Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
nichts als Fassung.«
»Nach dem Mars!« flüsterte Isma wie geistesabwesend. Dann stand sie auf. Sie trat vor Ell. Ihren Schmerz bezwingend, reichte sie ihm beide Hände.
»Vertrauen Sie mir!« sagte er.
Sie sahen sich in die Augen.
»Ich werde tun, was Sie verlangen«, erwiderte Isma. »Ich habe das Geschick herausgefordert. Ich muß es tragen.«
»Ob auf dem Mars oder auf der Erde – wir können dieselben bleiben.«
Zweites Buch
27. Kapitel – Auf dem Mars
Ü ber dem Südpol des Mars, um den Halbmesser des Planeten von seiner Oberfläche entfernt, also in einer Höhe von 3390 Kilometern, schwebt die ausgedehnte Außenstation für die Raumschiffahrt.
Ungleich gewaltiger ist die Anlage als die am Nordpol der Erde, denn über siebzig Raumschiffe vermögen gleichzeitig hier Platz zu finden. Das abarische Feld, das die Außenstation in der Richtung der Achse mit dem Pol des Planeten verbindet, befördert stündlich einen geräumigen Flugwagen.
Heute waren die aufsteigenden Wagen bis auf den letzten Platz besetzt. Nicht nur die Bevölkerung der nächsten Umgebung drängte sich zu den Flugwagen, selbst aus den entlegeneren Gegenden waren Neugierige auf den schnellen Bahnwagen herbeigeeilt, um der Rückkehr des Regierungsschiffes von der Erde beizuwohnen. Denn heute wurde der ›Glo‹ erwartet. Die Lichtdepesche hatte gemeldet, daß der Repräsentant Ill auf der Erde den Sohn seines verunglückten Bruders, des verschollenen Raumfahrers All, aufgefunden habe und zurückbringe. Man durfte auf merkwürdige Neuigkeiten von der Erde rechnen. Auch das Raumschiff ›Meteor‹, Kapitän Oß, welches bereits vor dem ›Glo‹ die Erde verlassen hatte, wurde erwartet. Es sollte den ersten Menschen von der Erde auf den Mars bringen. Man erzählte die wunderbarsten Geschichten von seiner furchtbaren Stärke. Zehn Nume seien notwendig, um ihn in Schranken zu halten.
»Ist es denn wahr«, fragte eine besorgte Mutter, ihr Töchterchen ängstlich an sich ziehend, »daß die Menschen kleine Kinder fressen?«
Ihre Nachbarin im Flugwagen antwortete: »Ich weiß es nicht im allgemeinen, aber der, den wir jetzt erwarten, frißt keine Kinder. Ich weiß es ganz genau, denn ich erwarte meine Schwester Se, die ihn kennt; wir haben mit dem ›Kometen‹, Kapitän Jo, Briefe von ihr bekommen, und sie schreibt, daß er ein ganz netter, beinahe zivilisierter Mann sei. Sie sehen, ich habe ja auch meinen kleinen Wast und sogar meine Ern mitgebracht. Haltet euch fest, Kinder, wir sind gleich da!«
Die weiten Galerien des Ringes der Außenstation waren seit Stunden dicht mit Zuschauern besetzt, die sich vor den Projektionsfernrohren drängten und bald die Aussicht auf den Mars bewunderten, bald den gestirnten Himmel durchmusterten. Mit besonderer Vorliebe wurde die Erde aufgesucht, doch da sie fast in derselben Richtung wie die Sonne stand, konnte sie nicht gut beobachtet werden.
Der ›Glo‹ war bereits nahe herangekommen, sein roter Glanz ließ ihn im Fernrohr nicht verkennen. Man konnte die Landung in zwei bis drei Stunden erwarten. Aber auch der ›Meteor‹ war schon signalisiert. In acht bis zehn Stunden mochte er eintreffen.
Die Reise des ›Glo‹ war so beschleunigt worden, wie man es nie bei einem Raumschiff gewagt hatte. Die allgemeine Aufregung, die in allen Marsstaaten aufgrund der neuen Depeschen von der Erde entstanden war, machte wichtige politische Erwägungen und die Anwesenheit Ills im Zentralrat notwendig. Ill hatte außerdem das persönliche Interesse, Isma, der er sehr zugetan war, die Beschwerden der Reise möglichst abzukürzen. So war, durch die Stellung der Planeten begünstigt, das Außerordentliche gelungen; die Reise von der Erde zum Mars, also der Sonnenanziehung entgegen, war in acht Tagen zurückgelegt worden. Man hatte den ›Meteor‹, welcher sieben Tage früher von der Erde abgegangen war, überholt. Freilich durfte er sich nicht die Repulsitverschwendung gestatten wie das im Auftrag des Zentralrats fliegende Eilraumschiff.
Mit rührender Sorgfalt hatte Ill, den Ratschlägen Ells folgend, Isma den Aufenthalt im Raumschiff behaglich zu machen gesucht. Die Raumkrankheit, eine Folge der zeitweiligen Aufhebung der Gravitation, pflegte selbst erprobten Raumschiffern nicht ganz fernzubleiben. Auch Isma hatte unter ihr zu leiden. Aber die Beschwerden, die ihr durch die geringe Schwere innerhalb des Raumschiffes drohten, waren ihr durch eine sinnreiche Konstruktion ihres Schlafraumes sehr erleichtert
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