Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Wärmewert der Kohle zugrunde gelegt; er führte nun die Rechnung noch einmal so durch, daß er als Vergleichseinheit die Pferdestärken nahm, welche durch die Sonnenstrahlung pro Stunde als Arbeitseffekt erzielt werden konnten. Wenn er den gegenwärtigen Stand der Technik auf der Erde in Betracht zog, so glaubte er annehmen zu dürfen, daß selbst unter den günstigsten Verhältnissen, bei Berücksichtigung der Anlagekosten, die Pferdekraft in der Stunde nicht unter 0,8 Pfennig oder 1 Centime geliefert werden könne. Um nun den geringsten Wert der Sonnenrente für den Mars zu ermitteln, nahm er an, daß auch auf dem Mars nur die direkte Wärmestrahlung seitens der Sonne – nicht die anderen Wellengattungen – zur Arbeit verwertet werden. Er fand dann, daß im Lauf eines Erdenjahres die Sonnenstrahlung dem Mars soviel Wärme zuführt, daß, wenn sie vollständig in Arbeit übergeführt wurde, ihr Wert pro Quadratmeter der Oberfläche durchschnittlich 30 Mark betragen würde. Die zur Bestrahlung ausgenutzte Oberfläche des Mars beträgt aber rund hundert Billionen Quadratmeter, somit erhält der Mars eine Rente von 3000 Billionen Mark. Von diesem Strahlungsbetrag können jedoch nur etwa 40 Prozent wirklich in Arbeit verwandelt und ausgenutzt werden – bei dem Stand der Technik auf dem Mars –, so daß der Gesamtgewinn des Mars an Arbeit (im Laufe eines Erdenjahrs) 1200 Billionen Mark beträgt. Tatsächlich benutzte man hiervon nur die Hälfte. Denn die Gesamteinnahme der Marsstaaten betrug 300 Billionen, die der Privaten ebensoviel. Es war also kein Zweifel, daß die Marsstaaten über diese ungeheuren Mittel verfügten. Und dabei empfängt der Mars nur etwa ein Neuntel so viel Wärme von der Sonne wie die Erde. Wie weit also war die Erde zurück in der Ausnutzung der Mittel, die ihr von der Natur verliehen waren! Wieviel konnte sie noch gewinnen, wenn ihr die Erfahrung der Martier zugute kam!
Aufs neue fühlte sich Ell in der Ansicht bestärkt, daß gegenüber dem immensen Fortschritt, der hier für die Menschheit in Frage stand, die Rücksicht auf die Neigung der gegenwärtigen Menschheit, dieses Geschenk anzunehmen, zu schweigen hatte. Noch viel weniger aber durfte er sich seinen Handlungen durch persönliche Neigungen irre machen lassen. Mochte man ihn als Überläufer, als Verräter an der Sache der Erde betrachten, mochte man Schmach und Verachtung auf ihn häufen – gleichviel! Er wußte, daß er zum besten der Kultur überhaupt und so auch der Menschheit handle, wenn er voll auf der Seite des Mars stand. Mochte er selbst seine persönlichen Freunde verlieren, er mußte es tragen. Einst würden sie gerechter über ihn urteilen. Und Isma! Er sah den traurigen Blick der blauen Augen, er sah das schmerzliche Zucken ihrer Lippen und das verächtliche Zurückwerfen des Kopfes –. Und noch einmal sprang er empor und starrte trüben Blickes in die dunkle Nacht. Dort drüben, wo der hellgrüne Schimmer des Straßenstreifens sich hinzog, da wohnte sie. O könnte er hingehen und sie rufen, wie damals, als das Luftschiff auf sie wartete, könnte er sie wieder zur Erde zurückführen und dafür ihren dankbaren Blick erhalten! Doch es ging nicht. Sie durfte nicht fort, sie konnte nicht, selbst wenn er versucht hätte, sie fortzubringen. Aber er selbst! Ihm stand es frei, er besaß die Erlaubnis, mit nach der Erde zu gehen, er hatte die Vollmacht hier vor sich, die er eben mit den übrigen Briefschaften an Ill zurückschicken wollte. In wenigen Tagen ging das Raumschiff. Ill fuhr zu diesem Zweck selbst an die Polstation, um der Abreise beizuwohnen. Er konnte mitreisen. Er konnte ihr den Wunsch erfüllen, mit Torm selbst zu sprechen. – Nein doch, nein! Es war unmöglich. Würde ihm Torm glauben können, wenn er ohne Isma kam? Und in diese Verhältnisse! Unter diesen Umständen! Sich gewissermaßen entschuldigen? Von allen Seiten beargwöhnt und angefeindet, würde er überhaupt jetzt etwas zur Versöhnung beitragen können? Nein, wenn er überhaupt zur Erde zurückging, da konnte es nur sein, wenn die Menschen begriffen hatten, was die Nume ihnen bringen und wie sie dieselben aufzunehmen haben. Er wollte auf dem Mars bleiben, bis er zurückkehren konnte als ein Herr und Beglücker der Menschen.
Ell schloß die Papiere für Ill in die Mappe und fügte seinen Paß für das Raumschiff hinzu. Er brauchte ihn nicht.
36. Kapitel – Saltners Reise
S altner lenkte seinen Radschlitten, dessen er sich sehr bald zu bedienen
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