Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Studienobjekte – für weitere Beobachtungen wie auch für theoretische Projekte, z.B. zur Bildung von Kugelsternhaufen. Denn viele neu entdeckte Details werfen ständig Fragen auf. Durch verbesserte Datenqualität konnten in den letzten zehn Jahren kleine, aber wichtige Unterschiede herausgekitzelt werden: So verfügen die Sterne in drei bestimmten Sternhaufen nämlich doch nicht alle über ganz genau dieselbe Metallizität, wie normalerweise für einen Sternhaufen angenommen wird. Dies könnte auf kleine Inhomogenitäten in der Gaswolke, aus der der Haufen entstand, zurückgehen. Weiterhin zeigen einige Haufen bis zu fünf verschiedene Untergruppen von Sternen mit unterschiedlichem Alter und verschiedenen Metallizitäten. Einige der massereichsten Kugelsternhaufen zeigen somit mehrere separate Hauptreihen in ihren Farben-Helligkeits-Diagrammen, wie z.B. Omega Centauri in Abbildung 6.5. Das entspricht jeder Menge sitzengebliebener Schüler, wenn wir uns wieder den Vergleich mit Schulklassen vornehmen. Wenn es aber mehr sitzengebliebene als eigentliche Schüler in der Klasse gibt, wird es für einen Beobachter schwierig festzustellen, um was für eine Klasse es sich denn eigentlich handelt. Die Gründe für diese verschiedenen Untergruppen sind auch nach vielen Jahren nach wie vor unzureichend geklärt.
Abb. 6.5 : Farben-Helligkeits-Diagramm von Omega Centauri. Die verschiedenen Populationen dieses ungewöhnlichen Sternhaufens manifestieren sich in den drei Hauptreihen.
Schließlich zeigt eine Reihe von Elementhäufigkeiten, dass Kugelhaufensterne ein ganz anderes chemisches Häufigkeitsmuster haben als typische Halosterne besitzen. Diese Unterschiede können nur verstanden werden, wenn eine Art »Schlammschlacht« im Haufen stattgefunden hat: eine Art von besonderer, haufeneigener chemischer Entwicklung, bei der frühe Sterngenerationen Metalle produzieren, die den Haufen aber nie verlassen haben. Weiterhin können Sternwinde, die aus neu synthetisierten Metallen bestehen, zur Verschmutzung des Haufengases beigetragen haben. Nachfolgende Generationen wurden somit aus chemisch verändertem Gas gebildet.
Kugelsternhaufen sind also so etwas wie Kleinstaaten, für die eigene Gesetze gelten. Sie sind äußerst kompliziert, so dass Astronomen weit davon entfernt sind, sie völlig zu verstehen. Alles in allem sind schon viele verschiedene Modelle zur Entstehung von Kugelsternhaufen postuliert worden, aber keine Idee kann alle Beobachtungen erklären. Weiterhin muss noch herausgefunden werden, welche kosmologische Rolle die Kugelsternhaufen spielen. Denn es ist auch unklar, aus was für Gaswolken und unter welchen Bedingungen diese riesigen Objekte im frühen Universum entstanden.
6.5. Namensgebung von Sternen
Ich werde oft gefragt, ob die Sterne, die meine Kollegen und ich finden, eigentlich schon Namen haben oder ob wir sie selbst benennen können. Die kurze Antwort ist, dass alle Objekte eigentlich schon Namen haben, nämlich ihre Koordinaten oder irgendeine andere Zahlenkombination. Diese Aussage führt bei den Fragenden meist zu sichtlicher Enttäuschung. Denn es hätte ja schon etwas für sich, Sternen schöne Namen zu geben anstatt sie mit trockenen Nummerierungen zu kennzeichnen. Dennoch ist die Namensgebung von Himmelsobjekten nicht ganz so nüchtern.
Viele hellere Objekte, die man mit dem bloßen Auge am Himmel sehen kann, haben im allgemeinen Sprachgebrauch griechische, lateinische oder arabische Eigennamen. Denn schon die alten Römer und Griechen kannten und benannten viele Sterne. So hatte z.B. Ptolemäus im 2. Jahrhundert n.Chr. schon 1022 Sterne mit Namen in seinem Katalog. Sie bedienten sich dabei gern bildhafter und anschaulicher Vergleiche z.B. für die Sternbilder oder stellten eine Verbindung zu ihrer Mythologie durch Götternamen her. Auch heute werden viele dieser Namen (auch von Wissenschaftlern) noch benutzt. Beispiele sind die Hauptsterne in den Sternbildern, wie z.B. Aldebaran, der Rote Riesenstern, der das Auge des Stiers in den Mythen repräsentieren soll. Polaris, der Nordstern, der uns den Weg nach Norden weist, ist ein anderes Beispiel. Andere hellere Sterne, Galaxien und Nebel haben ebenfalls Namen, denn sie sind schon seit langer Zeit bekannt und beliebt.
Der französische Astronom Charles Messier erstellte um 1770 eine erste größere Liste von hellen, im Fernrohr als Nebelflecken erscheinenden Himmelsobjekten. Er katalogisierte rund 100 Sternhaufen, Nebel und Galaxien. Sie
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