Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
müssen. Es muss also eine Übergangsphase im frühen Universum gegeben haben – von den extrem massereichen und daher kurzlebigen ersten Sternen zu massearmen und langlebigen Sternen. Doch wie verlief dieser Übergang?
Die Kühlung der Gaswolke unter 200 Grad Kelvin ist hier von zentraler Bedeutung. Durch aufwendige Berechnungen ist bekannt, dass Kohlenstoff und Sauerstoff besonders gut für die Gaskühlung geeignet sind. Die nur aus Wasserstoff und Helium bestehenden Sterne der ersten und eventuell auch noch der zweiten Generation synthetisierten in ihren fortgeschrittenen Entwicklungsphasen unter anderem auch große Mengen von Kohlenstoff und Sauerstoff. Schon vor der Supernovaexplosion wehten Sternwinde diese Elemente von der Oberfläche in das primordiale Medium hinein. Die darauf folgenden Supernovaexplosionen dieser Sterne taten ein Übriges zur Anreicherung von Kohlenstoff und Sauerstoff im interstellaren Medium. Dies hatte fundamentale Konsequenzen.
Bei der sogenannten Feinstrukturkühlung, z.B. durch Kohlenstoff, regen sich die Atome durch gegenseitige Kollisionen auf ein höheres Energieniveau an. Wenn ein Atom nahe beieinanderliegende Energieniveaus besitzt, spricht man dabei von der »Feinstruktur« des Atoms. Kehren die Atome in ihren Grundzustand zurück, geben sie die freiwerdende Energie in Form eines Photons ab, welches das Gas verlassen kann. Diese vielen Feinstruktur-Energieniveaus sorgen dafür, dass das Gas besonders effizient immer mehr Energie verliert, so dass seine Temperatur rapide absinkt, solange eine Mindestmenge von Kohlenstoff und Sauerstoff im Gas vorhanden ist. So können Temperaturen von weit unter 200 Grad Kelvin erreicht werden, die zu Regionen mit besonders hohen Dichten in der Gaswolke führen. Nur so kann es schließlich zur Entstehung von Sternen kommen, die wesentlich weniger als eine Sonnenmasse besitzen.
Um das Konzept der Feinstrukturkühlung zu überprüfen, können extrem metallarme Sterne herangezogen werden, da sie mit aller Wahrscheinlichkeit Sterne der frühesten Generationen darstellen. Wenn tatsächlich Kohlenstoff und Sauerstoff diese Übergangsphase eingeleitet haben, dann sollten die metallärmsten Sterne dies in ihren Elementhäufigkeiten widerspiegeln. Ganz speziell sollten die Kohlenstoff- und Sauerstoffhäufigkeiten dieser Sterne aus dem frühen Universum entweder der kritischen Metallizität entsprechen oder darüber hinausgehen. Geringere Mengen wären nicht erlaubt, da dies bedeuten würde, dass das Gas nicht ausreichend gekühlt wurde, um die Bildung von genau diesen Sternen zu ermöglichen.
In der Tat scheint sich die Feinstrukturkühlungstheorie größtenteils zu bestätigen. Die metallärmsten Sterne haben tatsächlich Kohlenstoff- und Sauerstoffhäufigkeiten, die dem theoretisch vorhergesagten Minimalwert entsprechen oder ihn überschreiten. Darüber hinaus bietet die Idee der Feinstrukturkühlung eine mögliche Erklärung zur Natur vieler metallarmer Sterne. Schon vor mehr als 10 Jahren stellten Astronomen fest, dass fast ein Viertel der metallarmen Sterne, die weniger als ein 1/100stel des solaren Eisens ([Fe/H] < –2,0) aufweisen, kohlenstoffreich sind und mindestens zehnmal so viel Kohlenstoff wie Eisen enthalten. Die drei Sterne mit den niedrigsten Eisenhäufigkeiten besitzen sogar noch viel höhere Kohlenstoffüberhäufigkeiten mit bis zu 2500 Mal mehr als Eisen. Die genauen Ursachen für diese Element-Signaturen sind nach wie vor größtenteils ungeklärt. Dennoch deuten sie darauf hin, dass Kohlenstoff bei der frühen Sternentstehung eine wichtige Rolle gespielt haben muss. Die Feinstrukturkühlungstheorie bietet somit die bisher umfassendste Deutung dieser Beobachtungen.
Dennoch gibt es inzwischen einen ultrametallarmen Stern, dessen Kohlenstoff- und Sauerstoffhäufigkeiten unterhalb des kritischen Werts liegen. Dies weist darauf hin, dass wahrscheinlich nicht alle Sterne in ihren jeweiligen Gaswolken in genau der gleichen Art und Weise gebildet wurden. Denn neben der Feinstrukturkühlung gibt es eine weitere Möglichkeit, primordiales Gas mit Hilfe von interstellaren Staubkörnchen zu kühlen. Dieser Staub besteht vor allem aus Kohlenstoff und Silizium. Aber auch diese Elemente mussten erst einmal in den ersten Sternen synthetisiert werden, um dann in der Schockwelle der Supernova als Staubkörnchen zusammenzukommen. Diese Kühlung funktioniert allerdings nur innerhalb schon verdichteter Gasklumpen. Dort sollten sie aber zur Bildung
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