Auf ewig unvergessen
ihrer Gefangenschaft musste sie immer eine Lederkappe ohne Augenschlitze tragen, wenn ihr... Peiniger... Wenn er kam.«
»Sie hat sein Gesicht nie gesehen?«
»Nie.“
»Was ist mit den anderen Frauen? Haben sie den Mann gesehen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo ich Anne Hazelton oder Samantha Reardon finden kann?«
»Anne Hazelton hat sechs Monate später Selbstmord begangen. Samantha Reardon war eine Zeitlang in einer psychiatrischen Klinik. Sie hatte einen totalen Zusammenbruch. Simon Reardon, ihr Mann, hat sich von ihr scheiden lassen«, erklärte Escalante mit deutlichem Missfallen in der Stimme. »Er ist vor Jahren weggezogen. Er ist Neurochirurg, Sie können ihn sicher über die amerikanische Ärztevereinigung ausfindig machen. Er weiß vielleicht, wo seine geschiedene Frau lebt.«
»Das hilft mir schon weiter«, sagte Stewart, während er sich Notizen machte.
»Sie können den anderen Privatdetektiv fragen. Er hat sie vielleicht schon gefunden.«
»Wie bitte?«
»Es war schon ein anderer Detektiv hier. Ihn habe ich auch nicht mit Gloria sprechen lassen. Das war im Sommer.«
»Die Frauen sind aber erst ab August verschwunden.«
»Nein, das muss schon im Mai, Anfang Juni gewesen sein. Irgendwann um die Zeit.«
»Wie hat er ausgesehen?«
»Es war ein kräftiger Mann. Ich habe mir gedacht, dass er wohl einmal Football gespielt oder geboxt haben muss, weil er eine gebrochene Nase hatte.«
»Das hört sich nicht danach an, als sei es jemand aus dem Büro des Staatsanwalts gewesen. Außerdem können sie zu diesem Zeitpunkt nichts damit zu tun gehabt haben. Können Sie sich an seinen Namen erinnern, oder von wo er kam?«
»Er war aus Portland. Ich habe seine Visitenkarte.« Escalante zog die oberste Schublade seines Schreibtisches auf und nahm eine weiße Visitenkarte heraus. »Samuel Oberhurst«, las er vor und reichte die Karte Stewart. Auf der Karte stand Oberhursts Name und eine Telefonnummer, keine Adresse. Die Nummer war die gleiche, die er von Betsy bekommen hatte.
»Dr. Escalante, was ist mit den Frauen passiert, nachdem sie entführt worden waren?«
Escalante holte tief Luft. Stewart konnte ihm den Schmerz selbst nach all den Jahren noch anmerken.
»Meine Frau hat mir erzählt, dass es außer ihr noch drei Frauen gab. Sie wurden in einem alten Bauernhaus gefangen gehalten. Sie weiß nicht, wo das Haus ist, denn als sie dort hingebracht wurde, war sie bewusstlos, und als man sie wegbrachte, stand sie unter Schock. Sie war fast verhungert, ein Wunder, dass sie noch lebte.«
Escalante unterbrach sich, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und atmete nochmals tief durch.
»Die Frauen wurden nackt in Verschlagen gehalten. Ihre Knöchel waren mit Ketten gefesselt. Immer, wenn er gekommen ist, war er maskiert, und sie mussten die Kappen aufsetzen. Dann... dann hat er sie gefoltert.« Escalante schloss die Augen und schüttelte den Kopf, so, als ob er Bilder verscheuchen wollte, die zu schrecklich waren. »Ich habe nie gefragt, was er gemacht hat, aber ich habe die medizinischen Berichte über meine Frau gesehen.«
Escalante machte erneut eine Pause.
»Das muss ich nicht wissen, Doktor. Das hilft mir nicht weiter«, sagte Stewart einfühlsam.
»Danke.«
»Wichtig ist die Identifikation. Wenn sich Ihre Frau an irgendetwas in Verbindung mit ihrem Entführer erinnern könnte, das beweisen würde, dass es sich nicht um Peter Lake gehandelt hat.«
»Ich verstehe. Ich werde sie fragen, aber ich bin sicher, dass sie Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
Dr. Escalante verabschiedete sich von Stewart und brachte ihn zur Tür. Dann ging er wieder in sein Büro und nahm die Fotografie seiner Frau und seiner Tochter in die Hand.
2
Betsy hatte am Freitag den Eröffnungstermin in einer Scheidungsangelegenheit. Sie war gerade dabei, die Unterlagen in ihren Aktenkoffer zu verstauen, als ihr Ann mitteilte, dass Reggie Stewart am Telefon sei.
»Wie war die Reise?« fragte Betsy.
»Ganz gut, aber es ist nicht viel dabei herausgekommen. Die ganze Sache hat etwas Mysteriöses an sich, und mit jeder Minute wird es mysteriöser.«
»Lass hören!«
»Ich kann es nicht festmachen. Ich weiß aber, dass etwas faul ist, wenn mich Leute anlügen und es keinen Grund dafür gibt.«
»Wieso anlügen?«
»Das ist es ja gerade. Ich habe keine Ahnung, aber ich weiß, dass da etwas im Busch ist.«
»Erzähl, was du bis jetzt weißt«, forderte ihn Betsy auf, und Stewart berichtete ihr von seinen
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