Auferstehung 2. Band (German Edition)
wieder zu seinem Gelde zu kommen.«
»Ja,« rief ein anderer, »man schindet uns, wie man will. Das ist schlimmer, als zur Zeit der verstorbenen Fräuleins!«
»Ich denke darüber wie ihr!« sagte Nechludoff, »und betrachte es als eine Sünde, Erde zu besitzen. Darum habe ich mich entschlossen, mich aller meiner Aecker zu entäußern.«
»Wenn die Sache möglich ist, so sagen wir nicht nein,« sagte der Greis mit dem langen Bart, der augenscheinlich verstanden hatte, daß Nechludoff ihnen seine Aecker verpachten wollte.
»Ja, deshalb bin ich hergekommen. Ich will von meinen Aeckern keinen Nutzen mehr ziehen. Doch wir müssen uns noch verständigen, wie ihr davon Nutzen haben könnt.«
»Du brauchst die Aecker ja nur den Bauern zu schenken!« rief der zahnlose Greis plötzlich.
Als Nechludoff das hörte, geriet er einen Augenblick in Verwirrung, denn er fühlte in diesen Worten einen Argwohn hinsichtlich der Ehrlichkeit seiner Absichten. Doch er beherrschte sich gleich wieder und erinnerte sich an seinen Entschluß, alles auszusprechen, was er zu sagen hatte.
»Ich würde gern meine Aecker fortgeben,« fuhr er fort; »aber wem und wie?«
Niemand antwortete, und Nechludoff fuhr fort:
»Hört mich an! Wenn ihr an meiner Stelle wäret, wie würdet ihr es anfangen?«
»Wie wir es anfangen würden? Das ist ganz einfach: Wir würden alles unter die Bauern verteilen,« fuhr der weißbärtige Greis fort, und alle billigten, einer nach dem andern, diese Antwort, die ihnen vollauf befriedigend erschien.
»Doch wie soll man diese Teilung vornehmen?« fragte Nechludoff. »Soll man den Knechten, die nicht bebauen, auch Land geben?«
»Nein, gewiß nicht!« erklärte der Schöngeist, doch der große Bauer mit der langen Nase war nicht seiner Meinung, sondern erklärte nach kurzer Ueberlegung:
»Man muß alles gleichmäßig unter alle verteilen!«
»Nein, das ist nicht möglich,« fuhr Nechludoff fort. »Wenn ich gleichmäßig unter alle teilte, so würden die, die nicht für sich selbst arbeiten, nicht selbst bebauen, ihren Anteil nehmen, ihn den Reichen verkaufen, und das Land würde sich wieder bei den Reichen ansammeln. Was die betrifft, die wirklich bebauen, so würde ihre Familie sich vermehren und die Aecker zerstückelt werden. Weiter würden die Reichen ihre Macht auf diejenigen ausüben, die der Erde zum Lebensunterhalt bedürfen.«
»Man muß eben verbieten, daß jemand Erde verkauft und jeden zwingen, selbst zu bebauen!« rief der Töpfer mit gierigem Blick.
Doch Nechludoff hatte diesen Einwurf vorausgesehen und erklärte, es wäre unmöglich, zu untersuchen, ob einer für eigene Rechnung oder für die eines anderen bebaue; außerdem wäre die gleiche Teilung unmöglich.
»Einer von euch würde gute Erde, der andere Lehm oder Sand bekommen, und ihr möchtet doch alle gute Erde haben.«
Nun machte der große Muschik mit der langen Nase, der klügste der sieben, den Vorschlag, alle sollten gemeinsam bebauen.
»Wer bebaut, soll seinen Anteil haben, und wer nicht bebaut, soll nichts haben«, erklärte er mit seiner klaren und entschlossenen Baßstimme.
Nechludoff erwiderte, er hätte auch daran gedacht, doch um dieses Projekt auszuführen, müßten alle dieselben Pflüge und dieselben Ackergeräte haben, und zwar müßte alles allen gemeinsam gehören; dazu müßten aber alle einig sein.
»Nie werden unsere Leute darüber einig werden,« erklärte der kleine Alte mit der brummigen Miene.
»Das würde gleich eine Prügelei geben,« sagte der weißbärtige Greis mit lachenden Augen. »Selbst die Weiber würden sich schlagen.«
»Ihr seht, die Sache ist nicht so einfach, wie sie zuerst schien!« sagte Nechludoff, »und wir sind nicht die einzigen, die darüber grübeln. Da ist ein Amerikaner, ein gewisser George. Hört, was er erfunden hat; ich denke darüber genau wie er.«
»Du bist der Herr, du kannst nach deinem Belieben schalten! Wir werden wohl auf deine Vorschläge eingehen müssen,« sagte der zahnlose Greis.
Diese Unterbrechung that Nechludoff weh, doch zu seiner großen Befriedigung entdeckte er, daß er sich nicht allein darüber kränkte.
»Verzeihung, Onkel Semen, laß ihn zuerst seine Ideen auseinandersetzen,« sagte der langnasige Bauer, der offenbar der weise Mann der Schar war, mit seiner Baßstimme.
Beruhigt begann Nechludoff, ihnen die Lehre Henry Georges zu erklären und sagte:
»Die Erde gehört niemandem; sie gehört nur Gott!«
»Ganz recht! So ist's! Das ist recht
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