Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
zu einer Verdichtung des Gases. Der Prozess endete, als sich der Gasklumpen im Gleichgewicht zwischen dem nach außen drückenden Gasdruck und der nach innen gerichteten Gravitationskraft befand. Aus diesem Klumpen konnte sich endlich ein massereicher Protostern bilden. Aufgrund der unzureichenden Kühlungsmechanismen konnten im frühen Universum also nur große und extrem massereiche Gaswolken unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren. Dementsprechend besaßen diese allerersten Sterne bis zu hundert Sonnenmassen. Massearme Sterne wie die Sonne konnten aus diesen Riesenwolken nicht gebildet werden.
Aufgrund ihrer enormen Massen und der besonderen, primordialen Zusammensetzung hatten diese ersten Lichtquellen eine besonders große Leuchtkraft von 1 Million Sonnenleuchtkräften und extrem hohe Oberflächentemperaturen von 100 000 Grad Kelvin. Zum Vergleich: Der metallreiche Population-I-Stern Sonne hat eine Oberflächentemperatur von »nur« 5750 Grad Kelvin, was etwa 5500 Grad C entspricht. Aufgrund dieser riesigen Leuchtkraft war die Existenz dieser Population-III-Sterne auf ein, astronomisch gesehen, sehr kurzes Leben von nur wenigen Millionen Jahren begrenzt.
In ihrem Inneren waren diese ersten Sterne sogar 100 Millionen Grad heiß, was dem fast Zehnfachen der Zentraltemperatur der Sonne entspricht. Das Licht der heißen Riesen war vor allem energiereiches, ultraviolettes Licht, das begann, das neutrale Gas aus Wasserstoff und Helium in der Sternumgebung aufzuheizen und dort die Atome zu ionisieren. Die Existenz von ionisiertem Gas veränderte die Bedingungen für Sternentstehung im Universum in ganz dramatischer Weise.
Ausgeklügelte kosmologische Simulationen, die diese Prozesse modellieren, haben gezeigt, dass die ersten Sterne im Mittel hundertmal schwerer als die Sonne waren und dass wahrscheinlich sogar einige noch wesentlich massereichere Exemplare entstanden. Darüber hinaus kann angenommen werden, dass sich auch einige Sterne mit »nur« 10 bis 50 Sonnenmassen bildeten.
Wie viele schwerere und leichtere Sterne in der ersten Sterngeneration entstanden sind, ist nach wie vor unbekannt. Die verschiedenen Kühlungsmechanismen im Gas spielen für die finale Sternmasse eine zentrale Rolle, auch wenn diese alleinige Tatsache noch lange keine Antwort liefern kann. Die Frage nach der relativen Verteilung der Sternmassen ist aber ungeheuer wichtig. Sie zählt sogar zu den wichtigsten Fragestellungen der modernen Kosmologie, da das Wissen um diese Massenverteilung bei vielen verschiedenen astrophysikalischen Aspekten von Bedeutung ist.
Trotzdem ist in diesem Zusammenhang ein fundamentales Ergebnis, dass noch keine massearmen Sterne wie die Sonne gebildet werden konnten. Die massereichen »Bewohner« des frühen Universums unterscheiden sich grundlegend von den massearmen Sternen, die das Universum heute bevölkern. Das steht in starkem Kontrast zur heutigen Massenverteilung der Sterne. Denn im Einklang mit den Beobachtungen gilt folgende Faustregel: Je masseärmer ein Stern ist, desto häufiger gibt es seinesgleichen im Universum. Die Fliegengewichte mit weniger als einer Sonnenmasse dominieren das Universum bei weitem. Dahingegen gibt es Sterne mit 10 oder mehr Sonnenmassen heute nur sehr selten. Bei Sternen mit mehr als 100 Sonnenmassen ist unklar, ob solche Schwergewichte überhaupt noch gebildet werden können. Einige Entdeckungen von gigantischen Supernovaexplosionen in den letzten Jahren deuten aber darauf hin, dass wohl doch noch ab und zu einzelne dieser Riesen gebildet werden.
Da die Nukleosyntheseprozesse im Sterninneren ohne Metalle weniger effizient waren, musste ein solcher Stern heißer und somit kompakter sein als ein metallreicher Stern gleicher Masse. So hatten sie einen Radius von nur 5 Sonnenradien bei hundertfacher Sonnenmasse. Nur wenn ein Stern heiß genug ist, wird genügend Gas- und Strahlungsdruck aufgebaut, um dem Schwerkraftkollaps durch die eigene Masse zu entgehen. Diese Effekte führten dazu, dass der gesamte stellare Brennstoff enorm schnell aufgebraucht wurde. Die Sternentwicklung mit den verschiedenen Brennphasen verlief deswegen in Rekordzeit. Schon nach wenigen Millionen Jahren explodierten die massereichen, aber metallarmen Riesen wieder als Kern-Kollaps-Supernovae. So kam es im jungen Universum zur ersten Anreicherung des interstellaren Mediums mit schweren Elementen, die zuvor im Sterninneren produziert wurden. Diese ersten Metalle veränderten natürlich auch die
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