Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
sagte: Wenn Sie persönlich werden, Herr Direktor, berichte ich in der nächsten Nummer, dass Sie immer zu schnell Auto fahren.“
Dieser Ton, wenn auch im Scherz, wäre auf der Ebert-Schule nicht möglich gewesen. Andi war gespannt, wie es weitergehen würde.
Aber der Rex lächelte nur, winkte mit der Hand ab und antwortete: „Dann besorg dir erst mal eine zuverlässige Radaranlage.“ Damit griff er nach der silbernen Glocke und läutete. Sofort verstummten alle Gespräche im Saal. Andi, der nicht wusste, was das zu bedeuten hatte, sah Mücke mit überraschtem Gesichtsausdruck an.
„Wir schweigen jetzt fünf Minuten, bis der Schulkapitän angesagt hat“, flüsterte er.
Andi nickte und futterte weiter. Was mochte das sein, ein Schulkapitän? dachte er. Diese Schule war völlig anders als alle, die er bisher kennen gelernt hatte. Ob er den Schulkapitän schon kannte? Es war mucksmäuschenstill im Saal. Da erhob sich Ottokar von seinem Platz und ging mit einer Hand voller Zettel zum Schwarzen Brett neben der Saaltür, wo er mit einer Kuhglocke läutete. Alle drehten sich nach ihm um. Ottokar begann Notizen zu verlesen. Zuerst den Tagesplan. Die Leichtathletikmannschaft hatte Training; für die übrigen hundertdreißig Jungen war ein Hindernislauf angesetzt; wer nicht am Sport teilnehmen konnte, wurde zur Feld- und Gartenarbeit eingeteilt. Dann stellte Ottokar Fragen: „Wer hat einen Reisewecker auf dem Wehrgang gefunden oder weiß etwas davon? Wer hat am Burgfried eine Scheibe eingeworfen?“
Sofort meldeten sich zwei kleinere Jungen. Andi kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. In der Ebertschule hätte sich niemand gemeldet.
Ottokar bestellte die beiden auf sein Zimmer und ging an seinen Platz zurück. Der Rex läutete mit dem kleinen Glöckchen; das Mittagessen war beendet.
„Wenn du noch ein bisschen Zeit hast, mache ich eine Fremdenführung“, sagte Mücke im Hinausgehen.
Die Jungen umringten Andi, einige gaben ihm die Hand; ein Kleiner, der sich Herbert nannte, fragte: „Bist du ein neuer Ritter?“
Andi verstand nicht, was er damit sagen wollte.
Mücke klärte ihn auf: „Er meint, ob du zu uns kommst. Wir nennen uns hier Ritter, weil wir einiges von den ehemaligen Burgbewohnern übernommen haben...“
Weiter kam er nicht. Ein großer, sehr stämmiger Junge hatte sich durch die Umstehenden gedrängt.
„Du sollst so ein tolles Rennrad haben“, sagte er. „Kann ich das mal sehen? Übrigens: Man nennt mich Dampfwalze.“ Und er drückte Andi kräftig die Hand.
Sie gingen hinunter, gefolgt von ein, zwei Dutzend Jungen oder Rittern; das kostbare Rad wurde gebührend bestaunt.
„Dampfwalze ist der Stärkste hier“, sagte Mücke, als sie allein waren und über den Wehrgang liefen. „Stephan nennt ihn ,Muskelprotz mit Spatzenhirn’, weil´s mit dem Denken ein bisschen hapert.“
Die Burg war viel größer und weitläufiger, als sie von außen wirkte. Mücke führte Andi über lange Gänge, wo die Kleiderschränke der Jungen standen, zeigte ihm das Wohnzimmer mit dem großen Kachelofen, einem Konzertflügel und einem Fernsehapparat, den Burgfried, die Klassenzimmer, die Folterkammer. „Hier halten wir unsere Versammlungen ab“, sagte Mücke. „Wir, das sind in diesem Fall die großen Ritter.“
Andi kam es ein wenig albern vor, dass sich gerade die großen Jungen so nannten; er sagte aber nichts. Dann zeigte ihm Mücke den sogenannten Prinzengarten, die Parkanlage, die dem Burgherrn, dem Grafen Schreckenstein, gehörte.
„Wir nennen ihn nur ,Mauersäge’, weil er eine so große Nase hat“, erläuterte Mücke. „Leider kann ich ihn dir nicht vorfuhren.“
Andi nickte nur. Dass er den Grafen bereits kannte, sagte er nicht. Zum Abschluss besichtigten sie den Ahnensaal mit den Bildern und Rüstungen der ehemaligen Burgherrn. Jean, der Diener des Grafen, wurde eigens geholt, um die Tür aufzuschließen.
„Eigentlich heißt er ja Hans“, sagte Mücke nach der Besichtigung. „Aber wenn wir was von ihm wollen, sagen wir immer Jean. Das klingt vornehmer. Und auf Vornehmheit legt er größten Wert.“
Die Schulglocke läutete.
„Jetzt haben wir Ruhepause“, erklärte Mücke. „Komm rasch mit auf mein Zimmer, dann zeige ich dir noch etwas.“
Die halbstündige Ruhepause zwischen Mittagessen und dem Nachmittagsprogramm war eine ständige Einrichtung auf der Burg. Andis Indianerherz empfand es als übertrieben, dass junge Ritter Mittagsschläfchen machten wie ältere Herrn, doch hielt
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