Auf einmal ist Hoffnung
sich vor, griff nach ihrer Hand und hielt sie fest umschlossen.
Sie empfand es als wohltuend, sah ihn dabei mit großen Augen an, war voll konzentriert.
Er begann zu erzählen, holte aus: »Eine Einheit Superfexon entspricht ungefähr einem billionstel Gramm, das weißt du inzwischen. Es ist die Menge, die fünfzig Prozent der Zellen einer Zellkultur vor der Zerstörung durch ein bestimmtes Virus schützen kann. Genauer gesagt: Sie macht die Zellen gegen das Eindringen krankheitsauslösender Viren widerstandsfähig.« Er beobachtete sie, wie um festzustellen, ob sie seine Darstellungen verstanden hatte.
Sie spürte es und nickte ihm bestätigend zu.
So fuhr er fort: »Du wirst ungefähr drei Millionen Einheiten Superfexon am Tag bekommen. Ich nehme an, intravenös gespritzt, denn das erhöht die Wirkung. Du mußt dich zwar darauf einstellen, daß nach der Spritze unter Umständen Fieber auftritt, ein bis zwei Grad über der normalen Temperatur, aber das läßt sich durch fiebersenkende Mittel beheben.«
Sie war ihm dankbar, daß er sie so genau einweihte. Es tat ihrer Psyche gut. Die Krankheit verlor einen großen Teil ihres geheimnisvollen, ungewissen Schreckens. »Wie lange werde ich hier sein müssen?« fragte sie bedrückt.
»Das wird die Zeit erweisen«, antwortete er warmherzig, »vielleicht zwei Monate, vielleicht drei«, und er setzte aufmunternd hinzu: »Wichtig ist, daß du Geduld aufbringst und Zuversicht.«
Als sie nichts entgegnete, ihn beherrscht ansah, gab er ihre Hand frei und stand auf. »Du mußt jetzt schlafen. Viel Schlaf ist auch in deinem Fall ein heilendes Mittel.« Er lächelte sie hoffnungsfroh an.
An der Tür blieb er stehen. »Mach's gut, Jenny.«
»Ich habe noch eine Frage, Onkel Louis«, kam es leise aus dem Bett.
»Wenn ich nicht noch einen Vortrag halten muß?« antwortete er nachsichtig.
»Werde ich …?« Sie sprach kaum hörbar, stockte, als habe sie Angst vor der Frage. »Werde ich wieder tanzen können?«
Er hatte mit dieser Frage schon die ganze Zeit gerechnet. Seine Antwort klang aufrichtig: »Hätte diese ganze Prozedur überhaupt einen Sinn, wenn du danach nicht mehr tanzen könntest?«
Er umfaßte den Türknauf und machte ihr mit dem hochgehobenen Daumen das Zeichen des Gewinners. Er wollte ihr damit die Hoffnung stärken. »Noch eins«, sagte er, »du wirst gleich eine Nachtschwester bekommen, eine besondere. Unterhalte dich mit ihr nicht mehr allzu lange. Dir bleiben noch genug Nächte mit ihr.« Dann öffnete er die Tür, winkte augenzwinkernd Patrick heran, der die ganze Zeit über auf dem Flur geduldig gewartet hatte, ließ ihn an sich vorbei ins Zimmer treten, ging hinaus und schloß hinter sich leise die Tür.
28
Monate waren vergangen, der Frühling überzog das Land.
Roberto Rocha hatte seine Verletzung überwunden, fühlte sich wieder gesund. Noch immer wohnte er dort, wohin Arnos ihn und die Seinen am frühen Morgen nach Elenas und ihrer Eltern Ankunft in New York gebracht hatte: in einem kleinen, billigen Hotel in Queens.
Als Rocha sich damals bei Arnos hatte bedanken wollen, hatte der abgewinkt. »Vor vielen Jahren war ich in einer ähnlichen Situation gewesen. Jetzt habe ich nichts anderes getan, als über euch dem Himmel meinen Dank abbezahlt.«
Nun, da Rocha wiederhergestellt war, stellte er sich der Polizei. Detective Sergeant Jeremiah McLintock, der eckige, mißtrauische Ire, hatte den Fall Kahn noch immer nicht abgeschlossen, denn sowohl Cesar Gomes als auch Zenon Menendez waren in all diesen Monaten nicht bereit gewesen, eine Verbindung zum Tod Kahns einzugestehen. Jetzt, mit Rochas Aussage, aber wurde Menendez verurteilt.
Jennifer Kahn hatte eine bedrückende Zeit hinter sich. Die Behandlung mit dem sogenannten Wundermittel Superfexon ging wesentlich schleppender voran, als es selbst der erfahrene Doktor Pollock vorausgesehen hatte.
Patrick Hamilton war für Jennifer in ihrer Verzweiflung ein großer Halt gewesen. Es war kein Tag vergangen, an dem er nicht an der York Avenue seinen Wagen geparkt, durch eine der beiden automatischen Glastüren das Sloan Kettering Center betreten hatte, über die Rolltreppe hochgefahren war und Jennifer besucht hatte.
Und er vermittelte ihr genau die richtige Therapie für ihre Psyche.
Er versuchte nicht, ihre Krankheit totzuschweigen, sondern sprach mit ihr darüber intensiv, diskutierte alle dabei anfallenden Probleme, bezog Jennifer auch sehr in das für sie interessante Leben der Außenwelt mit
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