Auf die feine Art
vor. Aber beim Bauen hätte mir ein Erwachsener helfen müssen, und mein Vater war der Meinung, Mädchen brauchten keine Baumhütten.
»Darf ich mal raufklettern?«, fragte ich begierig. Die Jungen sahen mich verdutzt an.
»Zutritt für Mädchen verboten«, erklärte Kimmo. »Aber hört mal, Maria war früher Polizistin, die müsst ihr schon in eure Hütte lassen!«
»Bist du etwa bei den Bullen?« Matti sah mich abschätzig an wie vorhin der Frauenarzt. »Polizisten laufen doch nicht in bunten Kleidern rum!«
»Die im Fernsehen haben alles Mögliche an«, ergriff Mikko für mich Partei. »Hast du auch ein Schießeisen? So ’nen Revolver? Papa hat nur Gewehre, aber die sind eingeschlossen.«
»Als ich noch bei der Polizei war, hatte ich einen, aber jetzt nicht mehr.«
Trotzdem erlaubten sie mir gnädig, mit Antti hinaufzuklettern, um die ersten auf einem Baum zu spielenden Nintendos der Welt zu begutachten. Antti war fast beleidigt, als ich zweifelnd fragte, ob die Hütte unser Gesamtgewicht aushalten würde.
»Jetzt hör aber mal zu, das ist solide Arbeit, Kimmo und ich haben in unserem Leben schon mehr als eine Hütte gebaut.«
Ich konnte mir die beiden lebhaft vorstellen, wie sie herumwerkelten, mit dem gleichen Feuereifer wie Matti und Mikko, während Armi unter dem Baum stand, warnende Rufe ausstieß und Saft nach oben reichte. Es war höchste Zeit, den Zwillingen zu demonstrieren, dass sich auch Frauen in Baumhütten wohl fühlen. Ich schleuderte die Schuhe von mir und schaffte es trotz des engen Rocks, die Leiter hinaufzuklettern.
Obwohl die Hütte nur wenige Meter über dem Erdboden lag, kam es mir vor, als wären die Menschen unten auf dem Rasen weit weg. Von hier oben konnte man die unterschiedlichen Stadien der Glatzenbildung bei den Männern studieren. Selbst Kimmos Scheitel begann sich schon zu lichten, und Risto hatte seine dunklen Haare geschickt über die kahle Stelle gekämmt. Ich hörte Armi kichern, vermutlich hatte Make, der jetzt neben ihr stand, einen seiner Witze vom Stapel gelassen.
»Arme Blindschleiche, hat Sanna immer gesagt. Über Armi. Dass sie Arme Blindschleiche heißt und nicht Armi Mäenpää«, erklärte Mikko, der plötzlich neben mir aufgetaucht war.
»Ja, weil die so ’ne starke Brille hat, ohne die sie gar nichts sehen kann«, ergänzte Matti. »Hast du die Sanna gekannt, Maria?«
»Wir waren zusammen in der Schule.«
»Sanna hat zu viel Schnaps getrunken, und dann ist sie gestorben«, erklärte Matti. »Die konnte toll Nintendo spielen!«
Die Jungen begannen mir die Feinheiten ihres Spiels vorzuführen, und ich blieb in der Geborgenheit der Baumhütte hocken, bis ich den Gang zur Toilette einfach nicht mehr aufschieben konnte. Da ich schon ein paar Mal bei den Hänninens gewesen war, fand ich den Weg problemlos. Allerdings war ich nicht die Einzige, denn Armi stand wartend im Flur.
»Du hast ein hübsches Kleid an«, sagte sie freundlich.
»Mir kommt es viel zu kurz vor.«
»Gar nicht, Mini ist jetzt Mode. Und du mit deinen trainierten Beinen kannst das tragen.«
Ich gab mir alle Mühe, nicht rot zu werden, und quasselte weiter über Kleider, das ewige Frauenthema. »Letzte Woche hab ich mir auf dem Flohmarkt einen Lederrock gekauft, der fast genauso kurz ist. Ich müsste ihn bloß in der Taille ein bisschen enger machen, wenn ich mal irgendwo eine Nähmaschine auftreibe.«
»Ich hab eine!«, rief Armi. »Sogar mit Ledernadel. Weißt du was, komm doch gleich morgen zum Nähen. Ich wohne drüben in der Jousenkaari. Gegen zwei, wenn’s dir recht ist, da können wir uns auch ein bisschen unterhalten!«
Im selben Moment ging die Klotür auf und Make kam heraus. Als Armi hineingeschlüpft war, flüsterte er mir lächelnd zu:
»Mir scheint, Armi hat beschlossen, sich mit dir anzufreunden. Und wenn die sich was in den Kopf setzt, ist jeder Widerstand zwecklos.«
Als ich wieder hinauskam, konnte ich weder Antti noch Kimmo entdecken. Ich ging ums Haus herum in den vorderen Garten. Im Schatten der Büsche waren einige Herren in eine Unterhaltung vertieft: Risto, Anttis Vater, mein Chef, der Frauenarzt und der Rektor von Maritas Schule. Als ich merkte, dass sie über mich sprachen, blieb ich hinter den Büschen stehen.
»Na, Eki, da hast du aber Glück gehabt, dass du als Ersatz für Parviainen so ein junges Ding gekriegt hast«, sagte Dr. Hellström. »Da sitzt du wohl neuerdings lieber im Büro als zu Hause bei deiner Frau.«
Angewidert sah ich im Gesicht
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