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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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nur andere Benimmregeln. Oder man hat andere Erwartungen an uns.« Er lehnte sich zurück. »Ich weiß es nicht.«
    »Was ist nun mit deiner Tante?«, fragte Brunetti. »Warum hast du davon angefangen?«
    »Vielleicht will ich nur wissen, wie sich das anhört, wenn ich es ausspreche, vielleicht hilft es mir irgendwie, zu entscheiden, ob ich mir Sorgen um sie machen muss oder nicht.«
    »Ich würde mir erst Sorgen machen, wenn sie anfängt, dir aus der Hand zu lesen, Lorenzo«, versuchte Brunetti ihn aufzuheitern.
    Vianello sah ihn bekümmert an. »Wird nicht mehr lange dauern, fürchte ich.« Es klang nicht wie ein Scherz. »Was meinst du, können wir bei dieser Hitze einen Kaffee vertragen?«
    »Warum nicht?«

2
     
    Hinter der Theke der Bar am Ponte dei Greci stand Bambola, der Senegalese, der Sergio seit einem Jahr zur Hand ging. Brunetti und Vianello waren es gewohnt, dass Sergio persönlich dort stand, untersetzt und ungerührt – er, der im Lauf der Zeit so viele Polizeigeheimnisse mitgehört – und für sich behalten – hatte, dass ein Erpresser jahrzehntelang davon hätte leben können. Die Mitarbeiter der Questura nahmen Sergio kaum noch wahr, so vertraut war ihnen sein alltäglicher Anblick.
    Von Bambola konnte man das nicht gerade behaupten. Der Afrikaner trug eine lange beige Dschellaba und einen weißen Turban. Groß und schlank, das dunkle Gesicht strahlend vor Gesundheit, glich Bambola eher einem Leuchtturm, so sehr reflektierte sein Turban das Licht, das durch die großen, auf den Canale hinausgehenden Fenster hereinschien. Er trug nie eine Schürze, und doch waren seine Dschellabas immer makellos.
    Brunetti wunderte sich, wie viel heller als sonst es in der Bar war, und sah sich um, ob Bambola etwa an einem so gleißenden Tag wie diesem das Licht angemacht hatte. Aber es waren die Fenster. Nicht nur waren sie sauberer, als er sie jemals gesehen hatte, sondern auch die Plakate und Aufkleber, die für Eis, Limonade und diverse Biersorten warben, waren allesamt entfernt worden, eine Neuerung, die doppelt so viel Licht wie vorher in den Raum strömen ließ. Auf dem Fensterbrett lagen keine alten Zeitschriften und Zeitungen mehr, und auch die schmuddligen Speisekarten, die dort jahrelang gelegen hatten, waren verschwunden. Stattdessen war die Fensterbank mit einem weißen Tuch bedeckt, auf dem eine dunkelblaue Vase mit rosa Strohblumen stand.
    Brunetti fiel auf, dass der ramponierte Plastikkasten, in dem seit Menschengedenken Kuchen und Brioches feilgeboten wurden, durch eine dreigeschossige Glasvitrine ersetzt worden war. Das Angebot hatte zu seiner Erleichterung aber nicht gewechselt: Sergio mochte kein Ausbund an Sauberkeit sein, aber von Kuchen und von tramezzini verstand er was.
    »Altstadtsanierung?«, flachste er Bambola an.
    Zur Antwort blitzte unter dem strahlend weißen Turban wie ein zweiter kleiner Spot eine Reihe blitzblanker Zähne auf. » Sì, Commissario«, sagte Bambola. »Sergio liegt mit einer Sommergrippe im Bett, er hat mich gebeten, für ihn einzuspringen.« Er nahm einen Lappen, mindestens so weiß wie sein Turban, wischte damit über die Bar und fragte, was er ihnen bringen dürfe.
    »Zwei Kaffee, bitte«, sagte Brunetti.
    Der Senegalese wandte sich der Maschine zu, und Brunetti machte sich unwillkürlich auf das vertraute Scheppern und Hämmern gefasst, mit dem Sergio das verbrauchte Kaffeepulver aus dem Siebträger schlug, ihn mit frischem Pulver füllte und wieder in die Maschine einsetzte. Die Geräusche kamen, aber gedämpft, und als er zu der Maschine hinübersah, war der Holzbalken, auf dem Sergio seit Jahrzehnten das Sieb ausgeklopft hatte, mit einem Gummipolster versehen, das den Lärm dämpfte. Und zum ersten Mal, seit Brunetti in diese Bar kam, war der bisher von Schmutz und Kaffeeflecken bedeckte Name des Herstellers der Maschine, »Gaggia«, zu sehen.
    »Ob Sergio den Laden wiedererkennt, wenn er zurückkommt?«, fragte Vianello den Barmann.
    »Ich denke doch, Ispettore. Hoffentlich gefällt es ihm.«
    »Die Vitrine?«, fragte Vianello und wies mit dem Kinn nach der Auslage.
    »Hat mir ein Freund besorgt«, erklärte Bambola und wischte liebevoll mit einem Handtuch darüber. »Die hält die Sachen sogar warm.«
    Brunetti und Vianello warfen sich keine vielsagenden Blicke zu, aber das Schweigen, mit dem sie auf die Erklärung des Barmanns reagierten, sprach Bände. »Hat er mir gekauft, Ispettore«, sagte Bambola mit belegter Stimme und mit sorgfältiger Betonung

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