Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
[Fe/H]< –3 zu finden.
Um 1980 wurde der Stern CD –38° 245 von den australischen Astronomen Michael Bessell und John Norris aber eher zufällig gefunden. Sie bestimmten seine Metallizität zu [Fe/H] = –4.5, was weniger als einem Zehntausendstel der solaren Eisenhäufigkeit entspricht. Dieser Wert war so niedrig, dass er kaum unterbietbar schien. Dementsprechend wurde 1984 vorgeschlagen, dass endlich ein Population-III-Stern gefunden worden war. Bonds Bestrebungen waren also nicht verkehrt gewesen. Durch diese Entdeckung wurde der Begriff »Population III« bald mit extrem metallarmen Sternen gleichgesetzt, die nur winzige Mengen an Metallen beinhalteten.
Heutzutage wird »Population III« endlich wieder ausschließlich für die allerersten Sterne verwendet. Denn die theoretischen Arbeiten und die dazugehörigen kosmologischen Simulationen zur Entstehung der ersten extrem massereichen Sterne, also der Population III, drehen sich eindeutig um metallfreie Sterne. So konnte auch endlich eine klare Definition mit physikalischem Hintergrund eingeführt werden: Metallfreie Sterne, die nur aus Wasserstoff, Helium und Lithiumspuren bestehen, sind Mitglieder der Population III. Daraus folgt sofort, dass die metallärmsten Sterne die extremsten Beispiele für Population-II-Sterne sind. Kapitel 9 ist diesem Arbeitsgebiet gewidmet.
Vor einigen Jahren habe ich Howard Bond selbst kennenlernen dürfen. Es war mir eine große Freude, ihn zu treffen und über die Suche nach metallarmen Sternen und seine Pionierarbeit zu sprechen. Da sein wissenschaftlicher Artikel über seine Suche in meinem Geburtsjahr beim »Astrophysikalischen Journal« eingereicht wurde, war es für mich besonders interessant, einen Bericht über die Anfänge meines Arbeitsgebietes direkt von ihm zu hören. Er schien sichtlich zufrieden, dass seine Arbeit erfolgreich weitergeführt wird und dass wir inzwischen Sterne mit rekordniedrigen Metallizitäten gefunden haben. Auch wenn diese aufgrund ihrer kleinsten Mengen von Metallen technisch gesehen nicht als Population III bezeichnet werden können, war die Fortführung seiner Suche vor mehr als dreißig Jahren dann doch endlich erfolgreich.
Die Suche nach weiteren metallarmen Sternen im Halo wurde seit den 1980er Jahren weiter intensiviert mit immer größer angelegten Himmelsdurchmusterungen. Die ersehnten Entdeckungen von Sternen mit bis zu [Fe/H] ~ –3.8 ließen nicht zu lange auf sich warten. Tatsächlich dauerte es aber fast zwanzig Jahre, bis der deutsche Astronom Norbert Christlieb und Kollegen mit der Hamburg/ESO-Durchmusterung im Jahr 2001 den Rekord von CD –38° 245 durchbrechen konnten: Der Stern HE 0107–5240 war mit gerade mal 1/150 000stel der solaren Eisenhäufigkeit ([Fe/H] = –5.2) ein sensationeller Fund. Seine Entdeckung stellte sich als Durchbruch auf diesem Arbeitsgebiet heraus: Endlich war klar, dass sich solche chemisch extrem primitiven metallarmen Halosterne, also die Zeugen der ersten chemischen Anreicherungen im Universum, tatsächlich am Nachthimmel in unserer eigenen Galaxie beobachten lassen.
Noch einmal drei Jahre später, 2004, entdeckte unser Team unter meiner Leitung den Stern HE 1327–2326. Mit [Fe/H] = –5.4 liegt seine Eisenhäufigkeit bei gerade mal 1/250 000stel des solaren Eisens. Dieser Rekord ist bis heute nicht gebrochen worden, obwohl derzeit eine Reihe von Projekten das Ziel verfolgen, weitere solcher außerordentlichen Sterne zu finden. Immerhin wurden inzwischen ein dritter und vierter Stern entdeckt, die beide mit Eisenhäufigkeiten von [Fe/H] = –4.8 wenigstens den langjährigen Rekordhalter CD –38° 245 unterbieten.
CD –38° 245 ist somit in gewisser Weise zum Vergleichsstern degradiert worden: Ich besitze eine Sammlung von Spektren, die ich immer zum Beobachten mitnehme. Sie dienen einem sofortigen visuellen Vergleich mit jedem neuen interessanten Stern, der verdächtig schwache Linien aufzeigt. Sind sie ähnlich schwach wie in CD –38° 245, führt dies schnell zu freudig-nervösen Momenten. Meist aber sind die Linien wesentlich stärker, was bedeutet, dass der Stern wesentlich metallreicher ist. Durch diese Vergleiche bekommt man schnell ein Gefühl dafür, ob es sich lohnt, noch weitere Teleskopzeit für einen Kandidaten zu verwenden.
Abbildung 10.1 fasst die Geschichte der Entdeckungen der metallärmsten Sterne seit Chamberlain und Aller 1951 zusammen. Etwa alle 20 Jahre wurde ein neuer Stern mit einer wesentlich niedrigeren
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