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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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aufwacht, ist es elf. Jetzt mußt du wissen, immer wenn der Brenner mehr als acht Stunden geschlafen hat, ist er mit Kopfschmerzen aufgewacht. Jetzt hat er aber vierzehn Stunden geschlafen. Und genau in dem Moment, wie ihm ein Arzt mit der elektrischen Handstichsäge den Schädel absägen will, wacht er auf. Natürlich gleich ins Klo gekotzt, aber das Kopfweh ist nachher nur noch heftiger gewesen. Möchte man glauben, man kann es hinauskotzen, aber nichts.
    Zuerst hat er sich nur gewundert, wieso der Wecker seit Minuten klingelt. Weil er hat ihn ja nicht gestellt gehabt. Und daß es das Telefon ist, hat er erst gemerkt, wie es aufgehört hat zu klingeln.
    Wie er dann endlich unter der Dusche steht, klingelt es wieder. Jetzt einerseits andererseits. Einerseits wird er nicht blöd sein und, nur weil das Telefon läutet, die Dusche abdrehen. Weil natürlich, was Besseres gibt es nicht, damit du deinen betonierten Nacken nicht so spürst, da gibt es nur das warme Wasser und sonst nichts. Aber andererseits, das Telefon hat haargenau dasselbe Geräusch gemacht wie die Handstichsäge von dem Doktor, also das muß mehr so eine klingelnde Handstichsäge gewesen sein.
    Jetzt wäre Kopfabschneiden natürlich das beste gewesen, das einzige, was wirklich hilft, wenn du so richtig Migräne hast. Da ist Brausen nichts dagegen, gegen Kopfabschneiden. Aber Kopfabschneiden ist die eine Sache, und das Geräusch von der Handstichsäge ist wieder ganz eine andere Sache, weil das Klingeln hat den Brenner jetzt verrückt gemacht. Und er rennt aus der Duschkabine hinaus, ohne sich abzutrocknen, und hebt die Stichsäge ab.
    «Scheiß mich an, haben Sie heute eine Stimme!» dröhnt es aus der Stichsäge.
    Aber das ist interessant. Bevor der Brenner die Stimme vorn Taxler Goggenberger überhaupt erkennt, hat er schon den Virginiagestank in der Nase. Jetzt hat der Brenner natürlich geglaubt, gleich wieder kotzen, aber er hat dann doch gesagt:
    «Hm.»
    «Sie!»
    «Hm?» sagt der Brenner, weil der hat immer noch ein Problem mit seiner Stimme gehabt.
    «Da hab ich doch gestern gleich sechs Fuhren zum Friedhof gehabt, hab ich gestern. Scheiß mich an, sechsmal Friedhof an einem Tag. Aber da haben sie doch den Lorenz eingegraben, oder nicht?»
    «Mm», sagt der Brenner.
    «Ich frag nur, weil ich nicht dort gewesen bin. Ich hab nämlich wollen, aber scheiß mich an, zweiteilen kann ich mich nicht. Ich übernehm eine Fuhr zum Begräbnis, da denk ich mir noch, das ist günstig, da bleibst du dann gleich dort und gehst selber auch hin. Aber bei der Hinfahrt kommt schon der Funk, noch eine Fuhr und noch eine Fuhr und noch eine Fuhr und noch eine Fuhr und noch eine Fuhr und noch eine Fuhr.»
    «Hm», wirft der Brenner ein, wie wenn er sagen will, das sind aber jetzt schon sieben Fuhren.
    «Deshalb bin ich nicht dort gewesen. Heute hab ich mir freigenommen, weil ich bin ja mein eigener Herr. Fahr ich nach Kaprun hinüber, zum
Seewirt.
Gulasch essen.»
    «Hm!» Gulasch essen! Da hat sich natürlich sofort der Brechreiz wieder gerührt beim Brenner.
    «Die Wirtin ist eine gute Bekannte. Weil ich fahr ja einmal die Woche mindestens hinüber Gulasch essen.»
    Der Brenner hat schon auflegen wollen, weil das Telefonkabel ist nicht lang genug gewesen, sagen wir, daß er gleichzeitig telefonieren und ins Klo kotzen kann. Aber da hört er noch, wie der Taxler sagt:
    «Ich frag die Wirtin: Scheiß mich an, wieso bist du denn heute so blaß wie ein gekotztes Grießkoch?»
    «Hm.»
    «Da sagt die Wirtin, weil ich im Zimmer einen Toten liegen hab. Was für einen Toten, frag ich die Wirtin, aber sie kennt ihn nicht. Ich soll ihn mir einmal anschauen, sagt sie. Scheiß mich an, was glaubst du, wer der Tote dann gewesen ist?»
    «Hm?»
    «Ja, ob du’s jetzt glaubst oder nicht, der Lorenz!»
    «Scheiß mich an.»
    Das ist dem Brenner sein erstes richtiges Wort an dem Tag gewesen. Jetzt mußt du wissen, gegen die Migräne hat der Tabletten gehabt, die sind so stark gewesen, also richtige Bomber. Daß es ihm normalerweise von einer einzigen schon den Magen umgedreht hat. Aber jetzt hat er gleich drei aus der Packung genommen und sie ohne Wasser hinuntergeschluckt.
    Dann hat er sich angezogen und ist zum Lift gegangen. Wie er das Wort «Lift» über dem Lift gelesen hat, sind ihm die Toten im Lift eingefallen. Das ist zwar ein Schilift gewesen, aber wie soll ich sagen. Der Brenner hat jetzt jedenfalls die Stiege genommen, schön langsam Stufe für Stufe, daß du geglaubt

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