Auf ein prima Klimakterium
Prolog
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Klimakterium, Menopause, Wechseljahre, Wandeljahre.
Darf ich Sie auf eine Entdeckungsreise in mein Gedankenreich und in das existenzielle Basiscamp meiner dritten, erfüllten Lebensphase einladen? Als aktuell initiierte Wechseljährige habe ich mich nach dem Tod meiner Mutter, die Menopause im Rucksack, tapfer durch klimakterische Feuer geschlagen, reißende Flüsse überquert, um den Altersruhesitz meiner seelischen Heimat nach und nach bewohnbar zu machen. Mein inneres Auge kann sich seit Jahrzehnten an einem immer wieder auftauchenden Atoll nicht sattsehen: ein Lebensterrain, von Wasser umrandet, von Regenwald bekränzt, von Menschen bevölkert, die mir artverwandt sind. Ich bin mir sicher, der Fluss des Lebens wird mich eines Tages dort an Land spülen.
Nach dem Abschied von meiner Fruchtbarkeit gestalteten sich die folgenden Wanderjahre sehr bewusst und frohgesinnt. Einer wunderbaren Tochter durfte ich Leben schenken, seit Jahrzehnten bin ich erleichtert, aus dem monatlichen Reglement von Ebbe- und Flut-Gezeiten der Gebärmutter entlassen worden zu sein. Mutig und neugierig machte ich mich in der Menopause, den Jahren der hormonellen Umstellung ab fünfzig, auf zu neuen Ufern, um meine Wechseljahre anzutreten und durch bejahendes angewandtes Leben zu heiligen. Auch ich wurde des Nachts von heißem Klimax-Wallerich überfallen und ergab mich, ohne lange Überlegung, kurz und bündig. Nach sieben Jahren schlug er sich in die Büsche und wieder stand ein Wechsel um die sechzig hinter dem Gartentor. An diesem Wendepunkt taten sich neue Dimensionen und Lebensqualitäten auf, die mehr und mehr in eine innere Gelassenheit mündeten, aber immer Raum für Zukunftspläne und Visionen ließen. Ein schöpferisches Landleben, Zusammenleben mit Freunden, Tieren und Pflanzen – diese Visionen stehen seit einigen Jahren Schlange bei mir, rufen nach Einlösung.
Noch bestreite ich mein Landleben alleine, zusammen mit meinen Tieren. Wenn es zur salomonischen Zeitenwende kommt, werden flugs die bisherigen Zelte abgebrochen und einer neuen Lebensform steht nichts im Wege, verspreche ich mir bei einem Glas feinstem Kräuterelixier, selbst gebraut auf der tröstlichen Basis von Minze, Zitrone und Ingwer, während das Thema Wechseljahre auf dem Fernsehschirm mit Häme und Ignoranz durch den ungezuckerten Kakao gezogen wird: das rohe Ablachen über das Hüftgold einer reifen Rapunzel, Wasserrinnsale aus schwitzenden Leibern im herbstlichen Zonengebiet eines Frauseins, die ehemals wallende Mähne stumpf und ausgelichtet, flirrende Hitze in seelischen Wüstenoasen und Launen von Circen, die so manche Achterbahn um ihre Kundschaft fürchten lassen. »Die Hitze von Millionen Frauen lässt in einigen Jahren den Südpol schmelzen«, argwöhnt eine bekannte Entertainerin und empfiehlt nebenbei eine Botox-Kur für gebeutelte männliche Hängetäschchen, wie sie es benennt. Eine Satire-Serie, die dem Thema Wechseljahre frönt, pfeift frauenverachtend aus dem letzten Löchlein, in das ein Sport- und Yoga-Lehrer seinen Allerheiligsten nicht mehr eintunken möchte, »weil zu weit«, wie er seiner klimakterischen Geliebten rigoros klarzumachen versucht. Osteoporose und Harninkontinenz werfen sich Beleidigungen an den Kopf. Auf der angepriesenen Liste der menopausalen Beratung warten Anti-Aging-Tipps für Hormone in Hülle und Fülle, um die biologische Uhr einfach mal zurückzudrehen. Giftiges Botox lockt, zockt und zofft sich mit eiskalten chirurgischen Instrumenten über Wenn und Aber einer radikalen Verjüngungsprozedur.
Jugendwahn, Schadenfreude und negative Nachstellungen, die versuchen, die Zeit der fraulichen Wechseljahre in Misskredit zu bringen, schufen für mich mehr und mehr gedanklichen Nährboden, ein Brevier über den Themenkreis des Klimakteriums zu verfassen, das sich, aufgrund eigener positiver Erfahrungen, umsichtig und bejahend, aber auch humorvoll und selbstkritisch mit dieser reifen Lebensphase befassen will.
Kommen Sie doch einfach mit mir, liebe Leserinnen, auch die Herren der Schöpfung sind eingeladen. Kommen Sie mit! Hinter meine Zauberhecke, hinter die Zauberhecke eines alten Dornröschens, das sich unbemannt und lebensbejahend in den Strahlen einer herbstlich warmen Altweibersonne nützlich zu machen versteht.
Ich nehme Sie mit in meinen Lebensablauf, verführe Sie zu mutigen Gedankensprüngen, ich lasse Sie teilhaben, weihe Sie ein. Sinnhaftig, ganzheitlich und risikoreich.
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