Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Bewohnern untersucht, die Methoden der Spektralanalyse eingeführt und einen Blick ins frühe Universum geworfen. Weiterhin haben wir die Vielfalt der metallarmen Sterne kennengelernt und herausgefunden, wie diese Objekte uns helfen, die Zeit nach dem Urknall zu rekonstruieren, um die Details der chemischen Entwicklung unserer Galaxie zu ermitteln.
Was jetzt noch fehlt, ist die spannende Geschichte der Entdeckung des eisenärmsten Sterns, der bis heute entdeckt wurde, HE 1326–2326. Schließlich war ich selbst maßgeblich daran beteiligt, das wissenschaftliche Gebiet der Stellaren Archäologie mit neuen, vielversprechenden Ergebnissen voranzutreiben. Sterne zu finden, Sterne zu analysieren, Sterne zu interpretieren – diese Tätigkeiten üben auf mich nach wie vor eine große Faszination aus. Kaum etwas kann mich davon abbringen, mich weiterhin auf der Spur dieser Sterngreise zu bewegen.
10.1. Auf der Spur der metallarmen Sterne
Auch wenn die Milchstraße im Vergleich zur Andromedagalaxie relativ wenige Sterne beheimatet, gibt es mit mehreren hundert Milliarden Sternen doch immer noch genügend in unserer Heimatgalaxie.
Diese Zahlen sind auf jeden Fall ausreichend, um Astronomen die Möglichkeit zu geben, Sterne zu klassifizieren. Denn es gibt eine Vielfalt von Sterntypen, so dass die verschiedenen Gruppierungen helfen, die unterschiedlichen spektralen Erscheinungsbilder zu verstehen und einordnen zu können. Schon Annie Jump Cannon hatte Tausende von Spektren klassifiziert. Ihre Klassifikation basierte aber allein auf der Sterntemperatur. Dennoch gibt es weitere fundamentale Unterschiede zwischen Sternen.
Um 1944 teilte der deutsche Astronom Walter Baade alle Sterne in zwei Gruppen ein: Typ I und Typ II. Der Hauptunterschied war die Stärke der Absorptionslinien der Metalle im Verhältnis zu denen der Wasserstofflinien in den Spektren der Sterne. Es dauerte allerdings noch ein weiteres Jahrzehnt, bis die grundlegenden Eigenschaften der Typ-II-Sterne mit ihren schwächeren Absorptionslinien verstanden werden konnten. Erst dann konnte eine physikalische Basis für diese neue Art der Klassifizierung geschaffen werden.
Bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts gingen Astronomen von der selbstverständlichen Annahme aus, dass alle Sterne exakt die gleiche chemische Zusammensetzung wie die Sonne hätten. Der einzige Unterschied seien die Oberflächentemperaturen, die zu den verschiedenen Ausprägungen der Spektrallinien führten. Aber in den 1940er Jahren tauchten einige Halosterne auf, deren Metall-Absorptionslinien im Spektrum merkwürdigerweise wesentlich schwächer als die Linien im Sonnenspektrum ausfielen. Unter der Annahme, dass alle Sterne chemisch gleich seien, war diese Beobachtung nicht zu erklären. Dementsprechend wurde gerätselt, ob diese Sterne vielleicht wesentlich weniger Wasserstoff als Helium im Vergleich zu normalen Sternen haben könnten oder ob sie vielleicht merkwürdige äußere Atmosphärenschichten besäßen.
Erst 1951 wurde ein revolutionärer Vorschlag von den amerikanischen Astronomen Joseph Chamberlain und Lawrence Aller gemacht. Sie kamen zu dem Schluss, dass ein »unerwünschter Nebeneffekt« ihrer Interpretation der Sternspektren darin bestehe, dass die untersuchten Sterne »außergewöhnlich kleine Mengen an Kalzium und Eisen« besäßen. Denn sie hatten nur ca. 1/20stel der solaren Kalzium- und Eisenwerte in zwei Sternen gemessen.
Dieser bahnbrechende Vorschlag bereitete vielen zeitgenössischen Astronomen großes Kopfzerbrechen. Erinnern wir uns dazu kurz daran, wie der Stand der Wissenschaft zu dieser Zeit war. Zum einen waren es noch die Jahre vor dem B 2 FH-Nukleosynthese-Artikel von 1957, obwohl schon bekannt war, dass Kernfusionen in Sternen stattfanden. Zum anderen war zwar 1950 die Urknalltheorie gerade erst eingeführt worden, aber es wurde noch angenommen, dass alle Elemente kurz nach dem Urknall aus primordialem Gas gebildet worden waren. An eine chemische Entwicklung im Universum dachte zu dieser Zeit noch niemand und noch weniger daran, dass sie mit Hilfe von Sternen mit unterschiedlichen Metallhäufigkeiten nachvollzogen werden könnte.
Einige meiner Kollegen erzählen auch heute noch schmunzelnd die Geschichte, dass Chamberlain und Aller in Wirklichkeit Metallhäufigkeiten von nur 1/100 des solaren Eisenwertes für ihre Sterne fanden. Allerdings erschien ihnen dieses Ergebnis damals so unerhört, dass die Autoren die Sterntemperatur selbst so weit
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