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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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vor dem Krieg.
    Wie der Lift Lois aus der Hütte hinausgeht, weil er den Sessellift für den vorgeschriebenen Probelauf in Gang setzen muß, sieht er noch, wie die Pistenraupe des Wörgötter kaum gegen den Schnee ankommt. «Weißes Gold», haben sie in Zell dazu gesagt. Außer dem Lärm der Pistenraupe und des anlaufenden Sessellifts hat der Lift Lois in diesem Moment nichts gehört. Er ist ja zwei Lifte vom Dorf entfernt gewesen, er hat das Dorf nicht einmal sehen können, weil er nicht einmal 20 Meter durch den dichten Schneefall gesehen hat.
    Auch die Pistenraupe hat der Lift Lois nicht mehr gesehen, aber da schaltet der Wörgötter die acht Scheinwerfer des Rad-Trac ein, und natürlich. Auf einen Schlag der gesamte Steilhang taghell beleuchtet an diesem dunklen Morgen nach der längsten Nacht des Jahres.
    Das Paket, das sich auf einem der Liftsessel langsam nähert, kann der Lift Lois aber immer noch nicht richtig erkennen. Er hat sich natürlich gewundert, wie da etwas auf dem Sessel sein kann. Der Lift muß jeden Abend eine Kontrollrunde fahren, damit ja nichts in einem der Sessel vergessen wird. Es ist der älteste Sessellift in Zell gewesen, noch ein Einzelsessellift, nicht einmal Doppelsessel hat der gehabt. Aber solange sich der Lift Lois erinnert hat, und er ist am zweitlängsten von allen beim Lift gewesen, ist noch nie am Morgen etwas auf einem Sessel gewesen.
    «Die Rotzer!» flucht der Lift Lois, und ihm ist jetzt schon kalt gewesen in dem Schneewind, weil der jedes Jahr genau um so viel schärfer geworden ist, wie die Anoraks besser geworden sind.
    «Die Rotzer sind gestern keine Kontrollrunde gefahren!» Das sind dieselben jungen Rotzer gewesen, die im Radio immer den Negerkanal einstellen. Und je näher das riesige Bündel kommt, um so düsterer werden dem Lift Lois seine Gedanken.
    Er hat sehr gute Augen gehabt, weil er sie immer mit seiner Carrera-Sonnenbrille geschützt hat, die ihm vor Jahren das Christkind gebracht hat. Aber das Bündel ist von einer so dicken Schneedecke bedeckt gewesen, daß er immer noch nicht mit Sicherheit erkannt hat, was es war. Obwohl es nur noch ein paar Sessel von der Talstation entfernt gewesen ist. So hat es der Lift Lois dann am Abend beim
Rainerwirt
erzählt.
    «Jetzt hab ich schon erkannt, daß es keine leere Bierkiste von der Bergdisko
Neuseeland
gewesen ist, wie ich zuerst geglaubt habe. Aber dann», hat der Lift Lois am 22. beim
Rainerwirt
erzählt, und am 23. hat er es beim
Hirschen
fast im selben Wortlaut noch einmal erzählt: «Aber dann ist mir anders geworden.» Vierzig Jahre ist der Lift Lois am Lift gestanden, und unzählige schwere Unfälle sind in dieser Zeit auf den Pisten passiert. Oft hat der Hubschrauber
Martin
kommen müssen, zweimal ist jemand aus dem Sessel gefallen, und sogar Tote hat es so viele gegeben, daß sie dem Lois mit der Zeit durcheinandergekommen sind.
    Ganz zu schweigen von den Opfern des
Neuseeland,
die sich in der Dunkelheit die Pisten hinunterstürzen. Die Betrunkenen fallen in den Schnee und sind dann zu müde zum Aufstehen. Und wenn du betrunken bist, kommt dir der Schnee warm vor. Bleiben sie im warmen Schnee liegen und schlafen ein bißchen. Am nächsten Morgen kann man die Leichen dann nur mehr nach Deutschland zurückschicken.
    Aber eine Leiche in einem Liftsessel bei der morgendlichen Proberunde ist dem Lift Lois noch nicht untergekommen.
    «In Gottes Namen!» hat der Lift Lois ausgerufen.
    Jetzt mußt du wissen, daß der Lois schon seit Jahren beim Heimattheater mitgespielt hat. Das Heimattheater ist Mitte der sechziger Jahre vorn Fremdenverkehrsverein gegründet worden. Aber den Gästen ist es natürlich als ein Relikt aus der Steinzeit verkauft worden. Diesen Winter haben sie
Die Wahrheit über Moser Gudrun
gespielt. Ein Stück in drei Akten, ist auf dem Plakat gestanden, von Silvia Soll. Und bei den Darstellern ist der Lift Lois schon als dritter auf dem Plakat gestanden: «Alois Mitteregger (Lift Lois)».
    Der Lift Lois ist ein Publikumsliebling beim Heimattheater gewesen. Aber wie er beim
Rainerwirt
den Vorfall von der Talstation geschildert hat, da ist das Heimattheater nichts dagegen gewesen:
    «In Gottes Namen, habe ich ausgerufen», hat er so laut ausgerufen, daß man es im ganzen Wirtshaussaal gut verstanden hat. «Ich schalte den Lift aus, so schnell es geht, beim Not-Off. Obwohl klar ist, daß hier nichts mehr zu machen ist. Aber wenn du erschrocken bist, tust du es so schnell wie möglich. Auch wenn es

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