Auf nach Cappuccino - Wohlfuehltipps einer gluecklichen Mutter

ihn nicht mehr gesehen, seit ich ihm damals vor dem Bewerbungsgespräch noch schnell den Rest Zahnpasta von der Backe gewischt habe. Plötzlich wird mein »Gegner« wieder zum »Partner«, und wir müssen uns neben Josefines Geburtstagsfeier und der verfärbten Kochwäsche nicht auch noch darum kümmern, wer den Machtkampf zwischen uns gewinnt.

Ein Seitensprung mit Onkel Quentin

    Letztens habe ich einen bezaubernden Mann kennengelernt. Wir haben stundenlang geredet, und als er ging, hat er mir seine Telefonnummer zugesteckt und leise gesagt: »Überlegen Sie es sich. Sie können mich jederzeit anrufen.« Er wollte, dass ich eine Lebensversicherung bei ihm abschließe. Wenn er mich zur Vertragsunterzeichnung zu sich nach Hause gebeten hätte, wer weiß, ob ich mir das mit den 75 Euro im Monat nicht tatsächlich einmal überlegt hätte.
    Warum auch nicht? Abenteuerlust ist doch eigentlich etwas sehr Schönes. Meine Tochter Josefine hört schließlich auch ihre »Fünf Freunde«- CD s, und meine Mutter kauft sich Enid Blyton sogar auf Englisch. Sie will ihre Sprachkenntnisse auffrischen, und wie ich sie kenne, wird sie im nächsten Urlaub jedem akzentfrei erzählen: »Kommt, lasst uns noch einmal zur Bucht gehen. Onkel Quentin wartet im Felsenhaus auf uns.« Selbst meine 86-jährige Omi liest heimlich darin, während sie vorgibt, auf dem Sofa meiner Eltern ihr Sonntagsschläfchen zu machen. Sie sehen: Abenteuerlust ist keine Frage des Alters. Jeder Mensch hat Wünsche und unerfüllte Sehnsüchte.
    Was jedoch bei anderen eine harmlose zwischenmenschliche Flaute ist, gerät bei mir gleich zur mittelschweren Sinnkrise. Mein Mann kennt das aber schon. Wenn ich mich nach einem anstrengenden Tag zu ihm auf den Balkon setze und sehnsuchtsvoll in den Sonnenuntergang seufze, weiß er sofort, was Sache ist. Zum Glück nimmt er’s gelassen. Solange ich ihm nämlich noch freimütig gestehe: »Manchmal würde ich am liebsten gehen …«, kann er sicher sein, dass ich bleibe. Es wird halt alles nur halb so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
    Es ist kein Problem für Ihre Beziehung, falls Sie nicht wunschlos glücklich sind. Problematisch ist nur der Anspruch, wunschlos glücklich zu sein.
    Inzwischen kennt Jens meine Sehnsüchte besser als ich selbst. Wenn ich jammere: »Am liebsten würde ich meine Sachen packen und nach Spanien auswandern«, dann sagt er tröstend: »Das lässt sich doch sicher irgendwie einrichten«, und organisiert mir ein Wochenende mit Anne in Köln. Und wenn ich ihm wehmütig gestehe: »Ich möchte so gerne mal wieder einen heißen Flirt mit wildfremden Männern«, dann sagt er tröstend: »Das lässt sich doch sicher einrichten«, stellt mir Chips auf den Couchtisch und schiebt »Sex and the City« in den DVD -Player.
    Woher nimmt dieser Kerl so viel Beziehungsweisheit? Ich habe ja die Vermutung, dass er heimlich bei den Männern von Cappuccino in die Lehre gegangen ist. Dieses Buch richtet sich zwar hauptsächlich an junge Mütter, aber natürlich ist Cappuccino auch das Traumziel unserer Männer. Was wollten wir auch im Paradies, wenn es dort nur Frauen gäbe?

Werden Sie Sieger nach Punkten

    Ich habe 1998 einmal ein sehr aufschlussreiches Praktikum in der Zentrale der Osnabrücker Müllabfuhr gemacht. Seitdem hege ich den Verdacht, dass sich alle Probleme dieser Welt im Zweifelsfall mit Entrümpeln lösen lassen. Warum also nicht auch Beziehungsprobleme?
    Jens hat nichts gegen meine Wegwerf-Aktionen. Solange ich seine Plattensammlung und die uralte »Grüße aus Bonn«-Tasse verschone, macht er sogar gerne mit. Gleich nach der Tagesschau nehmen wir die Sache in Angriff und stellen in Gedanken einen großen Karton auf. Dann sammeln wir alle störenden Gedanken und werfen sie zum Entsorgen in die Beziehungskiste. Nach mehr als zwölf Jahren kommt da ein ganz schöner Berg überzogener Vorstellungen zusammen:
Verständnis ohne Worte
Zweimal täglich Herzklopfen
Ein romantisches Plätzchen am See ohne Mückenstiche
Festtagsstimmung pünktlich zum Jahrestag
George Clooney am Feierabend, Jamie Oliver in der Küche und eine Zugewinngemeinschaft mit Bill Gates
    Na, sonst noch was? All diese sperrigen Fantasien, die in Wirklichkeit eh kein Mensch einlösen kann, haben bei uns jetzt ausgesorgt. »Ein bisschen wehmütig wird mir dabei schon«, gestehe ich meinem Mann kleinlaut, als ich die Vorstellung entsorge, mein Partner könne sich wie durch Zauberhand vom Morgenmuffel zum Frühaufsteher verwandeln. Doch