Aufgebügelt: Roman (German Edition)
antworten, drücke ich ihm einen Kuss auf die Wange. Was passiert da gerade mit uns?
»Ich vermisse dich!«, kommt es da von Christoph.
»Aber was ist mit Sarah Marie?«, bin ich nun doch verwundert. Eben noch wollten sie zusammenziehen, und jetzt vermisst er mich?
»Ich weiß es nicht, Andrea. Ich weiß im Moment gar nichts. Ich habe Sarah Marie gern, aber das geht alles so schnell, und manchmal geht es mir zu schnell.«
Da haben wir was gemeinsam, denke ich. Ich weiß auch gar nicht, was ich im Moment will. Jetzt, eben und hier, fühlt es sich so an, als würden wir einfach zueinander gehören. Aber wenn ich nur fünf Minuten nachdenke, würden mir sicherlich massenweise Gründe einfallen, warum wir eben nicht mehr zusammen sind.
»Ich weiß auch nicht genau, was ich will! Aber ich weiß, dass das, was wir in den letzten Jahren hatten, nicht das ist, was ich will«, antworte ich.
Wir sind an meinem Auto angekommen.
»Wir sehen uns gleich zu Hause«, verabschiede ich meinen Ex.
Das war eine merkwürdige Begegnung. Ist das ein Schritt in Richtung Versöhnung? Oder haben die Umstände, meine kranke Mama, uns sentimental gestimmt?
Rudi ist ganz aufgeregt, als wir zu Hause ankommen.
»Ei, geht’s deinä Muddi besser?«, fragt er.
Ich erzähle ihm alles, und er ist ein wenig beruhigt.
»Was hier alles los war!«, beginnt er, mir ein Update der häuslichen Situation zu geben.
»Die klaa Maus is fast dörschgedreht weschen dem Handy. Un de Gustav Johannes war hier, un sie hat vielleischt rumgeschrie, un dann is er wutentbrannt aus em Haus gestörmt. Un mit de Irene …«
Er kann nicht weiterreden, denn da steht die »klaa Maus« auch schon vor uns. Sie sieht allerdings weniger wie eine kleine Maus, sondern wie eine Furie aus und verhält sich auch so.
»Sag mal, geht’s noch? Du haust mit meinem Handy ab und lässt mich hier abgeschnitten von allem sitzen?«, begrüßt sie mich.
»Hallo, Mama. Schön, dass du wieder da bist!«, mache ich ihr einen Alternativvorschlag.
»Hallo«, knurrt sie.
»Das war doch keine Absicht, und für mich war es mindestens genauso blöd wie für dich!«, gebe ich ihr zu bedenken.
»Wo ist es!«, faucht sie nur.
Ich krame das Handy raus und verlange im Tausch meins zurück.
»Ich will gar nichts zu den komischen SMSen sagen, die du da bekommen hast!«, bemerkt sie, während sie ihr Handy schnappt.
»Danke, dass du meine Privatsphäre respektiert hast!«, antworte ich spitz, ohne näher auf die Nachrichten einzugehen.
Soll sie doch denken, was sie will.
»Seit wann gibt es in dieser Familie Privatsphäre?«, kontert sie.
»Ich jedenfalls habe nicht in deinem Handy rumgeschnüffelt!«, werde ich nun langsam auch sauer.
»Und wer ist bitte schön Paul, und wieso warst du gar nicht beim Wellness?«, geht die Fragerei in anklagendem Ton weiter.
Ich verbitte mir sowohl den Ton als auch die Fragen.
Dann fällt Claudias Blick auf meine Tasche und sie kreischt.
»Seit wann hast du eine Birkin Bag? Das ist ja wohl der Hammer! Kann ich die mal für die Schule nehmen?«
Ihr Tonfall ist gleich um einige Nuancen freundlicher. Mit einer 720-Euro-Tasche in die Schule! Ha, das ist ja der Witz der Woche.
»Ich denke eher nicht«, mildere ich die Antwort ab. Ich hätte auch sagen können: Spinnst du eigentlich komplett!
»Eine ganz ähnliche hat die Mutter vom Gustav – in Beige. Aber deine ist noch geiler!«, begeistert sie sich. Meine Tochter scheint sich in Taschenfragen besser auszukennen als ich.
»Ich will jetzt erst mal auspacken, und dann sehen wir weiter!«, entscheide ich.
Christoph, mittlerweile auch angekommen, will wissen, ob wir ihn heute noch brauchen. Ich schüttle den Kopf.
»Nein, alles gut. Rudi ist da, und ich bin ja auch da. Geh ruhig!«
»Sehen wir uns morgen Abend? Auf einen Wein?«, kommt es noch zögerlich von ihm.
»Ja, ich rufe dich an. Ich muss noch ein bisschen planen, aber ich denke, das klappt. Bis morgen!«, verabschiede ich meinen Noch-Ehemann. Was für ein Wochenende! Ich brauche dringend eine halbe Stunde nur für mich.
Rudi sitzt mit Mark und seiner Irene beim Kaffee im Wohnzimmer. Ich drücke meinem Sohn einen dicken Schmatzer auf die Wange.
»Schön, dich zu sehen!«, sage ich, und zu meinem Erstaunen küsst er mich ebenfalls.
»Hallo, Mama! Gut, dass es der Oma bessergeht!«, sagt er nur.
Keine Vorwürfe und keine Fragen. Vielleicht auch nur kein Interesse?
»Hattest du ein schönes Wochenende?«, fragt Irene höflich.
»Tja«,
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