weitläufigen, hell erleuchteten Raum.
»Gut! Du hast es geschafft!«, rief Bertie Wells.
Der kleine Kriegsberichterstatter stand neben einer von zwei großen Weberknechtmaschinen. Sie gehörten zu denen, die Burton hier in der Zukunft kennengelernt hatte – mit einem Sattel auf der Schale statt eines Sitzes darin –, aber der Körper hing deutlich tiefer über dem Boden, als Burton es bei anderen Modellen gesehen hatte. Die mittleren Gelenke der Beine ragten zu beiden Seiten hoch empor.
»Auf Geschwindigkeit ausgelegt!«, verkündete Wells.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass wir in diesen Maschinen aus der Stadt flüchten sollen?«
»Ja. Wir müssen sofort aufbrechen, solange das Glück uns noch hold ist.«
»Glück? Inwiefern?«
Wells grinste. »Die Schnapper greifen gerade die Deutschen an. Die Höllenfurt ist frei passierbar!«
»Die Schnapper? Warum?«
»Das weiß niemand.«
Burton wandte sich an seine Eskorte. »Habt ihr das gehört?«
Die Männer nickten.
»Dann los! Raus aus der Stadt! Afrika ist ein großer Kontinent. Sucht euch ein ruhiges Tal, baut ein Dorf, bestellt das Land, und haltet euch aus Schwierigkeiten raus.«
»Und lernt Deutsch«, schlug einer der Männer vor.
»Ja, das könnte ratsam sein.«
Sie salutierten und verschwanden.
Burton ging zu seinem Freund, der neben einem der riesigen Spinnentiere stand. Pralle Gepäcktaschen hingen an den Seiten herab. Wells fasste nach oben und tätschelte eine davon. »Lebensmittel und sonstige Vorräte, mit denen wir mindestens ein paar Wochen auskommen.« Er berührte ein langes Lederfutteral. »Und Lee-Enfield-Scharfschützengewehre. Ich lasse die Motoren an. Mach du schon mal auf.« Er zeigte auf ein großes Doppeltor.
Burton ging hinüber und schob die beiden Torhälften mit einiger Mühe auseinander. Draußen wurde es heller: Die Morgendämmerung brach an. Nebel wallte herein, als er zu den mittlerweile tuckernden Weberknechten zurückkehrte. Wellswar bereits auf einen der beiden aufgestiegen. Burton packte den Steigbügel des anderen, zog sich in den Sattel und ergriff die zwei Steuerungshebel.
»Folge mir!«, rief Wells.
Die beiden Spinnentiere staksten ratternd aus dem Lagerhaus auf eine breite Durchzugsstraße, krabbelten sie eine halbe Meile weit entlang und schlängelten sich zwischen anderen Fahrzeugen hindurch, während zu beiden Seiten Menschenmassen vorwärtsdrängten. Nachdem sie das letzte abseitsgelegene Gebäude passiert hatten, führte Wells sie beide von der Straße in die staubige Savanne. Die flüchtenden Bewohner von Tabora blieben hinter ihnen zurück.
Wells hielt sein Fahrzeug an, und Burton lenkte das seine neben ihn. Der Nebel lichtete sich. Durch die zerfließenden Dunstfetzen zeichnete sich vor ihnen die riesige orangefarbene Kugel der Sonne ab.
»Wir gehen in östlicher Richtung querfeldein«, sagte Wells. »Wenn wir ein Stück nördlich des Exodus bleiben, sind wir zwar den deutschen
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