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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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wird daraufhin von der Polizei als möglicher Komplize der Täter festgenommen. Das bewegt Francesco dazu, doch gegen die jungen Wissenschaftler auszusagen.
Allzu ehrgeizige, junge Wissenschaftler
    Niemand begeht einen Mord,
    nur um ihn zu begehen.
    Niemand außer uns.

    (Brandon Shaw im Film
»Cocktail für eine Leiche«
von Alfred Hitchcock)
    Am späten Abend des 14. Juni 1997 stürmen vier Polizeibeamte die Wohnung von Dr. Salvatore Ferraro. Sie verhaften den 32-jährigen Juristen und nehmen alles mit, was sie an Papierunterlagen in seiner Wohnung finden. Im Polizeipräsidium konfrontieren sie ihn mit der Aussage von Gabriella Alletto. Salvatore streitet alles ab. Die Polizeibeamten bieten ihm an, er solle gegen seinen Komplizen Giovanni Scattone aussagen. Die Sekretärin hatte mit ihrer Aussage schließlich Giovanni als unmittelbaren Täter belastet. Daher habe Salvatore die Möglichkeit, seine Haut zu retten, wenn er gestehe, der Komplize beim Mord an Marta gewesen zu sein. Salvatore sagt den Polizeibeamten lediglich, es müsse sich um einen schrecklichen Irrtum handeln.
    Am selben Tag wird auch der Doktorand Giovanni Scattone festgenommen. Der 31-Jährige gesteht ebenfalls nicht, egal wie viel Druck die Polizeibeamten auf ihn ausüben. Da die beiden Hauptverdächtigen schweigen, konzentriert sich die Polizei darauf, nach Sachbeweisen für ihre Schuld zu suchen. Dabei finden die Beamten zwar nicht die Tatwaffe, jedoch einiges andere belastende Material, unter anderem Schmauchspuren in einer Tasche von Salvatore ebenso wie an Kleidungsstücken von Giovanni. Dies passt zu den Zeugenaussagen. Schließlich soll Giovanni den Schuss abgefeuert haben, während Salvatore die Waffe anschließend wohl schnell in seiner Tasche versteckte.

    Giovanni Scattone und Salvatore Ferraro kurz nach ihrer Festnahme.
    In Salvatores schriftlichen Unterlagen finden die Polizisten unter anderem ein Papier, in dem es um die »Lizenz zum Töten« geht. Außerdem finden die Polizeibeamten in seiner Wohnung Artikel aus Fachzeitschriften, die sich mit Serienmördern und Morden ohne offensichtliche Motive beschäftigen. In Giovannis Unterlagen finden die Ermittler Zettel mit Namen von Mädchen, die er kennt, und auf denen sogar deren Unterwäsche genau beschrieben ist. Dies alles macht die jungen Juristen in den Augen der Ermittler verdächtig. Doch weiterhin fehlt jede Spur von einer Mordwaffe, die Verdächtigen gestehen nichts und vor allem: Es scheint kein plausibles Motiv für den Mord zu geben.
    Die Staatsanwaltschaft versucht, das offenbar einzige in Frage kommende Motiv plausibel zu machen: Die aufstrebenden Juristen hätten den »perfekten Mord« begehen wollen. Beide arbeiten am Institut für Rechtsphilosophie, beschäftigen sich also mit abstrakten juristischen und moralischen Fragen. Beide sind auffällig intelligent, scheinen sich aus tiefem Interesse mit ihrem Fachgebiet zu beschäftigen und haben eine vielversprechende berufliche Zukunft vor sich. Vielleicht haben sie sich in das Gedankenspiel, ob ein perfekter Mord planbar und durchführbar ist, gemeinsam hineingesteigert – so zumindest die Überlegung der Staatsanwaltschaft. Dieses Motiv erscheint für Normalsterbliche sehr ungewöhnlich und abseitig, doch im Mordfall Marta Russo gibt es offensichtlich kein anderes, naheliegendes. Warum aber sollte für die jungen Juristen das Ziel, einen perfekten Mord zu begehen, reizvoll genug sein, um ihre gesamte Zukunft aufs Spiel zu setzen? Vorstellbar ist dieses Motiv zwar, doch wirklich nachfühlen kann es niemand. Man sollte glauben, so etwas gibt es nur im Kino.
    Und tatsächlich fühlt man sich bei dem Fall Russo an einen Film von Alfred Hitchcock erinnert. Auch in »Cocktail für eine Leiche« (1948) geht es um den perfekten Mord. Die Studenten Brandon Shaw und Phillip Morgan erdrosseln ihren Kommilitonen David Kentley mit einem Seil. Die Leiche verstecken sie in einer Truhe, die in der Mitte ihres Wohnzimmers steht. Um sich zu beweisen, dass sie besser sind als andere Menschen, ja dass sie so mächtig sind wie Gott selbst, veranstalten sie dann sogar eine kleine Party am Tatort. Die Truhe mit der Leiche benutzen sie dabei als mitten im Raum stehenden Tisch. Der letzte Gast der Party, der Dozent Rupert Cadell, deckt schließlich die Tat seiner beiden Studenten auf, entsetzt darüber, dass die Gedankenspiele in seinem Seminar, inwieweit Mord eine Form von »Kunst« sein könne, die jungen Männer zu einer so grausamen Tat

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