Aufgedirndlt
Auge behielten. Jetzt stand das Mädchen vor dem jungen Mann und sah ihn erwartungsvoll an: »Und?«
»Ist das hier der Zonenhof?«
Sie nickte.
Er konnte sie jetzt in ihrer ganzen Gestalt betrachten, und was er sah, war äußerst appetitanregend.
»Und was nun?«, fragte die junge Frau in einem Ton, der jetzt, da sie ihn aus der Nähe betrachten konnte, schon etwas interessierter klang.
Der junge Mann zögerte. »Schön hier«, sagte er nur und ließ seinen Blick über die etwas heruntergekommenen Gebäude des Gutshofs, den großen Baum und das Gemüsebeet sowie die dahinter liegenden Felder schweifen. »Ich bin sozusagen auf der Suche«, sagte er.
»Sind wir das nicht alle?« Ein Lächeln huschte über ihr braun gebranntes Gesicht. Merkwürdigerweise empfand sie seinen Satz als gar nicht platt.
»Ich suche nach einer neuen Lebensform«, ergänzte er.
Das Mädchen schaute ihn mit klaren blauen Augen an: »Und …?«, fragte sie, und ihr Blick und ihre Handbewegung machten deutlich, dass er nun doch allmählich zur Sache kommen sollte.
Er begriff sofort und meinte daher mit plötzlicher Direktheit: »Ich bin Felix. Kann ich bei euch bleiben? Ich würde natürlich auch mithelfen, auf dem Hof und so.«
»Du weißt, was das hier ist, oder?«, fragte das Mädchen jetzt zurück.
»Ja, ich habe von eurem Projekt im Netz gelesen. Ihr seid so ’ne Art Kommune. Ihr versucht, euch selbst zu versorgen. Salat, Gemüse und so …«, er deutete zu dem Beet hinüber. »Ihr lebt aber auch von Mediendienstleistungen. Stimmt doch, oder?«
Das Mädchen nickte: »Webdesign, Grafik, Kommunikationsdesign, so Werbekram eben.« Es klang ein bisschen abwertend.
»Ich bin ziemlich fit im Programmieren«, sagte der junge Mann, jetzt mutiger. »Aber ich würde auch total gerne in der Natur arbeiten. Biologisch und so.«
»Biologisch und so«, wiederholte sie seine Worte, mit einem nur ganz klein wenig spöttischen Unterton. Die Gänse hatten sich wieder genähert, zerrten nun aber an dem karierten Hemd, das ihr aus der Hose hing. Mit einer sanften Handbewegung stupste sie die Tiere weg. Dazu brauchte sie gar nicht hinzusehen.
»Was geht ab, Madleen? Was soll das Gequatsche? Wir müssen heute noch die ganzen Pflanzen schaffen!«, rief jetzt eine der anderen jungen Arbeiterinnen aus dem Gemüsebeet.
»Ich komme gleich«, antwortete das Mädchen. Sie klopfte sich kurz die Erde von den Händen und hielt ihm die Hand hin: »Madleen.«
»Felix«, antwortete er und schlug ein.
»Hast du, glaube ich, schon gesagt«, sagte sie mit einem charmanten Lächeln.
»Soll ich mithelfen?«, fragte er.
Sie nickte nur, und er stellte seinen Rucksack neben das Beet, woraufhin sich die Gänse sofort darauf stürzten und ihn einer akribischen Untersuchung unterzogen. Doch das sah Felix schon nicht mehr, er stand bereits mit Madleen im Gemüsebeet.
Felix hatte den jungen Frauen vom Zonenhof in Sachsen den ganzen Nachmittag beim Einpflanzen junger Salatsetzlinge geholfen. Genau so hatte er sich sein neues Leben vorgestellt.
Wenn es sich irgendwie einrichten ließ, hatte Felix in Madleens Nähe gearbeitet, ihr Körpergeruch faszinierte ihn. Madleen duftete wie eine Frühlingsblume. Aber auch sie suchte immer wieder seinen Blick. Felix fühlte sich wie durch ein unsichtbares Band mit der jungen Frau verbunden. Im Laufe des Nachmittags kamen und gingen weitere Frauen, die offensichtlich alle auf den umliegenden Feldern arbeiteten. Als der helle Farbton der Sonne sich in ein warmes Rot verwandelte und es allmählich kühler wurde, setzten Felix, Madleen und die anderen die letzten Salatpflanzen ein. Dann half Felix noch dabei, die Gerätschaften in die Scheune zu räumen, bevor die Salatsetzer zum Haupthaus des Gutshofs gingen. Die Mädchen zogen ihre Gummistiefel aus, Felix stellte seine nun ziemlich verdreckten Turnschuhe daneben, und in Socken begab man sich in die Küche, in der es bereits nach Tomatensoße und frischen Kräutern roch. Drei junge Frauen kochten in einem riesigen Topf Spaghetti. Erst jetzt fiel Felix auf, dass er den ganzen Tag über keinen einzigen Mann gesehen hatte.
Während er Madleen half, die lange Tafel in dem großen Saal zu decken, der den Mädchen vom Zonenhof als Esszimmer diente, dachte er darüber nach, was es mit dem Männervakuum auf sich haben konnte. War das hier eine Lesbenkommune? Auf dem Weg von der Küche zum Speisesaal kam er an der offenen Tür zu einem Büro vorbei, in dem drei Frauen an Computern saßen
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