Auf einem Maskenball verführt
rechten Seite eine Tür, und Amy stürzte auf den Gang. Sie schien sehr aufgeregt und durcheinander zu sein. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck folgte Roland ihr, der die Augenklappe seines Piratenkostüms in der Hand trug.
„Amy, warte doch …“
„Roland?“ Wie eine Schlafwandlerin berührte Alyssa ihn am Arm. „Roland Saxon?“
Natürlich wusste sie, wer vor ihr stand, doch ihr Bedürfnis, seinen Namen auszusprechen, war übermächtig. Den Namen, der sich ihr schon vor Jahren ins Gedächtnis eingebrannt hatte.
Ungeduldig sah er sie an. „Ja?“
„Ich bin …“ Von plötzlichem Zweifel befallen, verstummte sie. Sollte sie sich ihm als Alice McKay vorstellen? Auf ihre Briefe und E-Mails hatte er nicht geantwortet, warum also sollte er sich jetzt über die Begegnung freuen?
Im Augenblick galt seine gesamte Aufmerksamkeit Amy, die über die Haupttreppe in den Ballsaal eilte.
Sie fürchtete, dass er seiner Verlobten folgen würde. Deshalb streckte Alyssa schnell die Hand aus und stellte sich vor: „Mein Name ist Alyssa Blake. Ich bin …“
Wenig erfreut ergänzte er sofort: „… die Journalistin, die den vernichtenden Bericht über Saxon’s Folly geschrieben hat! Ich weiß, wer Sie sind.“
Nein, weißt du nicht!
Zu ihrer Erleichterung schüttelte er ihr die Hand und fragte höflich: „Was führt Sie hierher?“
Alyssa erbebte regelrecht bei der Berührung. Sein Händedruck fühlte sich warm und fest an – und real. Endlich stand sie vor ihm. Um Fassung ringend, antwortete sie: „Ich würde Sie gerne für das Magazin Wine Watch interviewen.“
Wachsam betrachtete er sie. „Worum genau soll es denn dabei gehen?“
„Ich schreibe an einer Serie über die Entstehungsgeschichte berühmter Marken. Dazu möchte ich natürlich auch Sie als den Marketingchef der Saxon’s Folly Weingüter befragen.“
„In der Vergangenheit haben Sie über unsere Firma nicht gerade schmeichelhaft berichtet, Miss Blake.“
„Vielleicht habe ich inzwischen meine Meinung geändert?“ Inständig hoffte sie, dass er ihr eine Chance gab, mit ihm unter vier Augen zu reden. Sie hatte ihm so viel zu erzählen.
„Ich weiß nicht recht …“
„Bitte. Ich verspreche Ihnen, dass es ein wohlwollender Beitrag wird“, stieß sie fast flehentlich hervor.
„Warum sollte ich Ihnen glauben? Joshua ist damals davon ausgegangen, dass Sie über Firmenerfolge schreiben. Stattdessen haben Sie seinen Führungsstil völlig falsch dargestellt.“
„Das hatte er sich selbst zuzuschreiben“, antwortete sie aufgebracht. „Er hat sich extrem unkooperativ verhalten.“
Statt sich mit ihr persönlich zu treffen, hatte Joshua Saxon sich nur auf ein zehnminütiges Telefoninterview eingelassen und sie dabei deutlich spüren lassen, dass er ihr mit diesem Gespräch einen Gefallen tat. Seine Antworten waren mehr als einsilbig und seine Stimme schneidend gewesen. Eine Angestellte, die erst seit einer Woche bei Saxon’s Folly arbeitete, hatte Alyssa auf dem Weingut herumgeführt. Von ihr hatte sie erfahren, dass ihr Vorgänger unter unklaren Umständen entlassen worden war. Eine Nachfrage bei dem enttäuschten Mann, und Alyssa hatte ihre Story. Wenn auch eine andere als zuerst geplant. „Ich habe nur meinen Job gemacht.“
„Joshua sieht das anders.“
„Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information“, entgegnete sie, wobei sie selbst merkte, wie abgedroschen sich das anhörte. Tief atmete sie ein. „Aber darum geht es jetzt nicht. Diesmal läuft es anders, das verspreche ich Ihnen. Vor der Drucklegung bekommen Sie den Text zur Überarbeitung.“ Das hatte sie noch niemandem angeboten, aber sie musste ihn unbedingt privat sprechen.
Zweifelnd betrachtete er sie. „Wieso sind Sie auf einmal so nett? Und warum fragen Sie mich hier auf dem Ball danach? Sie hätten doch auch telefonisch oder per E-Mail mit mir in Kontakt treten können.“
Du hast mir ja nicht geantwortet. Obwohl ich es versucht habe. Allerdings als Alice McKay … Morgen würde sie ihm sagen, wer sie wirklich war. Im Augenblick konnte sie nur hoffen, dass er das Medieninteresse als Marketingchef – anders als sein Bruder Joshua – zu schätzen wusste. „Durch diesen Beitrag wird sich der Bekanntheitsgrad von Saxon’s Folly sicher noch weiter steigern.“
Schnell fügte sie hinzu: „Ja oder nein?“
„Na ja. Vielleicht.“
Bevor er womöglich das Interesse verlor, musste sie ihn zur Zusage bewegen. „Wann?“, insistierte sie und stellte sich genau
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