Aufgebügelt: Roman (German Edition)
sich definitiv sparen können.
Zollkontrolle ist das eine, persönliche Demütigung das andere.
»Danke für das Kompliment!«, kann ich mir deshalb auch nicht verkneifen.
»Ich habe Ihren Pass und sehe, wie alt Sie sind«, kontert er.
Stimmt, das hatte ich nicht bedacht.
»Wie lange dauert es denn, bis Ihre Kollegin hier ist? Ich will nicht drängeln, oder nur ein bisschen – aber wie schon erwähnt, liegt meine Mutter im Krankenhaus und wartet auf mich!«
»Es dauert so lange, wie es eben dauert!«, stellt er nur fest.
Ich sehe auf meine Uhr. Seit gut zwanzig Minuten werde ich hier festgehalten. Wie eine Schwerverbrecherin! In mir rebelliert es. Gäbe es nicht Wichtigeres für die Herren zu tun? Müssten die sich nicht eher um Drogenschmuggler kümmern? Darum, dass der Nachschub für meinen Sohn knapp wird? Stattdessen machen die ein riesiges Gewese um eine Handtasche. Lächerlich. Ich würde genau das sehr gerne sagen, bin aber vernünftig genug, es zu lassen.
»Da kommen sie! Amy, ja hallo!«, begrüßt der Zollbeamte die »Kollegin«.
Eine sehr haarige Kollegin. Amy ist ein Schäferhund, der den Beamten ignoriert, sich stattdessen voller Begeisterung auf meine Tasche stürzt. Nicht ansabbern oder reinbeißen, will ich schreien. Gleich schneiden die mir noch das Futter aus der Tasche, weil die denken, ich sei eine Drogenschmugglerin.
»Ist der Hund ein Drogensuchhund?«, frage ich entsetzt.
Hoffentlich ist da nichts in meiner Tasche. Man hört ja immer wieder Geschichten von Schmugglern, die gar nicht wussten, dass sie Drogen geschmuggelt haben, und als Kuriere missbraucht wurden. Hat mich der kleine, schmierige, fiese Hakan ausgetrickst.
»Ich kann auf keinen Fall was dafür!«, entscheide ich mich, jetzt doch besser mal die Wahrheit zu sagen.
»Ich habe die Tasche auf einem Basar gekauft, in Istanbul, und wenn da Drogen drin sind, dann ohne mein Wissen. Da waren Hakan und dieser Ahmed. Die haben mich reingelegt. Hakan hat gleich keinen guten Eindruck auf mich gemacht. Ich habe mit Drogen nichts am Hut!«, beteure ich.
»Die Tasche ist also nicht von Ihrem Ex, sondern neu und vom Basar?«, sagt der Beamte nur.
»Ja, schon, aber wie gesagt, Drogen und so sind gar nicht meins. Ich hasse Drogen!«, füge ich mit Inbrunst hinzu.
Ich sehe doch nicht aus wie ein Drogenkurier.
»Was haben Sie für die Tasche bezahlt?«, will der Beamte dann wissen.
Ich entschließe mich, die Wahrheit zu sagen: »Fünfhundertfünfundsiebzig Euro! Da denkt man doch nicht, dass die einem zum Dank auch noch Drogen unterjubeln!«, antworte ich.
Ich gehe doch nicht für Hakan in den Knast.
»Wieso Drogen? Ich meine, es ist schön, aber auch eigentlich nicht weiter erwähnenswert, dass Sie nichts mit Drogen zu tun haben – Amy ist kein Drogensuchhund, Amy ist auf Echsen abgerichtet. Exotische Tiere. Und so, wie sie hier reagiert, ist klar: Das ist eine echte Pythontasche! Und das ist verboten. Die Einfuhr von Waren im Wert von über vierhundertdreißig Euro ist übrigens auch verboten. Da wird einiges fällig!«
So ein Mist. Jetzt habe ich mich mit meiner Ehrlichkeit selbst ans Messer geliefert. So blöd muss man auch erst mal sein.
»Das wird Sie einiges kosten, nicht nur die Tasche!«, konstatiert der Zollbeamte. Amy darf wieder gehen und bekommt ein Leckerchen.
»Aber ich wusste das nicht – weder das mit dem Geld, noch dass das echte Schlange ist! Ehrlich nicht! Sonst hätte ich das nicht gemacht«, werfe ich mich jetzt verbal in den Staub. »Das ist doch kein Schwerverbrechen, dafür können Sie mir doch nicht die Tasche wegnehmen!«, bettle ich.
»Ich zahle die Strafe, aber eigentlich ist es voll gemein!«, versuche ich eine neue Taktik.
»Herr Grenzer, was ist denn hier das Problem?«, fragt da eine Stimme hinter mir.
Ich drehe mich um und bin überrascht. Mister Crocs. Der Grillmeister steht vor mir. Allerdings erkenne ich ihn erst auf den zweiten Blick. Er trägt Anzug und sieht ziemlich seriös aus, an den Füßen keine Crocs.
»Frau Schnidt, Andrea! Na, das ist ja eine Überraschung!«, begrüßt er mich.
Ja, das ist definitiv eine Überraschung, allerdings eher eine peinliche Überraschung für mich. Was soll dieser Mann von mir denken? Der Sohn – ein kotzender Kiffer, die Mutter – eine kriminelle Schmugglerin, dagegen sind seine Crocs ja eine Lappalie. Ich laufe schon wieder knallrot an.
»Ach, hallo! Hallo, Paul! Ich habe ein kleines Problem mit meiner neuen Tasche«, versuche ich eine
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