Jedi-Padawan 14 - Die Kraft der Verbundenheit
Kapitel 1
Die Atmosphäre des Planeten bestand aus recht dünner und schneidend kalter Luft. Es hatte Obi-Wan Kenobi beinahe eine volle Woche gekostet, sich daran zu gewöhnen. Doch jetzt genoss er das schneidende Gefühl, das die frische, kalte Luft in seinen Lungen hervorrief.
Er und sein Meister Qui-Gon Jinn befanden sich hoch oben in den Bergen auf Ragoon-6. Es gehörte zu einer Ballung von Planeten, die für ihre unvergleichliche und noch unberührte Schönheit berühmt waren. Die Mission der beiden Jedi bestand einfach darin zu überleben. Und sie hatten nichts außer ihren Survival-Packs dabei. Ein anderer Jedi hatte eine Spur hinterlassen, der sie zu einem Transporter folgen mussten. Die Spur führte durch den Schnee, über hohe Klippen und ausgedehnte Felsebenen. Es war nicht einfach, dieser Spur zu folgen.
Qui-Gon hatte nach ihrer letzten Mission beschlossen, sich diesem Test zu unterziehen. Nach ihrer Rückkehr zum Tempel schien er gedankenverloren zu sein - ja er war beinahe launisch gewesen, was überhaupt nicht seine Art war. Irgendwann hatte er eines Morgens bei Sonnenaufgang plötzlich in der Tür zu Obi-Wans Unterkunft gestanden.
»Es wird Zeit für ein wenig Abwechslung«, hatte er gesagt.
Abwechslung? Obi-Wan hatte seinen Meister noch nie dieses Wort benutzen hören. Er hatte sich schläfrig auf die Ellbogen gestützt und in das Dämmerlicht geblinzelt. Er hatte sich sogar gefragt, ob er träumte.
Keine Stunde später hatte er sich in einem Transporter nach Ragoon-6 wiedergefunden. Eine Jedi-Pilotin namens Rana hatte sie auf einer windigen Hochebene abgesetzt und Qui-Gon hatte ihm erklärt, dass sie hier ihre Spurensuch- und Überlebenskünste testen würden. Außerdem gab es auf diesem Planeten wohl die atemberaubendsten Landschaften der Galaxis. Obi-Wan hatte zu jenem Zeitpunkt gefroren, er war hungrig und voller Zweifel gewesen. Doch er hatte die letzten zehn Tage genossen.
Obi-Wan saß auf einem flachen Felsen und ließ seinen Blick über das Tal vor ihm schweifen. Es war später Morgen und die Sonne hatte den Felsen unter ihm bereits etwas aufgewärmt. Obi-Wan legte seine bloße Hand auf den Stein. Vor ihm breitete sich ein Meer aus leuchtend gelben Wildblumen auf einer Bergwiese aus. Der Himmel war tiefblau, nachts wurde er violett. Während eines Sturmes hatte er einmal gelb-grüne Streifen gehabt. Obi-Wan hatte noch nie in einer Atmosphäre solch klare, satte Farben gesehen. Auf Ragoon-6 gab es keine Städte, keine Industrie oder Fahrzeuge, die mit ihren Emissionen die Luft verunreinigten.
Obi-Wan und sein Meister hatten nicht viel miteinander gesprochen. Qui-Gon schien nachdenklich zu sein. Manchmal hatte er ... nicht angespannt, dachte Obi-Wan auf der Suche nach dem richtigen Wort, aber gedankenverloren gewirkt. Obi-Wan wusste, dass Qui-Gon etwas auf der Seele lag, doch er wusste auch, dass sein Meister noch nicht bereit war, darüber zu sprechen.
Obi-Wan war jetzt sechzehn Jahre alt und das Verhältnis zu seinem Meister hatte eine leichte Wandlung erfahren. Sie waren jetzt nicht mehr nur Lehrer und Schüler, sondern auch Gefährten. Obi-Wan wusste, dass er noch viel von Qui-Gon lernen musste, genoss jedoch das neue Gefühl der Reife. Zum ersten Mal konnte er sich den Tag vorstellen, an dem er als vollwertiger Jedi neben Qui-Gon stehen würde.
Er hörte das Knirschen der Schritte seines Meisters im Schnee. Qui-Gon hockte sich neben ihn und ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen. »Tahl und ich waren vor langer Zeit schon einmal hier auf einer solchen Trainingsmission«, sagte er. »Wir haben immer darüber geredet, dass wir eines Tages zurückkehren würden. Es ist nie dazu gekommen.«
Tahl war eine Jedi-Ritterin, die zusammen mit Qui-Gon das Training im Tempel absolviert hatte. Sie war jetzt eine geachtete Jedi und die Freundschaft zwischen den beiden war ebenso tief wie sie alt war. Vor zwei Jahren hatte sie ihr Augenlicht verloren und Obi-Wan vernahm jedes Mal eine Spur von Zärtlichkeit in Qui-Gons Stimme, wenn er über sie sprach.
Die Augen des großen Jedi suchten die Berge und das Tal ab. »Gerade sind wir noch hier und im nächsten Augenblick sind wir schon verschwunden«, sagte er leise. »Du musst dir sicher sein, was du willst und woran du glaubst, Obi-Wan. Dein Pfad wird manches Mal verschlungen sein, doch du musst dir die Zeit zugestehen, dich selbst verstehen zu lernen. Nimm Abstand von deinem täglichen Leben, wenn es sein muss.«
Obi-Wan nickte.
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