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Auf Umwegen ins Herz

Auf Umwegen ins Herz

Titel: Auf Umwegen ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Saxx
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und beobachtete mich und meine Reaktionen. Als mir das bewusst wurde, schoss mir die Röte ins Gesicht, und – auch wenn ich mich selbst nicht sah –, spürte ich, dass ich mindestens die Farbe einer Tomate erreicht hatte.
    Na prima, das war’s also mit meinem glanzvollen Auftritt. Ich fühlte mich wieder wie damals – ein vierzehnjähriges schüchternes Mäuschen –, und diese Erkenntnis holte mich schlagartig auf den Boden der Realität zurück.
    Mir fiel wieder ein, warum ich eigentlich hier war, und vor allem: wen ich da so hungrig anstarrte. Und da war sie wieder: die gute alte Wut im Bauch, der jahrelang angestaute Hass auf ihn und auf sein Verhalten. Gut so. Besser, ich war aufgebracht und saß nicht mehr vor ihm wie ein schmachtender Teenie!
    Ich straffte meinen Rücken und nahm mir vor, ihm fest in die Augen zu sehen, um ihm meine Entschlossenheit und mein Selbstvertrauen zu demonstrieren.
    Julian bemerkte anscheinend die Veränderung, denn er zog die Augenbrauen hoch und legte seinen Kopf leicht schief, als überlegte er, was er von dem eben Gesehenen halten sollte. Dann grinste er, und um seine Augen bildeten sich süße, kleine Fältchen. Und dann kam er auf mich zu.
    Mein Herz setzte aus, als er mir gegenüber auf die Bank rutschte, und mit einer unglaublich tiefen, rauchigen, fast schon sexy klingenden Stimme ein „Hallo, Jana“ hauchte.
    Verdammt, ich darf mich nicht von ihm aus der Ruhe bringen lassen! Ich schloss die Augen, atmete tief durch, und rief mir wieder den jugendlichen Idioten alias Julian ins Gedächtnis. Nur, weil er jetzt noch besser aussah als damals, hieß das nicht, dass sich auch sein Charakter gebessert hatte.
    „Hallo, Julian.“ Ich versuchte, so viel Wut und Ablehnung wie nur irgendwie möglich in meine Worte zu legen.
    Die Bedienung kam an unseren Tisch, und Julian bestellte ein Glas Eistee. Die Unterbrechung passte mir so gar nicht, denn sie schwächte meine wütenden Worte, die ich mir zurechtgelegt hatte, wieder ab.
    Ihm war das wohl bewusst, denn sein Grinsen wurde noch breiter, und ich wünschte mich zurück in meine Wohnung, weg von ihm, weg von diesen Augen, die mich unverschämt musterten und ein – angesichts der Situation völlig unpassendes – Kribbeln in meinem Unterleib auslösten. Ich konzentrierte mich auf die Wut, die knapp darüber in der Magengegend brodelte, und blaffte ihn an: „Also, was willst du mir sagen?“
    Sein lautes Lachen warf mich komplett aus der Bahn, und ich wusste, ich hatte verloren. Ich wusste, ich hatte keine Chance mehr, ihm zu zeigen, dass ich eine toughe Frau war. Ich starrte unentwegt abwechselnd auf seine Lippen und in seine Augen und konzentrierte mich mit voller Kraft auf seine Worte und darauf, ihn nicht noch einmal sabbernd und mit offenem Mund anzustarren.
    „Also, Jana, ich werd nicht lange um den heißen Brei herumreden. Ich freu mich, dass du hergekommen bist. Dass ich mich bei dir entschuldigen möchte, hab ich dir ja bereits gesagt.“
    Automatisch nickte ich zu seinen Worten.
    „Ich meine das ernst, auch wenn es jetzt, nach fünfzehn Jahren, vielleicht lächerlich wirkt. Damals wär besser gewesen, ich weiß, aber ich war jung und dumm.“
    Mein Nicken wurde kräftiger, doch Julian schien es zu ignorieren.
    „Das klingt zwar jetzt nach einer dummen Ausrede … aber so war ich damals. Ich dachte, ich wäre der King, und alle würden mich anhimmeln und vergöttern. Es hat lange gedauert, bis ich gemerkt hab, dass es anders war. Ich musste mich ändern, auch wenn das nicht einfach für mich war.“
    Ich zog eine Augenbraue nach oben und sprühte eine Ladung Sarkasmus über den Tisch. „Ach? Und du denkst, das hast du inzwischen geschafft?“
    Einen Augenblick dachte ich, er würde aufstehen und wieder gehen, doch dann nickte er, sein Blick glitt in die Ferne, und er sprach weiter.
    „Ich wechselte mit fünfzehn auf eine andere Schule. Dort kannte mich niemand. Ich konnte also der Julian sein, der ich auch wirklich sein wollte – ohne Vorgeschichte. Und, ob du es glaubst oder nicht …“
    Eher nicht, aber egal.
    „… ich hab den Neuanfang geschafft.“
    War das der Moment, in dem ich applaudieren sollte? Pah!
    „Alle, die ich früher verletzt hatte … ich wollte es zunächst vergessen. Doch irgendwann merkte ich, dass ich nicht vergessen konnte – was ich anderen … was ich dir angetan habe. Ich … ich musste den Scherbenhaufen aufräumen. Oder zumindest, mich entschuldigen. Bei jedem Einzelnen. Bei dir

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