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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Saint-George hatte Freitagabend einen bösen Autounfall und liegt im Krankenhaus. Haben Sie das nicht in der Zeitung gelesen?»
    «Nein, das muß ich übersehen haben. Ist er schwerverletzt?»
    «Die Schulter ausgerenkt und ein paar böse Platzwunden am Kopf, soviel ich gehört habe», sagte der Pförtner mit Bedauern in der Stimme, aber er genoß doch sichtlich seine Rolle als Unglücksbote. «Er war vierundzwanzig Stunden bewußtlos; aber wie man hört, soll er auf dem Wege der Besserung sein. Der Herzog und die Herzogin sind schon wieder abgereist.»
    «Du meine Güte!» sagte Harriet. «Das tut mir aber leid. Ich gehe am besten mal hin und sehe, wie es ihm geht. Wissen Sie, ob er schon Besuch empfangen darf?»
    Der Pförtner begutachtete sie mit väterlichem Blick, der sagen sollte, daß die Antwort «Nein» lauten würde, wenn sie eine Studentin wäre.
    «Ich glaube, Miss», sagte der Pförtner, «daß Mr. Danvers und Lord Warboys heute morgen die Erlaubnis hatten, Seine Lordschaft zu besuchen. Mehr weiß ich nicht. Entschuldigen Sie – da geht Mr. Danvers gerade über den Hof. Ich werde mich vergewissern.»
    Er kam aus seinem Glaskasten und setzte Mr. Danvers nach, der sofort zur Pförtnerloge gelaufen kam.
    «Ach», sagte Mr. Danvers, «sind Sie Miss Vane? Sie sind dem armen Saint-George nämlich vorhin erst wieder eingefallen. Es tut ihm schrecklich leid, und ich sollte Sie abfangen und Ihnen ein Essen spendieren. Nein, keine Umstände, es ist mir ein großes Vergnügen. Wir hätten Ihnen Bescheid geben sollen, aber er war einfach weg, der arme Kerl. Und dann das Theater mit der Familie – kennen Sie die Herzogin? – Nein? – Aha! Nun, jedenfalls ist sie heute morgen wieder abgereist, und dann durfte ich mal hingehen und habe mir meine Instruktionen geholt. Er läßt sich tausendmal entschuldigen und so.»
    «Wie ist denn das passiert?»
    «Mit einem Rennwagen, unter Gefährdung der Öffentlichkeit», meinte Mr. Danvers mit verlegener Miene. «Er wollte es noch schaffen, bevor hier das Tor zugemacht wird. Es war keine Polizei da, als es passierte, daher wissen wir nicht genau, wie es zugegangen ist. Zum Glück ist niemand umgekommen. Offenbar hat Saint-George einen Telegrafenmast mitgenommen, ist kopfüber aus dem Wagen geflogen und auf der Schulter gelandet. Zum Glück hatte er die Windschutzscheibe runtergeklappt, sonst wäre wohl von seinem Gesicht nicht mehr viel übrig. Der Wagen ist nur noch Schrott, und ich verstehe nicht, daß er es nicht auch ist. Aber diese Wimseys haben ja neun Leben, wie die Katzen. Kommen Sie bitte herein? Hier ist meine Wohnung. Hoffentlich mögen Sie die üblichen Lammkoteletts – ich hatte keine Zeit mehr, mir etwas Besonderes einfallen zu lassen. Aber ich habe den ausdrücklichen Auftrag, Saint-Georges 1923er Niersteiner aufzutreiben und im Zusammenhang damit Onkel Peter zu erwähnen. Kann das stimmen? Ich weiß nicht, ob Onkel Peter den gekauft oder ihm empfohlen oder nur gern getrunken hat, oder was er sonst damit zu tun haben soll, auf jeden Fall sollte ich bei der Gelegenheit seinen Namen fallen lassen.»
    Harriet lachte. «Wenn er daran schon wieder denken kann, ist er auf dem Wege der Besserung.»
    Der Niersteiner war ausgezeichnet; Harriet genoß ihr Mahl ohne Gewissensbisse und fand in Mr. Danvers einen angenehmen Gesellschafter.
    «Und gehen Sie unsern Patienten bitte mal besuchen», sagte Mr. Danvers, als er sie schließlich zum Tor geleitete. «Er kann ohne weiteres Besuch empfangen und wird sich maßlos darüber freuen. Er liegt auf Privatstation, so daß Sie jederzeit hinkönnen.»
    «Ich gehe sofort», sagte Harriet.
    «O ja, tun Sie das», sagte Mr. Danvers. «Was gibt’s?» fragte er den Pförtner, der mit einem Brief in der Hand aus seiner Loge kam. «Oh, für Saint-George. Gut. Ja. Ich nehme an, die Dame kann ihn mitnehmen, wenn sie jetzt hingeht. Wenn nicht, kann er auf den Boten warten.»
    Harriet warf einen Blick auf die Adresse: Vicomte Saint-George, Christ Church College, Oxford, Inghilterra. Auch ohne die italienische Briefmarke hätte es keinen Zweifel gegeben, woher das kam. «Ich nehme ihn mit», sagte sie. «Er könnte wichtig sein.»
     
    Lord Saint-George, den rechten Arm in einer Schlinge, die Stirn und ein Auge unter dicken Verbänden, das andere Auge blau und geschwollen, begrüßte sie überschwenglich und entschuldigte sich wortreich.
    «Hoffentlich hat Danvers sich ordentlich um Sie gekümmert. Es ist furchtbar lieb von Ihnen,

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