Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
aufgezeichnetes Telefonat des Institutsleiters Bruno Romano, dass er tatsächlich seinen Mitarbeitern nahelegt, gegenüber der Polizei zu schweigen. Romano wird am 12. Juni 1997 unter Hausarrest gestellt und wegen Behinderung der Justiz angeklagt. Diese Anklage wird einige Zeit später jedoch wieder fallengelassen.
Da die Polizei weiter nicht auf hilfreiche Zeugen aus dem Institut hoffen kann, überprüft sie, welche Telefonate am Tattag aus dem Aufenthaltsraum heraus geführt wurden. Tatsächlich wurde dort ein Telefonat geführt, genau zwei Minuten, nachdem der Krankenwagen für Marta von dem zufällig vorbeigekommenen Studenten gerufen wurde. Dieses Telefonat muss also weniger als fünf Minuten nach dem tödlichen Schuss geführt worden sein.
Der Damm des Schweigens bricht
Schnell finden die Ermittler heraus, dass die Doktorandin Maria Lipari, Tochter eines Senators, das Telefonat geführt hat. Maria wird verhört. Sie streitet das Telefonat nicht ab, doch zunächst behauptet sie, ihr sei nichts Ungewöhnliches im Raum aufgefallen. Wie fast immer seien einige ihrer Kollegen anwesend gewesen – wer im Einzelnen, wisse sie jedoch nicht mehr. Der Polizei ist klar, dass alle im Institut Angst haben, die Wahrheit zu sagen. Deshalb setzen sie nun ihrerseits Maria unter Druck.
Bald knickt Maria mit ihrer Aussage ein. Sie gibt zu, dass sie an diesem Vormittag den Raum betrat, um zu telefonieren. Dort habe sie vier Personen getroffen: die Institutssekretärin Gabriella Alletto, den Aushilfsbibliothekar Francesco Liparota und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, den Doktoranden Giovanni Scattone und Dr. Salvatore Ferraro. Als Maria hereinkam, waren Scattone und Ferraro gerade dabei, den Raum eilig zu verlassen. Die Polizei holt daraufhin Gabriella Alletto erneut zur Befragung.
Einen Monat zuvor, direkt nach der Tat, hatte sie behauptet, zur Tatzeit nicht in der Nähe des Büros gewesen zu sein. Als die Polizei sie mit der Aussage der Doktorandin konfrontiert, ändert Gabriella Alletto ihre Aussage. Sie sagt der Polizei, dass sie tatsächlich im Raum war und etwas Wichtiges beobachtet hat. Dies habe sie vor einem Monat abgestritten, weil sie große Angst um sich und ihre Kinder gehabt habe.
Was Gabriella Alletto nun aussagt, ist die entscheidende Wendung im mysteriösen Mordfall an Marta Russo: »Ich sah Scattone halb versteckt hinter dem Vorhang, mit einem schwarzen Revolver in seiner Hand. Ferraro neben ihm raufte sich mit den Händen die Haare, es wirkte wie eine Verzweiflungsgeste.« Sie bestätigt, dass Aushilfsbibliothekar Francesco Liparota ebenfalls im Raum war. Dieser streitet zunächst alles ab und wird daraufhin von der Polizei als möglicher Komplize der Täter festgenommen. Das bewegt Francesco dazu, doch gegen die jungen Wissenschaftler auszusagen.
Allzu ehrgeizige, junge Wissenschaftler
Niemand begeht einen Mord,
nur um ihn zu begehen.
Niemand außer uns.
(Brandon Shaw im Film
»Cocktail für eine Leiche«
von Alfred Hitchcock)
Am späten Abend des 14. Juni 1997 stürmen vier Polizeibeamte die Wohnung von Dr. Salvatore Ferraro. Sie verhaften den 32-jährigen Juristen und nehmen alles mit, was sie an Papierunterlagen in seiner Wohnung finden. Im Polizeipräsidium konfrontieren sie ihn mit der Aussage von Gabriella Alletto. Salvatore streitet alles ab. Die Polizeibeamten bieten ihm an, er solle gegen seinen Komplizen Giovanni Scattone aussagen. Die Sekretärin hatte mit ihrer Aussage schließlich Giovanni als unmittelbaren Täter belastet. Daher habe Salvatore die Möglichkeit, seine Haut zu retten, wenn er gestehe, der Komplize beim Mord an Marta gewesen zu sein. Salvatore sagt den Polizeibeamten lediglich, es müsse sich um einen schrecklichen Irrtum handeln.
Am selben Tag wird auch der Doktorand Giovanni Scattone festgenommen. Der 31-Jährige gesteht ebenfalls nicht, egal wie viel Druck die Polizeibeamten auf ihn ausüben. Da die beiden Hauptverdächtigen schweigen, konzentriert sich die Polizei darauf, nach Sachbeweisen für ihre Schuld zu suchen. Dabei finden die Beamten zwar nicht die Tatwaffe, jedoch einiges andere belastende Material, unter anderem Schmauchspuren in einer Tasche von Salvatore ebenso wie an Kleidungsstücken von Giovanni. Dies passt zu den Zeugenaussagen. Schließlich soll Giovanni den Schuss abgefeuert haben, während Salvatore die Waffe anschließend wohl schnell in seiner Tasche versteckte.
Giovanni Scattone und Salvatore Ferraro kurz nach ihrer Festnahme.
In
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