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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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aller Güter zu verschaffen, die innere Freiheit.«
    Der Justizminister schüttelte den Kopf. »Das ist ein kindlicher Idealismus«, dachte er, aber er wußte nicht gleich, wie er dies, was er für beleidigend hielt, höflich ausdrücken solle.
    »Herr Kultor«, sagte von Huhnschlott, »das bedeutet eine gänzlich von der unsrigen abweichende Weltanschauung, das kann nur die Umsturzideen fördern. Wir bitten Sie inständig –«
    »Das ist keine neue Weltanschauung«, unterbrach ihn der Kultor streng, »es ist nur der Kern der Religion, zu deren äußeren Formen Sie sich so eifrig bekennen. Es ist die innere Freiheit im Sinne des Christentums, nur daß sein Begründer, im Zusammensturz der antiken Welt, machtlos im römischen Weltreich, sie allein finden konnte in der Verachtung und Flucht der Welt und daß seine angeblichen Nachfolger sie bloß verstanden als den Verzicht des Armseligen zugunsten des Mächtigen. Wir aber sind die Herren der Natur und der Welt und wollen nun der Pflicht nicht vergessen, für jeden diese innere Freiheit zu ermöglichen, ohne daß er auf die Güter dieses Lebens zu verzichten braucht. Und darum, meine Herren, ist es ganz vergeblich, daß Sie sich weiter bemühen. Sie werden dem Gesetz die Zustimmung der Regierung geben.«
    Der Kultor erhob sich.
    Die Minister standen sogleich auf und sahen sich verlegen an.
    »Verzeihen Sie, Herr Kultor«, begann der Justizminister nach einer Pause, »wir haben diese Unterredung als eine private nachgesucht; ich sehe, daß sie leider erfolglos war. Was werden Sie tun, wenn das Gesamtministerium Ihnen eine offizielle Vorstellung macht?«
    »Ich werde auf der Sanktionierung des Gesetzes bestehen.«
    »Und wenn der Bundesrat dennoch ablehnt?«
    »Er wird es nicht.«
    »Ich würde eher meine Demission einreichen, als die Annahme empfehlen«, sagte Kreuther mit Haltung.
    »Das Ministerium ist darin einig«, fügte Huhnschlott hinzu.
    »Das täte mir leid, meine Herren, aber es würden sich andere Minister finden.«
    »Und wenn nicht?« rief Huhnschlott auffahrend.
    »Dann wird Ihnen der Herr Resident die Antwort erteilen. Bemühen Sie sich nur zu ihm, ich weiß, was er Ihnen antworten wird. Hätten Sie sich der Protektoratserklärung vom 12. Mai vorigen Jahres unterworfen, so wäre eine Einmischung in innere Angelegenheiten ausgeschlossen. So aber wird er sie auf Artikel 7 des nordpolaren Friedensvertrages vom 21. Juni verweisen. Die Garantien für den Rechtsbestand der Verfassung sind aufgehoben, wenn sich die Regierung weigert, diejenigen Maßregeln zu unterstützen, welche die Marsstaaten für notwendig zur wirtschaftlichen, intellektuellen oder ethischen Erziehung der Menschheit hält.«
    »Die Entscheidung des Kultors und des Residenten ist noch nicht maßgebend«, erwiderte Huhnschlott finster. »Es steht uns der Appell an den Protektor der Erde offen.«
    »Appellieren Sie«, sagte der Kultor.
    Die Minister verbeugten sich förmlich und verließen das Zimmer. Langsam stiegen sie die breite Treppe hinab. In der Vorhalle standen zwei riesenhafte Beds unter ihren diabarischen Glockenhelmen Posten und senkten salutierend ihre Telelytrevolver. Die Minister grüßten mechanisch und stiegen in den vor der Tür haltenden elektrischen Wagen. Er rollte aus der bedeckten Auffahrt auf den regennassen Asphalt der breiten Straße. Huhnschlott warf einen Blick rückwärts auf das flache Dach des Gebäudes, wo die glatten Rücken dreier Marsschiffe durch den grauen Schleier des herabrieselnden Regens glänzten und ihre Repulsitrohre nach drei Richtungen drohend der Hauptstadt entgegenstreckten. Kreuther war dem Blick gefolgt und seufzte tief.
    »Zum Kanzlerpalais«, rief Huhnschlott dem Wagenführer zu und murmelte einen Fluch zwischen den Zähnen.
    Der Kultor war an eines der hohen Fenster des Gemaches getreten und blickte hinüber auf den Verkehr der Straße. Seine Stirn zog sich finster zusammen. Das tut’s freilich nicht, so gingen seine Gedanken, aber die Gängelbänder müssen fort, wenn die Kinder allein und aufrecht zu gehen lernen sollen. Und diese Huhnschlotts sind die gefährlichsten Feinde der Selbstzucht; doch ihre Macht ist gebrochen. Sie werden nicht wagen, sich zu widersetzen.
    In seinen Augen leuchtete es triumphierend auf. Es muß gelingen! Er wandte sich nach seinem Arbeitszimmer.
    »Die Berichte der Herren Instruktoren!« sprach er ins Telephon.
    Der Aufzug beförderte ein dickes Aktenbündel herauf. Er begann darin zu blättern und sich Notizen

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