Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Er weigerte sich, er wolle jetzt nicht auf die Erde zurückkehren. Die Martier selbst hätten es vielleicht gern gesehen, aber er könne sich nicht entschließen, jetzt den Mars zu verlassen. Warum nicht? Warum wollte er nicht? Um sie, Isma, nicht allein zu lassen? Sie glaubte es nicht, sie vermutete einen anderen Grund, den sie ihm nicht verzeihen konnte. Sie sagte ihm Bitteres. Sie wollte ihn nicht wiedersehen. Und er ging. Natürlich! La würde ihn wohl trösten –
Ell versetzte sich in Ismas Seele, er sah deutlich, was in ihr vorging – alles dachte er wieder durch, während er in die Nacht hinausstarrte – das Gefühl der Bitterkeit verließ ihn, er konnte ihr nicht zürnen. Nur traurig wurde er, tieftraurig.
Aber er mußte es tragen. Er konnte nicht anders handeln, es war unmöglich. Stand sie auf der Erde, so stand er auf dem Mars. Die Kluft überbrückte kein Raumschiff. Und selbst wenn die Planeten sich versöhnten – würde er sie dann wiederfinden?
Er preßte die Hände gegen die Stirn und seufzte tief. Und seltsam, mitten in den Kummer um Isma drängte sich das Bild Las vor Ells Augen. Dieser Verkehr war so beglückend, so frei von dem dunkeln Hintergrund irdischer Fesseln! Das war Numenart, zu geben und zu nehmen! Die reizenden Stunden kamen ihm in den Sinn, in denen er sich sagen durfte, daß sie ihn bevorzugte, und es schien ihm, daß deren immer mehr geworden seien. Und doch! Er mußte sich gestehen, wäre La ihm so geneigt, wie er hoffte, sie hätte sich ihm noch anders zeigen müssen. Sie hatte sich in der letzten Zeit sichtlich von Saltner zurückgezogen, aber gerade darin schien ihm eine gewisse Absichtlichkeit zu liegen. Er konnte das Gefühl nicht loswerden, daß La unter der gleichmäßigen Liebenswürdigkeit ihres Wesens eine heimliche Sorge barg, und er sann nach, was sie wohl bedrücken könne.
Gestern, als er bei ihr war, hatte er sie überrascht, wie sie in Gedanken versunken saß, und er glaubte die heimlichen Spuren von Tränen in ihrem Auge gesehen zu haben. Aber auf seine warmen Worte erwiderte sie mit Scherzen, es war, als wollte sie nicht verstehen, was sie doch längst wußte, wie er für sie fühle. Zum erstenmal war er fortgegangen, ohne sie recht verstanden zu haben.
Und jetzt war Saltner auf dem Weg zu ihr. Es war ja nicht daran zu denken, daß sie auf seine Bitte eingehen würde – Überhaupt –
Ell fiel es plötzlich ein – vielleicht war sie gar nicht in Kla. La hatte mehrfach davon gesprochen, daß sie möglicherweise verreisen würde, und Saltner hatte sie heute vergebens zu sprechen versucht. – Er wollte sich doch überzeugen, ob La zu Hause sei. Auch die Plattform war mit dem Haus telephonisch verbunden. Er sprach La an. Sie war zu Hause, aber in großer Eile, wie sie sagte. Ell teilte ihr mit, daß Saltner bei ihr vorsprechen werde mit einem Ansinnen, das unmöglich zu erfüllen sei – darauf keine Antwort, trotz seiner wiederholten Frage. Endlich die Worte, wie mit gezwungener Stimme:
»Befürchten Sie nichts. Leben Sie wohl.« –
Nichts, nichts weiter! Ell wußte nicht, was er davon denken sollte.
Er trat zurück an den Tisch, auf dem seine Papiere lagen, und ließ die Lampe aufflammen. Er wollte versuchen, in der Arbeit zu vergessen, und versenkte sich in das Studium des Etats der Marsstaaten.
Die 154 Staaten, welche den Planetenbund des Mars bildeten, waren an Einwohnerzahl sehr stark verschieden; es gab darunter Reiche, die bis gegen hundert Millionen Einwohner zählten, und kleine Staaten, die nicht einmal die Zahl von einer Million erreichten; der kleinste von ihnen umfaßte nur zwanzig Bezirke mit zusammen 800.000 Einwohnern. Ebenso mannigfaltig wie die Größen waren die Verfassungen der Einzelstaaten. Die republikanischen Staatsformen herrschten vor, aber auch unter ihnen gab es eine bunte Musterkarte von kommunistischen, sozialistischen, demokratischen und aristokratischen Verfassungen. Die Monarchien waren besonders unter den kleineren Staaten vertreten. Ganz wie es die historische Entwicklung der lokalen Verhältnisse mit sich gebracht hatte, waren auch in diesen die Verfassungen sehr mannigfaltig; im ganzen unterschieden sie sich von den republikanischen nur dadurch, daß das Staatsoberhaupt nicht durch Wahl, sondern durch Erbfolge bestimmt war und sich eines größeren Einkommens und einer glänzenderen Hofhaltung als die Präsidenten erfreute. Einen höheren politischen Einfluß besaßen die Fürsten des Mars nicht, sie hatten
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