Auf nach Cappuccino - Wohlfuehltipps einer gluecklichen Mutter
Friseur war ich auch erst gestern. Es wäre schließlich schade, wenn ich etwas vom Stoff verpassen würde.
Und jeden Tag nach Schulschluss nehme ich mir Stift und Papier und mache brav meine Hausaufgaben:
Wunschzettel Nr. 17
Fließend Englisch sprechen
Einen frisch gepressten Saft und Croissants serviert bekommen
Drei Kilo abnehmen
Mich mit meiner Freundin Sandra aussöhnen
Den Zuschlag für die Wohnung in der Michael-Ende-Straße bekommen
Eine Freundin, die mit mir zum Yoga geht
Endlich eine Idee für Jens’ Geburtstag
Joggen können
Verwöhnen Sie Ihre Kinder nicht mehr als sich selbst
Sie sollten Anne am Geburtstag ihres Sohnes sehen! Mit einer fast kindlichen Freude bläst sie Luftballons auf und befestigt noch schnell die coole Piratenfahne an Jaspers neuem Fahrrad. Kein Wunder, dass meine Freundin mit Herz und Seele dabei ist:
Verwöhnen macht Eltern Spaß und Kinder selbstbewusst.
Dennoch hat das Wort »Verwöhnen« einen ziemlich schlechten Ruf, und das zu Recht. Die missmutigen und launischen Gegenargumente begegnen einem schließlich überall.
Zum Beispiel letztes Jahr im Sommerurlaub. Tagelang mussten wir ein zirka siebenjähriges Exempel am Strand beobachten. »Lara hier! Lara dort!«, tönte es pausenlos durch die spanische Hitze. Kurioserweise kannte ich mal einen Braunschweiger Papagei dieses Namens. Die Kleine machte dem aufgeplusterten Vogel alle Ehre. Eine nörgelnde, ständig unzufriedene Diva, die heulte und die Kekstüte durch die Gegend pfefferte, wenn mal nicht alles nach ihrem Willen ging. Begleitet wurde Lara von ihren unterwürfigen, gehetzten Eltern, die offensichtlich eher das alte Tafelsilber von Tante Ingeborg versetzen würden, als es dem übellaunigen Mädchen zu verweigern, seine Handykarte wieder aufzuladen.
Vermutlich wollen auch Laras Eltern nur das Beste für ihr Kind. Doch wo ist der Punkt, an dem Umsorgen in Verhätscheln umkippt? In Cappuccino hilft eine einfache Faustregel den Müttern dabei, das richtige Maß zu finden:
Verwöhnen Sie Ihre Kinder nicht mehr als sich selbst.
Wenn es Eltern schwerfällt, sich selbst zu verwöhnen, kompensieren das manche, indem sie ihren Nachwuchs hofieren. Kindern wie Lara tun sie damit sicher keinen Gefallen und unfreiwilligen Zeugen wie uns auch nicht unbedingt.
Wie Sie sehen, hat Lara einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Deshalb versuche ich, mich wieder einmal mehr um meinen eigenen Wunschzettel zu kümmern, damit Frieda und Josefine die Chance haben, zu begreifen: Selbst Eltern haben Bedürfnisse!
Mamas wollen tagsüber voll und ganz für ihre Kinder da sein, Buntstifte anspitzen und geduldig für alle Spielkameraden aus der Nachbarschaft Marmeladenbrote schmieren, aber am Abend brauchen sie und Papa ihre Elternzeit.
Mamas schmecken auch andere Gerichte als Nudeln und Pizza. Es darf also ab und zu mal »erwachsenes Essen« geben. Selbst Königsberger Klopse in Kapernsoße könnte ich also kochen, sofern ich es selbst kochen könnte.
Manche Mamas möchten mittags eine Pause machen. Wenn ich vergessen habe, die Milch vom Herd zu nehmen, darf Josefine mich jederzeit stören. Wenn es nur darum geht, die Legokiste vom Regal zu holen, kann das warten.
Urlaub und Wochenenden sind für alle da, nicht nur für die Kinder. Deshalb darf abwechselnd jeder einmal das Freizeitprogramm bestimmen. Ich muss also nur dann mit ins Rolf-Zuckowski-Konzert, wenn Frieda nächste Woche auch mit zu den Wagner-Festspielen kommt. Na ja, oder eben gerade nicht.
So gesehen bin ich es den beiden als verantwortungsbewusste Mutter sogar schuldig, mir beim Einkaufsbummel neue Schuhe zu gönnen, statt ihnen die blauen Haarspangen zu kaufen. Wenn beim Anprobieren dann zufällig mein Handy klingelt, kann ich guten Gewissens sagen: »Du, lass uns später weitertelefonieren, ich arbeite gerade am Sozialprofil meiner Töchter …«
Fällt es Ihnen auch manchmal schwer, sich auf Kosten Ihrer Kinder was Gutes zu tun? Trösten wir uns, Kinder wollen gar nicht alles haben, auch wenn sie noch so oft darum betteln. Sie wollen nämlich etwas viel Anspruchsvolleres: Eltern, die charakterfest genug sind, um ihnen von ihren unzähligen Forderungen nur diejenigen zu erfüllen, die Kindern und Eltern gut tun. 1986 bellte Herbert Grönemeyer durch die Hitparaden: »Kinder an die Macht«. Das könnte uns so passen! Um Steuerreformen, Erziehung und andere schwere Aufgaben müssen wir uns schon selbst kümmern.
Aber dafür ist morgen auch noch genügend Zeit.
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