Aufgeflogen - Roman
sie? Sie hat ihm so vieles nicht gesagt.
Es spielt keine Rolle: Auch wenn sie mit Krögers Tod zu tun hat, es ändert nichts an seinen Gefühlen für sie. Er liebt sie, er will für sie da sein. Deswegen muss er hier raus.
»Okay, ich sage alles, was ich weiß.«
Christoph sagt nur fast alles. Und ein paar falsche Angaben sind auch dabei. Dennoch fühlt er sich wie ein Verräter.
Er erzählt, seit wann er Isabel kennt. Seit wann sie ein Paar sind. Wann er gemerkt hat, dass sie keine Papiere hat. Dass er es seinen Eltern verschwiegen hat. Das meiste davon hat er schon bei der ersten Vernehmung gesagt.
Er gibt an, von Krögers Übergriffen nichts gewusst zu haben. Was ja auch stimmt.
Er schildert Isabels Anruf mitten in der Nacht.
Behauptet, er habe die beiden vor einer Schrebergartensiedlung im Wedding abgesetzt. Weit weg von der Gegend östlich von Köpenick, wo er sie wirklich hingebracht hat. Dort hätten sie sich allein so lange herumgetrieben, bis sie unter irgendeiner Fußmatte oder in einer Regenrinne einen Schlüssel fanden und in eines der Häuschen kamen.
Er wisse nicht genau, wie lange sie dort waren. Denn er sei ja in sein normales Leben zurückgekehrt. Irgendwann kam ein Anruf von Eugenia, Isabel sei verschwunden. Er habe sie gesucht und in der Näheihres Hauses in der Wrangelstraße gesehen. Dann habe er sie zur Rede gestellt und dabei sei er ja auch festgenommen worden.
»Wir haben einen Hinweis bekommen«, sagt der eine Beamte plötzlich, der gerade eben noch telefoniert hatte. »Von einem Mann, der in der Nähe von Erkner ein kleines Ferienhäuschen bewohnt.«
Christoph kann nicht verhindern, dass ihm das Blut in den Kopf schießt.
»Er denkt, in seiner Nachbarschaft habe sich seit einigen Tagen jemand eingenistet, der dort nicht hingehört. Weil die Besitzer des Hauses in Urlaub sind.«
Der Vater sieht ihn unverwandt an. Selbst wenn Christophs Verhalten unauffällig geblieben wäre, sein Dad verrät ihn in derselben Sekunde.
»Du hast …«
»Haben Sie ein Häuschen dort, Herr …«
»Nein.«
Die Beamten haben schnell reagiert, aber auch die Antwort kommt prompt.
»Es ist bereits eine Streife unterwegs«, sagt der Beamte und lächelt, denn er weiß, dass er gewonnen hat.
»Möchtest du uns jetzt noch was sagen?«
Pause. Aufmunternder Blick des Vaters.
Er schweigt. Was soll er noch sagen? Sie haben Eugenia. Und Isabel ist verschwunden. Wie lange wird sie durchhalten?
19. Kapitel
Alte Autos stapeln sich, zum Teil ausgeweidet, zum Teil warten sie noch auf die Entnahme ihrer Innereien. Draußen vor dem Gelände steht auf einem Schild: »An- und Verkauf von Autos. Bargeld – sofort.« In Wirklichkeit sieht der Laden in Neukölln eher aus wie ein Schrottplatz, nicht wie ein Autohandel.
Isabel sitzt mit Adamu in einem dieser alten Autos auf den versifften Polstern, der Mann aus Uganda auf der Fahrerseite, sie als Beifahrerin. Es ist eines der besser erhaltenen Exemplare. Sie sind geschützt durch die Berge von Schrott um sie herum, keiner wird sie hier suchen. Isabel isst das Brot, das Adamu ihr reicht, sie trinkt aus seiner Wasserflasche.
»Du bist sicher, dass niemand kommt?«
Adamu schüttelt den Kopf.
»Ich wohne schon seit vier Tagen hier und es war noch niemand da.«
Isabel sieht ihn fragend an, Adamu lächelt, aber er sieht dabei traurig aus.
»Zu viel Polizei im Haus – und ich habe auch keine Papiere. Da bleibe ich doch lieber über Nacht an meinemArbeitsplatz. Aber ab morgen kann ich bei einem Freund schlafen.«
Es wird bereits dunkel. Isabel ist müde und ihr ist kalt.
»Kann ich auch hierbleiben?«
Adamu sieht sie zweifelnd an.
»Hier leben viele Tiere, nicht alle sind niedlich.«
Isabel kann sich vorstellen, wovon er spricht. Sie sieht sich um, die kaputten Autos, der Müll einer reichen Gesellschaft.
»Den Job in der Bergmannstraße bist du wahrscheinlich meinetwegen los.«
Adamu seufzt. Isabel kann sich denken, warum. Natürlich war es besser in der Küche des Restaurants, wo sie beide gearbeitet haben. Aber vermutlich bekam Adamu Probleme, als sie von einem Tag auf den anderen nicht mehr dort erschien, weil sie nach Krögers Tod auf der Flucht war. Isabel wusste, wie das lief. Der Besitzer des Lokals fürchtete, dass bald die Polizei auftauchen würde. Er wollte sich selbst schützen, also musste Adamu verschwinden und das Restaurant eine Weile ohne Illegale auskommen. Hoffentlich hat Adamu wenigstens noch sein Geld bekommen, denkt
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