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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ein, gerade jetzt nach Rom abzuschwirren, wenn man ihn hier braucht? Er weiß, daß ich keinen faulen Scheck ausgestellt hätte, wenn ich irgendwo an Geld hätte kommen können. Aber wenn er nicht da ist, kann ich ihn auch nicht darum angehen. Na schön, lesen Sie weiter. Hören wir uns auch das Schlimmste noch an.»
     
    «Ich bin mir durchaus bewußt, daß Dein vorzeitiges Ableben mich zum vorläufigen Anwärter auf den Titel machen würde–»
     
    «Vorläufig? Ach so, verstehe … meine Mutter könnte das Zeitliche segnen und mein Vater wieder heiraten. So ein berechnendes Biest!»
    «– und nicht nur auf den Titel, sondern auch auf den Familiensitz. Mag ein solches Erbe auch noch so viele Ungelegenheiten bringen, so darf ich mit Deiner gütigen Erlaubnis doch sagen, daß ich vielleicht ein ehrlicherer Verwalter desselben wäre als du.»
     
    «Autsch, das sitzt», meinte der Vicomte. «Wenn ihn das schon nicht mehr schreckt, ist alles aus.»
     
    «Du erinnerst mich daran, daß Du mit Erreichen der Volljährigkeit im nächsten Juli einen höheren Monatswechsel bekommen wirst. Da sich jedoch die Summe, die Du mir genannt hast, selbst unter Zugrundelegung dieser höheren Bezüge bereits auf ein Jahreseinkommen beläuft, scheint mir Deine Hoffnung, binnen eines halben Jahres Deine Schulden begleichen zu können, in weiter Ferne zu liegen; auch weiß ich nicht, wovon Du leben willst, wenn Deine Mittel schon in einem solchen Ausmaß festgelegt sind. Des weiteren nehme ich nicht einen Augenblick an, daß die genannte Summe Deine Verbindlichkeiten in ihrer vollen Höhe wiedergibt.»
     
    «Wenn der Kerl nur nicht so ein Gedankenleser wäre!» grollte Seine Lordschaft. «Natürlich hat er recht. Aber woher weiß er das?»
     
    «Unter den gegebenen Umständen muß ich es ablehnen, Dir eine Wechselbürgschaft zu geben oder Geld zu leihen.»
     
    «Na, das war deutlich. Warum schreibt er das nicht gleich?»
     
    «Da Du jedoch Deinen Namen unter einen Scheck gesetzt hast und dieser Name nicht entehrt werden darf, habe ich meine Bank angewiesen –»
     
    «Na also, das klingt schon besser! Lieber guter Onkel Peter! Mit der Familienehre kann man ihn immer rumkriegen.»
     
    «– meine Bank angewiesen, dafür zu sorgen, daß Deine Schecks honoriert werden –»
     
    «Scheck oder Schecks?»
    «Schecks, Mehrzahl. Ganz deutlich.»
     
    «– Deine Schecks honoriert werden, und zwar ab sofort bis zu meiner Rückkehr nach England, wenn ich Dich aufsuchen werde. Das wird wahrscheinlich vor Ablauf des Sommertrimesters sein. Ich bitte Dich, dafür Sorge zu tragen, daß Deine Verbindlichkeiten bis dahin geregelt sind, einschließlich Deiner Außenstände in Oxford sowie Deiner Verpflichtungen gegenüber den Kindern Israels.»
     
    «Der erste Funke von Menschlichkeit», sagte der Vicomte.
     
    «Darf ich Dir darüber hinaus einen Rat geben? Laß Dir gesagt sein, daß die professionellen Amateure besonders habgierig sind. Dies trifft sowohl für Frauen wie für Kartenspieler zu. Wenn Du auf ein Pferd setzen mußt, tu es zu einem vernünftigen Preis und sichere Dich ab. Und wenn Du Dir unbedingt eine Kugel durch den Kopf jagen willst, tu es bitte irgendwo, wo Du niemandem Scherereien damit machst.
    Dein Dir gewogener Onkel
    Peter Death Bredon Wimsey»
     
    «Puh!» machte Lord Saint-George. «Da hat er’s mir aber gegeben. Immerhin entdecke ich im letzten Absatz gewisse Anzeichen von Menschlichkeit. Ansonsten ist das wohl das schmerzhafteste Pflaster, das man einem Kranken je auf die Wunden gelegt hat. Was halten Sie denn davon?»
    Harriet gab ihm im stillen recht, daß dies kein Brief war, den sie selbst gern erhalten würde. Es war alles darin enthalten, was sie an Peter am wenigsten leiden konnte: die herablassende Überlegenheit, die Arroganz seines Standes und eine Großzügigkeit, die wie ein Schlag ins Gesicht war. Aber – «Er gibt Ihnen weit mehr, als Sie verlangt haben», sagte sie.
    «Wenn ich es richtig sehe, könnte doch jetzt nichts Sie daran hindern, einen Scheck über fünfzigtausend Pfund auszustellen und das Geld zu verjubeln.»
    «Das ist ja das Teuflische daran. Jetzt hat er mich beim Genick. Er vertraut mir seinen gesamten Krempel an. Ich hatte gedacht, er wird mir anbieten, meine Schulden zu bezahlen, aber jetzt überläßt er das mir selbst und verlangt nicht einmal Rechenschaft. Das heißt, jetzt muß es sein. Ich wüßte nicht, wie ich drumherum käme. Das ist die raffinierteste Art, einem Menschen

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