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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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durften wir das? Tja, das blieb auf der Strecke. Jeder von uns hat eine Macke dank deiner Erziehung oder eben Nicht-Erziehung. Eigentlich müsste jeder von uns eine Therapie machen, um das alles zu verarbeiten. Du auch (…) Deine Kinder haben nie viel verlangt, sie wollten nur eine Mama. (…) Wir hatten keine Wahl, uns hat niemand gefragt, ob wir geboren werden wollten, wir mussten mitziehen. Wir hatten keine Wahl. Du hattest eine. Ja, die hattest du. (…) Jetzt zeigt dir der Staat, dass man nicht alles machen kann. (…) Das hätte alles nicht sein müssen.«
    Psychopathische Menschen haben sehr unterschiedliche Gesichter, wie Sie an den bisherigen Beispielen gesehen haben. Die Trennlinie zwischen mittelmäßig psychopathischen Menschen, wie meinen Interviewpartnern vom Anfang, kriminellen Psychopathen, die den Menschen in ihrem Umfeld verheerenden Schaden zufügen, und psychopathischen Mördern, zu denen ich im nächsten Kapitel komme, ist fließend.
    Vielleicht verstehen Sie langsam, warum ich nicht an eine klare Trennlinie zwischen »Gut« und »Böse« glaube. Wo genau soll das »Böse« anfangen, wenn man sich all diese Beispiele von psychopathischen Menschen ansieht? Wie dünn ist das Eis unter Ihren eigenen Füßen oder denen von Menschen, die Sie selbst gut kennen – nun, wo Sie wissen, was psychopathische Menschen ausmacht?

KAPITEL 9
TÖDLICHE PSYCHOPATHEN ODER:
GIBT ES DEN PERFEKTEN MORD?
    Homo homini lupus.
    Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

    (Thomas Hobbes nach Titus Maccius Plautus)
    Die meisten Menschen denken bei dem Wort »Psychopath« als erstes an Serienmörder. Einige denken an Filmgestalten wie Norman Bates aus Alfred Hitchcocks »Psycho« oder Hannibal Lecter aus »Das Schweigen der Lämmer«. Andere denken an »berühmte« echte Serienmörder wie Ted Bundy oder Jeffrey Dahmer. Doch die meisten Psychopathen werden nicht zu Serienmördern.
    Sie haben inzwischen eine Vorstellung davon, wie ein psychopathischer Mensch denkt und fühlt. Er befriedigt seine Bedürfnisse möglichst schnell und direkt; wenn es ihm »sinnvoll« erscheint, auch auf Kosten anderer. Damit ein Psychopath jedoch zum Serienmörder wird, muss er einen Drang verspüren, zu töten, und das immer wieder. Viele Psychopathen haben diesen Drang nicht. Daher haben sie einfach keinen Grund, Menschen zu töten.
    Die weitverbreitete Vorstellung, Psychopathen müssten alle einen »Trieb zum Töten« in sich tragen – wie die Hauptfigur der Serie »Dexter« –, ist falsch. Viele Psychopathen wollen »nur« Anerkennung, Geld, Sex und ein abwechslungsreiches Leben, ohne dass sie je die Lust verspüren, andere zu töten oder auch nur zu foltern. Gefährlich werden sie dann, wenn es ihnen etwas nützt, andere Menschen »zu beseitigen«. Erscheint ihnen das, was sie erreichen wollen, wichtig genug, dann scheuen sie auch nicht davor zurück, im wörtlichen Sinne über Leichen zu gehen.
Gründe für Morde, die solche Psychopathen begehen, gibt es viele:
    – Sie glauben, ein anderer Mensch steht ihnen bei etwas Wichtigem im Weg.
    – Sie fühlen sich von jemandem sehr gekränkt.
    – Sie fühlen sich bedroht durch etwas, das ein anderer tun könnte.
    – Sie versprechen sich einen finanziellen Gewinn von ihrer Tat.
    – Manchmal wollen sie lediglich ihr Selbstwertgefühl dadurch aufpolieren, dass sie jemanden töten und damit ungestraft davonkommen.
    All diese Gründe folgen dem psychopathischen Grundprinzip »Was mir nützt, ist gut.« Andere Menschen sind nur Spielfiguren, die der Psychopath, um sein Ziel zu erreichen, entweder benutzt oder vom Spielfeld fegt. Die natürlichen Hemmungen Mitgefühl und Schuldgefühl hat er nicht. Höchstens die Aussicht, hart bestraft zu werden, kann ihn abschrecken. Doch wenn er glaubt, mit einem Mord ungestraft davonkommen zu können, oder wenn ihm der »Gewinn« aus dieser Tat ein gewisses Risiko wert ist, dann hält ihn nichts mehr davor zurück.
    Ein stark ausgeprägter Psychopath, mit dem ich sprach, erklärte beispielsweise, warum er seine Geliebte getötet hatte, so: »Ich war verheiratet und hatte Kinder. Dass ich meine Familie nicht aufgeben würde, wusste sie. Trotzdem hat sie versucht, mich immer mehr unter Druck zu setzen, damit ich meine Frau verlasse. Irgendwann drohte sie, nachdem wir Sex gehabt hatten und sie wieder mit diesem Thema anfing, jetzt gleich meine Frau anzurufen und ihr alles zu sagen. Damit hat sie mich sehr wütend gemacht. Es war ihre Schuld, sie hätte mich nicht

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