Auf Umwegen ins Herz
meine Mutter die geglätteten Haare bezeichnen würde, Make-up, lässiges Outfit. Einen silbernen High Heel am linken Fuß, den rechten meiner schwarzen Ballerinas am anderen Fuß hatte ich nun die Qual der Wahl. Ich hob mein rechtes Bein an und drehte mich leicht, sodass ich mich mit dem glänzenden Designerschuh betrachten konnte, den ich mir letzten Sommer von meinem Urlaubsgeld geleistet hatte. Das Gleiche tat ich dann mit dem anderen Fuß, doch die Länge meiner Beine kam in den hohen Schuhen einfach besser zur Geltung. Außerdem soll der Hintern knackiger wirken, wenn man auf hohen Absätzen läuft, und wer will das nicht von seiner Kehrseite behaupten? Ich schlüpfte also noch in den zweiten silbernen Schuh, vollführte eine elegante Drehung und lächelte meinem Spiegelbild zu.
So konnte ich die Wohnung verlassen, denn ich fühlte ich mich tausendprozentig wohl. Völlig egal, wenn sich ein Mann einbildete, ich hätte mich für ihn aufgebrezelt, letztendlich tat ich das doch jedes Mal nur für mich und mein Selbstwertgefühl.
Und jetzt werde ich dem Kerl beweisen, was für eine tolle Frau ich bin!
Kapitel 3
Oh mein Gott!
Die Sonne hatte noch immer keinen Weg durch die Wolken gefunden. Draußen war es kühl, aber windstill, und die Gäste nutzten trotz des trüben Wetters den Gastgarten an der Vorderseite des Cafés. Doch auch der Innenbereich war gut besucht.
Sobald ich das modern eingerichtete Café betrat, schlug mir sein typisch herrlicher Geruch entgegen: frisch gemahlene Bohnen und die Süße der Kuchen und Torten, vermischt mit den leichten Parfums der Gäste.
Ich ging direkt auf die Bar zu. Ich mochte dieses Café, das dunkle Holz der Tische im Kontrast zu den hellen Ledersesseln. Die cremefarbenen Wände waren mit Wandmalereien in Form von Kaffeebohnen und den Namen der Kaffeesorten aus aller Welt verziert. Schien die Sonne, war der Raum erhellt, denn zur Straßenseite waren durchgehend deckenhohe Glasfenster. Doch heute warfen die goldenen Lüster ein warmes Licht auf den Gastraum.
Ich setzte mich auf einen der Barhocker und beobachtete Marco, wie er spielerisch die riesige Espressomaschine bediente und nebenbei noch Torten und Fruchtsäfte für seine Gäste anrichtete. Dass ihm seine Arbeit Spaß machte, war nicht zu übersehen, und den kleinen Augenflirt mit einer hübschen Brünetten, die an einem der runden Tische in der Nähe der Bar saß, ließ er sich nicht entgehen.
Dann entdeckte er mich, winkte mir zu und war in der nächsten Sekunde schon bei mir, um mir ein Küsschen links und rechts auf meine Wangen zu geben.
„Hallo, schöne Frau, was kann ich dir denn Gutes tun?“
Lachend konterte ich: „Also gegen eine entspannende Nackenmassage hätte ich nichts einzuwenden, aber vorerst gebe ich mich auch mit deinem erstklassigen Cappuccino und einer großen Erdbeer-Creme-Schnitte zufrieden.“
„Cappuccino und Schnitte bekommst du sofort, die Nackenmassage, sobald die Kollegin von ihrer Pause zurück ist – und das muss jeden Moment so weit sein“, versprach er mir.
Und er hielt Wort. Als seine stellvertretende Geschäftsführerin übernahm, schaufelte ich genüsslich die Kalorien in mich hinein und genoss nebenbei die versprochene Massage.
„Dann schieß mal los, was hast du auf dem Herzen?“ Im Schnelldurchlauf brachte ich ihn auf den neuesten Stand, wobei ich den Vorfall mit Julian in der Vergangenheit nur kurz anschnitt und mir jedes Detail verkniff, da es mir äußerst peinlich war, darüber mit Marco zu sprechen.
„Ich bleibe in deiner Nähe“, versprach er mir. „Falls du Hilfe benötigst, brauchst du mir nur zu winken, dann bin ich schon bei dir. Aber denkst du wirklich, dass er dich herlockt, um dich in irgendeiner Art und Weise zu belästigen?“
„Ich weiß nicht so genau, aber das wär schon sehr erbärmlich … Ich hab nur so gar keine Vorstellung, was er wirklich will. Ich meine, die Sache ist schon ewig her. Ich hatte das alles schon komplett vergessen, um nicht zu sagen … verdrängt.“
Ich überlegte laut weiter: „Eigentlich könnte ihm egal sein, was mit mir ist und wie ich zu ihm stehe. Hätte er es damals wiedergutmachen wollen, wäre es verständlich gewesen, aber … fünfzehn Jahre später? Das ist doch sehr seltsam, oder?“
Marco stimmte mir mit einem Kopfnicken zu.
„Gut, in einer Viertelstunde weiß ich mehr. Dann erzähl mal, wie macht sich deine neue Kellnerin?“, wechselte ich das Thema, in der Hoffnung, mit der kleinen Ablenkung
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