Aufs Spiel gesetzt (German Edition)
fragte, wie er sich in der Schule machte.
Er fühlte, wie ihm unter seinem weiten T-Shirt-Kragen der Schweiß ausbrach.
“Ich schlafe viel”, murmelte er. Na ja, die Schule war sauber, sie war sicher, es gab keine lauten Geräusche, niemand hatte Sex oder zog sich Drogen rein – wie sollte er da nicht schlafen?
„Du kannst doch nicht im Unterricht schlafen!“, sagte Chris mit so viel unterdrückter Inbrunst, dass Xander rot wurde und sich einen schnellen Tod unter dem abgenutzten, bequemen Sofa wünschte. „Wenn du im Unterricht schläfst, wie willst du dann jemals ins Team kommen?“
„Das Team?“, fragte Xander verblüfft.
„Klar! Das Basketball-Team! In einem Monat fängt die Saison an. Du kannst trotzdem jetzt noch ein Probetraining machen, aber du musst gute Noten haben!“
Xander sah ihn hilflos an. „Du denkst, ich könnte es ins Team schaffen?“ Oh Gott. Er liebte Basketball – sehr. Er schlich sich in Sport-Bars oder Restaurants mit Fernseher, nur um sich die Spiele anzusehen. An Spieltagen ging er 3 Meilen und drückte sich im Schatten der Arco Arena herum, nur um Vlade Divac und Peja Stojakovic zum Hintereingang reingehen zu sehen. Aber im Unterricht wach bleiben? Herrgott ...
Doch dann sah er in Chris´ erwartungsvolles, verheißungsvolles, aufgeregtes Gesicht.
Nein, nicht Gott. Christian. Er würde es für Christian tun.
„Ich rede mit meinen Lehrern“, sagte er mit trockenem Mund, obwohl er sich nicht sicher war, ob er sich überhaupt an ihre Namen erinnerte. „Ich mache es gleich morgen. Vielleicht kann ich das wieder hinbiegen.“
Vielleicht kann ich Berge versetzen, die Farbe des Himmels ändern oder die Erdachse verschieben, nur um Basketball zu spielen, nur damit du mich so ansiehst, als könnte ich alles. Nur um dich nicht zu enttäuschen.
Nach dem Abendessen half er beim Abräumen.. Sogar er konnte sehen, dass diese netten Leute bald ins Bett gehen wollten. Also erzählte er seine erste Lüge, nämlich die, dass er heimgehen würde, um zu schlafen. Aber bevor er sich seinen Basketball sicher unter den Arm klemmte und ging, sagte er noch zu Chris, dass sie sich morgen an der Kreuzung treffen würden, damit sie gemeinsam zur Schule gehen konnten.
Er ging sogar wirklich nach Hause. Seine Mutter und Wer-auch-immer lagen ausgestreckt auf der Couch, high und bewusstlos. So hatte er Zeit, sie zu betrachten und darüber nachzudenken, dass er gerade eben eine funktionierende, kleine Familie erlebt hatte. Er fühlte Ärger in sich aufsteigen.
Verdammt, alles was er je gewollt hatte, war Essen und ein bisschen Aufmerksamkeit, aber selbst vor den Drogen, war das für ihn nie eine Möglichkeit gewesen, nicht wahr?
Er blieb nicht lange, nicht diesmal. Stattdessen duschte er schnell und wechselte seine Kleider, dann nahm er sich eine Decke und schlüpfte ins Treppenhaus hinter dem Waschkeller. Der Trockner lief normalerweise die ganze Nacht und so konnte er sich warm halten.
E RST viel später wurde ihm klar, dass seine Lehrer ihn schon die ganze Zeit unterstützt hatten. Sie hatten ihn schlafen lassen, weil er es brauchte und als er sie um Hilfe bat, gewährten sie sie ihm. Sein Englischlehrer versorgte ihn umsonst mit Notizbüchern und hatte einen Eimer voll mit Kugelschreibern zur Selbstbedienung. Sein Mathelehrer ließ ihn in der Mittags-Pause Tische sauber machen, damit er sich Extra-Punkte verdienen konnte. Sein Französischlehrer sagte ihm, dass nach den Treffen des Asien Clubs normalerweise Essen übrig blieb und sorgte dafür, dass ihm die Reste in Folie eingepackt wurden, nachdem er sein kostenloses Mittagessen in der Mensa bekommen hatte. Sein Basketball-Trainer gab ihm Nachhilfe in Geschichte, weil das das Fach war, dass er unterrichtete, wenn er gerade kein Team trainierte.
Chris schenkte ihm einen “alten” Rucksack – genau den alten Rucksack, an den Xander sich immer erinnern würde, weil Chris ihn damals aufgehabt hatte, während sie zusammen zur Schule gegangen waren, an diesem ersten Tag, nachdem er Hühnchen und Kartoffeln mit Sauce zu Abend gegessen hatte.
Dass sie zusammen zur Schule gingen, wurde danach zur Tradition. Es gab ihnen Zeit, über ihre Kurse zu reden, über das Basketball-Probetraining (sie waren beide von Anfang an sofort im Team), über so ziemlich alles, worüber sie reden wollten und die Tradition wurde gewahrt, bis sie im Jahr darauf Zehntklässler wurden.
Sie hatten den Sommer damit verbracht, Basketball zu trainieren, weil sie es
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