Aufbrach aus der nacht (Liebesromane) (Tagebücher der Dunkelheit: Band 3) (German Edition)
Aber er hatte es nicht getan. Quent hatte sich unter das Bett gerollt, sich am Schläger festgeklammert – außer Reichweite dieses hinterhältigen Angriffs, wund, blutend, zerschunden, halb ohnmächtig vor Schmerzen – und hatte einen weiteren Tag keinen Mord auf dem Gewissen.
Und dann, dreizehn Jahre später, hatte Quents Vater dabei geholfen, die Welt zu zerstören. Alles für einen kleinen Kristall, der es Fielding ermöglichte, ewig zu leben.
Wenn Quent gewusst hätte, was seine Selbstbeherrschung die Menschheit kosten würde...
„Bist du sicher, du möchtest den Versuch starten den Kristall zu lesen?“, fragte Elliott. Er war Arzt gewesen, Trauma Chirurg, damals in Chicago, bevor sich alles verändert hatte ... bevor Elliott und Quent und drei andere Männer in Arizona in der Nähe von Sedona in eine Höhle hineingegangen waren, als sie einer Karte folgten, die Quent erworben hatte und die angeblich zu einem verborgenen Anasazi-Schatz führte.
Sedona war ein Ort, dem im Volksmund mystische Eigenschaften und eine Konzentration von Energie zugeschrieben wurde, aber keiner von ihnen hatte sich irgendeine Vorstellung davon gemacht, wie mystisch er tatsächlich war und welche sonderbaren Energieströme dort wirkten.
Sie waren fünfzig Jahre später wieder ans Tageslicht gekommen, nur um zu entdecken, dass die Menschheit fast ausgelöscht worden war und die Zivilisation des 21. Jahrhunderts komplett untergegangen war. Irgendwie waren sie herausgekommen, ohne zu altern und unbehelligt von all der Zerstörung, die sich ein halbes Jahrhundert zuvor ereignet hatte. Und jetzt, nachdem sie sieben Monate lang versucht hatten, ihr Leben wieder in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken, hatten die fünf immer noch keine Erklärung, was das Wie und das Warum anbetraf.
Wie konnte die Zeit fünfzig Jahre lang für sie einfach nur so stehenbleiben?
Warum zum Teufel ausgerechnet für sie?
Und was zum Teufel gab es für sie noch in dieser Welt, die ihnen nichts mehr von ihrem früheren Leben zu bieten hatte – außer Kummer und schlechten Erinnerungen?
Quent schaute den Kristall an und versuchte dabei, die Welle aus Hass zu unterdrücken, die bei dem Anblick in ihm hochkam. Und das tiefe, Übelkeit erregende Ziehen in seinem Magen.
Dieser spezielle Stein gehörte nicht seinem Vater, aber irgendwo in dieser fremden, neuen Umgebung, die man nur als postapokalyptisch beschreiben konnte, trug Parris Fielding einen dieser Kristalle im Fleisch seines Körpers. Fünfzig Jahre lang hatte der ihn am Leben und ihn auch in dem gleichen Zustand erhalten, genau wie vor dem Ereignis, das alle den Wechsel nannten.
„Ja“, erwiderte er. „Ich will es versuchen.“
Unter den wachsamen Augen von Elliott streifte Quent sich die Handschuhe ab, die er jetzt eigentlich immer trug, wenn er sich in einer ungewohnten Umgebung aufhielt. Sie schützten ihn vor dem Ansturm aus Erinnerungen, Bildern und Eindrücken, der ihn stets überfiel, wenn er etwas Fremdes berührte. Wenn er nicht geschützt war, konnte ihn die psychometrische Fähigkeit, unbelebte Objekte zu lesen, lähmen, indem sie ihn hineinsaugten – in was auch immer für schreckliche oder gewalttätige Dinge der Gegenstand miterlebt hatte. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Elliott Quent in einer Gasse gefunden, wo er zusammengebrochen war, kaum bei Bewusstsein, völlig verloren in einem Strudel von Erinnerungen, die nicht einmal seine eigenen waren.
Seither war Quent sehr viel vorsichtiger damit geworden, was er berührte, und vor allem damit, wie er Gegenstände anfasste ... aber mit diesem gespenstischen, krakenartigen Kristall vor sich, schämte er sich nicht zuzugeben, dass er für die beruhigende Präsens von Elliott dankbar war.
Nur für den Fall.
Er blickte kurz zu Elliott hoch, sah dessen ruhigen, blauen Augen und nickte ... dann sah er wieder nach unten und berührte vorsichtig das Zentrum des Kristalls mit der Fingerkuppe seines linken Zeigefingers.
Sofort spürte er einen Ansturm ... von Wasser. Das Gefühl, sich unter Wasser zu befinden, tief eingetaucht, umgeben von einem schweren, flüssigen Gewicht, das ihn niederdrückte ... das Meer? Es schwappte und brandete gegen ihn und um ihn herum, mit Wucht und unablässig, dunkel und ohne Gnade. Und kalt. Der Kristall war im Meer gewesen.
Quent stützte sich ab, entzog sich dem Sog, der ihn in die Bewusstlosigkeit hinunterziehen würde, und konzentrierte die
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