Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
Menge dieser »natürlichen Drogen« im Körper wieder. Die »rosarote Brille« der Verliebtheit verblasst. Normale Menschen beginnen sich dann auf eine andere Weise stark mit ihrem Partner verbunden zu fühlen. Diese »Liebe« empfinden Menschen mit nur ungewöhnlich schwachen Gefühlen nicht oder zumindest nicht besonders stark.
7. Mitgefühl ist eine Schwäche
– Der Herzlose
Psychopathen können auch nicht nachvollziehen, was normale Menschen unter »Mitgefühl« verstehen. Ein normaler Mensch fühlt sich in seinem Inneren unwillkürlich betroffen, wenn er einen anderen Menschen leiden sieht. Das tun Psychopathen kaum bis gar nicht. Psychopathen verstehen zwar rational, dass ein anderer Mensch traurig ist, wenn er weint. Doch sie selbst fühlen sich nicht berührt, wenn sie dies sehen. Dies wiederum ist für normal fühlende Menschen nur sehr schwer nachvollziehbar.
Menschen, denen das Mitgefühl fehlt, haben auch weniger Hemmungen, anderen zu schaden. Deswegen haben Psychopathen grundsätzlich kein Problem damit, anderen gefühlsmäßig oder körperlich wehzutun, sie auszunutzen und sich vollkommen rücksichtslos zu verhalten. Viele tun dies nicht aus Spaß am Leid anderer, sondern weil es ihnen vollkommen egal ist. Sie nehmen das Leid, welches sie anrichten, gleichgültig in Kauf, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.
Einige Psychopathen jedoch erregt es sexuell, anderen Schmerzen, Erniedrigung und Angst zuzufügen. Außerdem gibt es Psychopathen, die anderen Menschen bewusst Leid antun, um sich selbst mächtiger zu fühlen oder um die anderen zu »bestrafen«. Ein nicht-krimineller psychopathischer Mann schilderte mir auffallend herz- und gewissenlos seinen »ultimativen« Traum:
Irgendwann würde er sich eine möglichst unsichere Partnerin suchen und diese völlig von sich abhängig machen. Natürlich würde er sehr schnell all ihre Schwächen, Ängste und Unsicherheiten kennen, die er dann umso besser nutzen wolle, damit sie nicht mehr ohne ihn leben könne. Wenn er lange genug seinen Spaß mit ihr gehabt habe, würde er ihr eines Tages die schlimmsten Dinge über sie sagen, von denen sie immer befürchtete, sie seien wahr. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob diese Dinge wirklich wahr seien oder nicht, erwähnte er nebenbei.
Er wolle ihr zeigen, was für ein »wertloses Nichts« sie für ihn sei, und sie damit »wirklich zerstören«. Das war in seinem Kopf die ultimative Machtphantasie. Wenn alles perfekt liefe, meinte er, würde sie sich danach umbringen. Er schloss diese Schilderung grinsend ab: »Dann habe ich einen Menschen getötet, ohne mir selbst die Finger schmutzig zu machen und dafür jemals bestraft werden zu können. Genial, oder?«
Einige Psychopathen werden auch zu Heiratsschwindlern und gehen dabei entsprechend kaltblütig vor. Es ist dann nur nicht ihr Ziel, ihr »Opfer« in den Suizid zu treiben, sondern es finanziell so weit wie möglich auszunehmen, notfalls bis zum Ruin. Was danach passiert, ist ihnen egal. Solche Psychopathen haben die Grundeinstellung: »Menschen, die dumm genug sind, um sich ausnutzen zu lassen, haben es nicht anders verdient.« Sie pflegen das Selbstbild vom »Einzelgänger, der besser als die dummen, gefühlsgeleiteten Menschen ist«. Dieses bösartige, zynische Bild macht ganz besonders gefährliche Psychopathen aus.
8. Schuld sind immer die anderen
– Der Wolf im Unschuldslamm-Pelz
Psychopathische Menschen übernehmen oft keine Verantwortung für das, was sie tun. Wenn sie etwas tun, was anderen oder sogar ihnen selbst schadet, dann haben sie immer eine Entschuldigung dafür. Schuld sind immer die Umstände oder die anderen.
Ein verhältnismäßig harmloses Beispiel dafür lieferte mein mittelgradig psychopathischer Interviewpartner Dorian, als er mir von einer gescheiterten Beziehung erzählte. Wie viele psychopathische Menschen betrog er seine Partnerin. Als diese davon erfuhr, war sie sehr verletzt, beendete die Beziehung jedoch nicht direkt. Kurze Zeit später jedoch verließ sie ihn und erklärte, dass sie nicht über diesen Vertrauensbruch hinwegkomme. Später erfuhr Dorian, dass sie sich in dieser Zeit neu verliebt und direkt eine neue Beziehung mit dem neuen Freund begonnen hatte.
Als er mir davon erzählte, sagte er, er sei deshalb – für seine Verhältnisse – »traurig und wütend« gewesen. Ein Mensch, der Emotionen genauer benennen kann, würde Dorians Empfinden wohl eher als »gekränkt« beschreiben. Interessanterweise merkte er an,
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