Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen
unter anderem auf Wahlen und somit auch auf die Gesetzgebung starken Einfluss. Ein Beispiel dafür war die vorschnelle, chaotische und damit sinnlose Flut von Gesetzesverschärfungen, vor allem zur Sicherungsverwahrung nach Kanzler Schröders schon beschriebener cleverer Selbstinszenierung 2001.
Im Ergebnis brachten die Verschärfungen nicht mehr Sicherheit, sondern viel Zeit- und Geldverschwendung, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2009 mit einer Rüge Einhalt gebot. Es folgte jede Menge Arbeit für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das 2011 entschied: Die zusammengeschusterten Gesetze zur Sicherungsverwahrung sind verfassungswidrig. Karlsruhe gab der Bundesregierung zwei Jahre Zeit, um die Sicherungsverwahrung komplett neu zu regeln. Damit dabei nichts mehr schiefgehen konnte, bekam die Bundesregierung klare Vorgaben, was sie dieses Mal dabei beachten musste. Noch mehr Zeit und Geld wurde dafür aufgewendet, alles wieder umzustellen.
Fazit: Zeit und Geld hätten wesentlich sinnvoller genutzt werden können, wenn Medien, Politiker und Bürger mehr an sachlichen Fakten als an emotionalen Stammtisch-Parolen interessiert gewesen wären.
Fehlannahme 4:
Das Leben in Haft ist wie ein Urlaub.
Die schönsten Träume von Freiheit
werden im Kerker geträumt.
(Friedrich Schiller)
Stellen Sie sich bitte vor, Sie selbst würden längere Zeit unter Haftbedingungen leben:
Ihr kleines Reich
Falls Sie unter Klaustrophobie leiden, ist das Gefängnis der richtige Ort, um diese Angst mit der Zeit loszuwerden. Die Zelle, in der Sie leben, ist ein Raum mit einer Grundfläche zwischen 6,11 und 9 Quadratmetern. Wenn Sie Glück haben, leben Sie darin allein. Sitzen Sie in einem der vielen überfüllten Gefängnisse, leben Sie zu zweit in einer Zelle, die dann – allerdings nur im Idealfall – etwas größer ist.
Auf der einen Seite ist ein vergittertes Fenster, auf der anderen Seite eine massive Tür. In der Tür ist ein Guckloch, durch das Justizvollzugsbedienstete bei Bedarf schauen können, was Sie machen. In vielen Gefängnissen wird das Essen durch eine Klappe in der Tür gereicht. Die Grundausstattung Ihrer Zelle ist ein Bett, eine Toilette – von Ihren Mitgefangenen »Bello« genannt – und ein Waschbecken. Vielleicht stehen darin noch ein kleiner Tisch und ein Stuhl. Nach kurzer Zeit wissen Sie, warum Ihre Mitgefangenen die Zellen »Wohnklos« nennen.
Was Sie besitzen und wie Sie Ihre Zelle gestalten dürfen, wird durch das Gesetz vorgeschrieben: Sie dürfen »in angemessenem Umfang« private Dinge in Ihrer Zelle haben. Das bedeutet: einen Fernseher, ein Radio, Bücher, »Erinnerungsstücke von persönlichem Wert«, Kleidung, Waschzeug, ein paar Nahrungsmittel und Zigaretten. Alkohol ist im Gefängnis grundsätzlich verboten. Ansonsten dürfen Sie ein paar Poster und Fotos von Menschen, die Ihnen nahestehen, aufhängen. Zu viel dürfen Sie aber nicht besitzen, damit die »Übersichtlichkeit des Haftraumes« gewahrt bleibt. Was Sie besitzen, muss außerdem genehmigt sein. Ihre Zelle kann und wird regelmäßig durchsucht werden. Falls Sie ein Mensch sind, der Wert auf eine gewisse Intimsphäre legt, dann wird Ihnen dies in Haft schnell abgewöhnt.
Komm doch mal auf einen Besuch vorbei
Für Sie war es bisher ganz selbstverständlich, sich mit Ihren Freunden und Verwandten zu treffen und frei über alles zu reden. Wahrscheinlich haben Sie noch nie darüber nachgedacht, wie es wäre, dies für einige Jahre nicht mehr tun zu dürfen. Wenn Sie in Haft sind, werden Sie Besuch von Menschen, die Ihnen wichtig sind, schnell zu schätzen lernen.
Wer Sie wann wie lange besuchen darf, ist im Gefängnis klar geregelt. Sie haben das Recht auf eine Stunde Besuch im Monat. Viele Justizvollzugsanstalten ermöglichen längere oder häufigere Besuche zu vorgeschriebenen Zeiten. Ihren Besuch dürfen Sie in dafür vorgesehenen Räumen empfangen. Bei privaten Besuchen sind die ganze Zeit Vollzugsbeamte anwesend, die – allerdings nur, wenn plausible Gründe dafür vorliegen – Ihre Gespräche überwachen dürfen. Sie können sich vorstellen, dass wirklich private Unterhaltungen unter diesen Bedingungen etwas schwierig sind.
Das Gefängnis kann bestimmten Personen den Besuch verbieten. Verwandten darf dies nur verboten werden, wenn durch sie »die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde«. Bei allen anderen entscheidet die Gefängnisleitung, ob sie »einen schädlichen Einfluss« auf Sie haben
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