Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
Vom Netzwerk:
Zwei Paar neue Drumsticks habe ich mir auch noch geleistet. Ich kloppe zwar nur sehr selten welche kaputt, aber man kann ja nie wissen. Ein kleines Handtuch zum Schweißabwischen liegt auch bereit, sehr wichtig. Habe ich noch etwas vergessen? Ach ja, die Setlist!
    Ich setze mich an den Computer, rufe die endgültige Setlist auf, die Clarissa gestern noch rumgeschickt hat, drucke sie aus und lese sie mir noch einmal durch. Ja, das Programm ist perfekt, besser hätten wir die Songs nicht anordnen können.
    Ich lege die Setlist zu den anderen Sachen aufs Bett. Noch was? Nein, das war’s dann wirklich, mehr brauche ich nicht. Aber meine Hand muss ich unbedingt noch mal mit Salbe versorgen. Bei der Generalprobe habe ich wieder mit zwei Händen gespielt. Wirklich toll war das nicht, die Hand hat hinterher ganz schön wehgetan, aber wenigstens weiß ich jetzt, dass ich morgen Abend durchhalten werde – danach kann sie von mir aus drei Wochen lang wehtun, drauf geschissen.
    Nachdem ich den Verband um mein Handgelenk langsam abgewickelt habe, greife ich nach der Salbentube, als mein Handy plötzlich klingelt. Ein Blick auf das Display zeigt mir, dass es Lisa ist. Ich gehe dran.
    »Hi, Schwesterherz«, sage ich. »Was gibt’s?«
    »Du musst hierherkommen!«, zischt sie aufgeregt in mein Ohr. »Lass alles stehen und liegen und mach dich sofort auf den Weg!«
    »Langsam, langsam, beruhig dich erst mal«, sage ich. »Ist was passiert? Geht’s dir gut?«
    »Ja, ja, alles okay mit mir. Aber du musst unbedingt sofort herkommen! Das glaubst du nämlich sonst nicht! Das ist der Hammer!«
    »Was? Was glaub ich sonst nicht?«
    »Weißt du, wo Clarissa jetzt gerade ist?«
    »Na ja«, sage ich, »ich wollte eigentlich etwas mit ihr unternehmen, aber sie hat gesagt, sie hätte keine Zeit, weil sie irgendwas für dieses Jugendprojekt erledigen muss, bei dem sie mitmacht.«
    »Christopher hat mir erzählt, dass er seinem Nachbarsjungen Nachhilfe geben muss, und zwar volle drei Stunden. Die haben uns beide eiskalt angelogen.«
    »Wie? Woher weißt du das?«
    »Ganz einfach, ich habe Christopher verfolgt.«
    »Du hast was? Tickst du noch ganz richtig? Man schnüffelt seinem Freund nicht hinterher, das ist ein riesiger Vertrauensbruch!«
    »Ach, und seine Freundin anzulügen wohl nicht, oder was? Danny, die beiden treffen sich heimlich! Und das wahrscheinlich schon länger! Ständig haben sie irgendwas zu tuscheln, wie bei dem Konzert letzte Woche. Da hast du sie doch draußen allein erwischt, hast du doch selbst gesagt!«
    »Aber das war doch nur ein Spaß«, erwidere ich. »Sie haben sich ganz normal unterhalten, sonst hab ich sie bei gar nichts erwischt.«
    »Trotzdem, ich hab gewusst, da läuft irgendwas! Und jetzt hab ich den Beweis!«
    »Blödsinn, glaub ich nicht. Wer weiß, was du dir da wieder zusammenspinnst.«
    »Ich wusste, dass du das sagst! Und genau deswegen sollst du ja herkommen! Und zwar schnell, sonst ist es vielleicht zu spät und sie sind wieder weg! Also, was ist, kommst du?«
    »Dafür müsstest du mir erst mal verraten, wohin überhaupt. Wo bist du denn?«
    »Bei eurem Proberaum, vor dem Bunker. Ich warte hinter dem Kiosk auf dich. Aber beeil dich! Bis gleich!«
    »Aber Lisa, jetzt warte …«
    Zu spät, sie hat aufgelegt. Mist, was mache ich denn jetzt? Soll ich wirklich da hinfahren? Ich meine, ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass zwischen Christopher und Clarissa etwas läuft, das ist totaler Schwachsinn. So sehr kann ich mich in zwei Menschen gleichzeitig einfach nicht täuschen. Oder vielleicht doch? Fuck, jetzt hat es Lisa tatsächlich geschafft, dass selbst ich Zweifel kriege.
    Nein, das ist Bullshit, niemals. Aber irgendwas muss ja sein, sonst würde Lisa jetzt nicht vor dem Bunker auf mich warten. Und warum ausgerechnet vor dem Bunker? Ich kapiere gar nichts mehr. Was natürlich heißt, dass ich da jetzt hinmuss und sei es nur, um Lisas Wahnvorstellungen ein Ende zu bereiten.
    Zwanzig Minuten und unzählige dumme Spekulationen später laufe ich auf den Kiosk vor dem Marbach-Bunker zu. Erst als ich näher komme, entdecke ich Lisa, die hinter einem Baum steht und immer wieder in Richtung Bunker späht. Sie sieht mich nicht kommen, also entschließe ich mich spontan, sie zu erschrecken, und schleiche mich hinter dem Kiosk an sie heran. Dann springe ich auf sie zu und zwicke sie von hinten in die Seiten.
    Sie schreit laut quiekend auf und vollführt einen Satz nach vorne.
    »Dir ist hoffentlich klar,

Weitere Kostenlose Bücher