Auf ewig unvergessen
Er hatte ihn durch Sport und Diäten fast gänzlich verloren. Genauso hatte er den größten Teil seiner Haare verloren, aber auf jeder anderen Ebene hatte er dazugewonnen. Wenn alte Bekannte glaubten, er trauere seinen Tagen als Polizeibeamter nach, dann täuschten sie sich gewaltig-
»Was führt Sie nun von Portland nach Albany?« fragte Grimsbo und reichte Stewart seinen Drink.
»Ich arbeite für eine Anwältin namens Betsy Tanenbaum. Sie vertritt einen bekannten Geschäftsmann, der wegen Mordes angeklagt ist.«
»Das haben Sie schon meiner Sekretärin am Telefon gesagt. Was habe ich damit zu tun?«
»Sie waren bei der Polizei in Hunters Point, ja?«
»Ich habe schon seit neun Jahren nichts mehr mit der Polizei in Hunters Point zu tun.«
»Mich interessiert ein Fall, an dem Sie vor zehn Jahren gearbeitet haben. Der Rosenmörder.«
Grimsbo wollte gerade sein Glas an die Lippen setzen, brach aber die Bewegung abrupt ab.
»Warum interessieren Sie sich für den Rosenmörder? Das ist doch eine uralte Geschichte.«
»Sagen Sie mir, was Sie wissen, dann kann ich Ihnen alles erklären.«
Grimsbo nickte bedächtig mit dem Kopf. »Diesen Fall kann man nur schwer vergessen.«
»Erzählen Sie mir davon!«
Grimsbo legte den Kopf zurück und schloss die Augen, als wolle er sich die Ereignisse wieder ins Gedächtnis rufen. Er nahm einen Schluck von seinem Scotch.
»Es begann mit Meldungen, dass Frauen verschwunden waren. Keine Anzeichen von Gewaltanwendung, kein Hinweis auf Diebstahl, aber jedes Mal lagen am Tatort eine schwarze Rose und ein Zettel mit der Aufschrift AUF EWIG UNVERGESSEN, und zwar immer auf den Betten der Frauen. Dann wurden ein sechs Jahre altes Mädchen und seine Mutter umgebracht. Der Ehemann fand die Leichen, und auch da lagen eine Rose und ein Zettel neben der Frau.
Ein Nachbar hatte den Lieferwagen einer Blumenhandlung bei dem Haus eines der Opfer gesehen, oder vielmehr in der Nähe des Hauses. Es ist schon ganz schön lang her, vielleicht bringe ich einige Sachen nicht mehr richtig zusammen. Aber egal, wir haben nachgeforscht, wer der Fahrer war. Es war ein Kerl namens Henry Waters. Er war wegen Sexualdelikten vorbestraft. Später erhielten wir von einem Mann einen anonymen Anruf, der behauptete, Waters hätte ihm in einer Bar erzählt, dass er eine Frau in seinem Keller versteckt hielte. Wir gingen hin und fanden dort eine der vermissten Frauen.«
Grimsbo schüttelte den Kopf. »Mann, war das ein Anblick. Sie würden nicht glauben, was der Scheißkerl mit ihr gemacht hatte. Ich hätte ihn auf der Stelle umbringen können und hätte es bestimmt auch getan, aber das Schicksal nahm einen anderen Lauf. Der Scheißkerl versuchte zu fliehen, und ein anderer Beamter erschoss ihn. Das war's dann.«
»Hieß der Mann, der die beiden Leichen der Frau und des Mädchens fand, Peter Lake?«
»Richtig. Lake.«
»Waren Sie damit zufrieden, als Sie herausfanden, dass der Fahrer der Blumenhandlung der Mörder war?«
»Ganz bestimmt. Mein Gott, wir haben einige der beschriebenen Zettel und ein paar Rosen gefunden. Und natürlich die Leiche. Ja, wir haben den Richtigen erwischt.«
»Stimmt es, dass damals eine Sonderkommission zur Aufklärung des Falles eingerichtet wurde?«
Grimsbo nickte.
»War Nancy Gordon Mitglied dieser Sonderkommission?«
»Sicher.«
»Mr. Grimsbo...«
»Nennen Sie mich doch einfach Frank.«
»Gerne. Frank, mein Klient ist Peter Lake. Er ist vor ungefähr acht Jahren nach Portland gekommen und nennt sich jetzt Martin Darius. Er ist ein sehr erfolgreicher Bauunternehmer und genießt großes Ansehen. Es begann vor etwa drei Monaten. Da verschwand eine Frau in Portland. Später wurden noch zwei andere als verschwunden gemeldet. Die Rosen und die Zettel, die man auf den Betten der vermissten Frauen fand, sind, nach bestimmten Informationen, mit denen von Hunters Point identisch. Vor zwei Wochen wurden die Leichen der Frauen und eines Mannes auf einer Baustelle, die Martin Darius gehört, vergraben gefunden. Nancy Gordon hat unserem Bezirksstaatsanwalt eingeredet, dass Darius - Lake - diese Morde begangen hat.«
Grimsbo schüttelte den Kopf. »Nancy hat schon immer einen Tick in Bezug auf Lake gehabt.«
»Also sind Sie nicht ihrer Meinung?«
»Nein. Wie ich schon sagte, Waters war der Mörder. Ohne Zweifel. Nun, eine Zeitlang hatten wir die Vermutung, dass Lake vielleicht der Mörder sein könnte. Es gab Indizien, die darauf hindeuteten, und auch ich hatte bei dem Kerl ein
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