Auf nach Cappuccino - Wohlfuehltipps einer gluecklichen Mutter
zurückdenken würden.
Carstens Empfindlichkeiten können und wollen wir Eltern uns nun einmal nicht leisten. Egal, was wir machen:
Dass etwas dazwischenkommt, gehört dazu.
Deshalb polstert die Natur ihre kostbaren Mutterexemplare in der Körpermitte gerne mal etwas weicher aus. Auf diese Weise wappnet sie uns für die unzähligen Bauchlandungen, die wir im Alltag erleben.
Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten sieben Jahren schon irgendwo zu spät gekommen bin und wie viele Zusagen wir wegen plötzlicher Fieberschübe im letzten Moment rückgängig machen mussten. »Das große Indianerehrenwort« einer Mutter ist ehrlich gesagt nicht mehr wert als ein Becher abgelaufene Buttermilch, denn die unvorhergesehenen Zwischenfälle machen jedes Bemühen um Zuverlässigkeit zunichte.
Ich muss gestehen, dass Jens und ich selbst die Elternschule zum Thema »Kinder brauchen Verlässlichkeit« vorzeitig abgebrochen haben, weil wir ausgerechnet immer dienstags Besuch oder Migräne bekamen.
Mit Kindern ist »Scheitern« nun mal der Normalfall. Die Frauen aus Cappuccino geben sich deshalb erst gar nicht der Illusion hin, ihre Pläne ohne Zwischenfälle durchziehen zu können. Stattdessen ändern sie die Perspektive:
Glückliche Menschen erhöhen nicht ihre Erfolge, sondern sorgen dafür, dass sie besser scheitern.
Wäre das nicht auch etwas für Sie? Letztes Jahr noch mussten Sie den Elternabend absagen, weil sich die Versicherung wegen des Wasserschadens angemeldet hatte. Dieses Jahr können Sie nicht, weil Sie Konzertkarten oder ein Vorstellungsgespräch haben, und in zwei Jahren muss die Veranstaltung schon wieder ohne Sie stattfinden, weil Sie sich das Bundesverdienstkreuz abholen oder es zurzeit Schwierigkeiten mit der Renovierung Ihres schwedischen Sommerhauses gibt. So schön kann Scheitern sein.
Auf den Glücksboten von der Lottostelle warte ich leider noch. Doch selbst wenn wir es nicht sofort schaffen, auf dem Siegertreppchen von Stufe zu Stufe zu hüpfen, letztendlich geht es einfach darum, sich von den alltäglichen Miseren nicht den Wind aus den Segeln nehmen zu lassen.
Nutzen Sie die Schule des Lebens
Meine Allgemeinbildung ist so lückenhaft wie das Milchzahngebiss eines Grundschulkindes. Sobald ich in die Pubertät kam, konnte ich mich in der Schule kaum noch konzentrieren, weil ich stattdessen über Frisuren oder meinen Liebeskummer nachdenken musste. Heutzutage bereue ich es manchmal, nicht besser aufgepasst zu haben, denn mit der 125.000-Euro-Frage könnten wir ganz prima den Dachstuhl ausbauen.
Doch noch scheinen Hopfen und Malz nicht gänzlich verloren. Die wichtigsten Dinge lernt man nämlich nicht in der Schule, sondern im Leben. Vor allem im Familienleben. Wer sich Kinder anschafft, steigert sein Wissen um ein Vielfaches. Zuerst erwerben junge Mütter Spezialwissen. Sie lernen Wissenswertes über Beckenböden und Wickelbodys und machen die Erfahrung, dass man die nervenschonenden »Flüsterräder« nur mit brachialer Gewalt ans Bobbycar bekommt. Wenn die Kinder größer werden, steht auch Allgemeinwissen hoch im Kurs:
Warum hat man da so eine Kuhle zwischen Nase und Oberlippe?
Wie hoch ist der Eiffelturm?
Was bedeuten diese orangen Pfeile auf den Autobahnschildern?
Fressen Fliegen auch ihr eigenes Aa?
Haben Schafe einen Bauchnabel?
Und wer bestieg als Erster den G8-Gipfel ohne Sauerstoffgerät?
Die Zuschauermehrheit von »Löwenzahn« und der »Sendung mit der Maus« ist zwischen 25 und 38 Jahren alt. Das ist kein Zufall. Kinder zu haben, macht schlau.
Nutzen Sie die Schule des Familienlebens.
Dies hier ist meine große Chance auf Allgemeinbildung. »Auf geht’s, Kinder«, rufe ich durchs Treppenhaus. »Zieht eure Schuhe an. Jetzt fängt der Ernst des Lebens an.« Mama will es endlich wissen, und die Kinder müssen mit:
Wir fahren zum Flughafen und besichtigen eine Mühle.
Ich lese Geschichten über Eskimos, Piraten und die Arbeit in einer Großküche vor.
Wir untersuchen den toten Maikäfer auf dem Parkplatz.
Ich schaue in aller Ruhe den genervten Bauarbeitern über die Schulter und benutze die Kinder auch sonst bei jeder Gelegenheit als Vorwand, um einen ungenierten Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Die Zeit drängt. Inzwischen bin ich 35, und wahrscheinlich ist dies hier die letzte Gelegenheit, um etwas über heimische Frühblüher, Dreisatzrechnung und Dinosaurier zu lernen. Die Chancen stehen ganz gut. Immerhin habe ich zurzeit den Kopf frei von Liebeskummer, und beim
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