Auftanken, bevor die Seele streikt
Atmosphäre des gesamten Globus verteilte und noch nach Jahren Dämmerungserscheinungen hervorrief. Was für eine unermessliche Gewalt, die sich da aus der Tiefe Bahn brach!
Immer noch versetzen die ausführlichen Berichte des Ausbruchs von 1883 Menschen in Ehrfurcht und Schrecken. Auch mich beschlich ein mulmiges Gefühl (erst recht, als es nur wenige Monate nach meiner Stippvisite wieder zu einer gefährlichen Eruption des
Anak Krakatau
kam)!
Unweigerlich kommen mir bei der Erinnerung an diesen Ehrfurcht erregenden Besuch Gedanken an Ausbrüche ganz anderer Art: Auch in uns gibt es gewaltige Kräfte und Gefühle, die tief in unserem Inneren schwelen, oft lange unerkannt oder verdrängt, aber umso gefährlicher und unabsehbarer in ihren Folgen, wenn sie sich schließlich Bahn brechen! Die dauerhafte Unterdrückung dieser Gefühle macht uns krank, führt zu destruktiven Entwicklungen und seelischen Ausbrüchen.
Deshalb ist es gut, der eigenen Seele einmal bewusst
Luft machen
zu dürfen. Lange nicht Beachtetes ans Licht zu bringen und aus seinem Schattendasein zu befreien, entlastet spürbar bis hinein in körperliche Zusammenhänge und Empfindungen (vgl. z. B. Psalm 32,3).
Etwas schmunzelnd denke ich an den Satz, den ein Seelsorger mir wiederholt sagte: „Spucken Sie’s einfach aus. Ich sortier’s später!“ Was sich auf den ersten Blick recht banal anhören mag, ist ein notwendiger erster Schritt, um den eigenen Gefühlen ehrlich auf die Spur zu kommen. Denn wirklich
klären
und damit bewältigen lässt sich dauerhaft nur das, was auch zuvor
konkret benannt
wurde.
Deshalb die Einladung zu diesem
ersten
, heilsamen
Schritt
zu einem bekömmlichen Umgang mit der eigenen Seele:
Machen Sie sich Luft!
(Vielleicht auch im wahrsten Sinne des Wortes an der
frischen
Luft!)
Haben Sie dabei den Mut, Ihren persönlichen „Gefühlsnebel“ zu betrachten
. Schreiben Sie in diesem ersten Schritt einfach einmal alles auf, was Sie im Augenblick belastet! Stellen Sie sich die Frage:
Was liegt mir auf dem Herzen?
(Kümmern Sie sich nicht darum, wie wenig spruchreif das Ganze vielleicht klingen mag!) Hier dürfen Sie sich, wie gesagt, einfach Luft machen und sich alles Unklare, Belastende, Schwelende von der Seele schreiben – unsortiert. Der Rest folgt später!
Hier, wie auch in den weiteren Schritten, profitieren Sie am meisten, wenn Sie es sich zur Gewohnheit machen, Ihre Überlegungen
schriftlich
festzuhalten! Nur das, was laut ausgesprochen oder schriftlich formuliert wird, lässt sich auch greifen und damit nachhaltig klären.
Es sind diese klar benannten „Signale des Herzens“, die uns bestimmen, ob wir sie nun wahrnehmen und benennen oder etwa verdrängen. Ein
unentdeckter
Feind kann jedoch mehr Schaden anrichten als einer, um dessen Existenz und Position man weiß!
Und wie befreiend ist es, sich wirklich einmal auf diese Weise Luft machen zu
dürfen
! Gerade in der heutigen Berufswelt ist eher der nüchterne, kühlere („coole“) Typ gefragt, der die Kunst gemeistert hat, Gefühle erfolgreich zu verdrängen und nur in bestimmten, nicht selten von den Medien propagierten Bereichen auszuleben (und dort leider nicht selten bis zum Exzess). Aber die Kosten einer solchen Lebensweise kommen häufig in anderen Lebensbereichen deutlich zum Vorschein. Manche so meisterhaft „stoisch“ verdrängte Emotionen warten regelrecht nur auf ihren „Ausbruch“. Gefühlsneutralität, Gleichgültigkeit bis hin zur inneren Leere sind zwar zunächst einleuchtende „Bewältigungsstrategien“; in Wahrheit aber sind es höchst dringliche Alarmsignale einer ernsthaften Erkrankung der Seele.
Die Fluten der Meere toben und tosen, sie brüllen ihr mächtiges Lied. Doch stärker als das Donnern gewaltiger Wasser, größer als die Wogen des Meeres ist der Herr in der Höhe!
P SALM 93,4
Deshalb die Einladung: Kommen Sie
Ihrer
„Logik des Herzens“ auf die Spur. Die Bibel, ein Buch voller Gefühle, will Ihnen dabei helfen.
Was sind das für heilsame Ausbrüche, wenn beispielsweise gebetet wird: „Rette mich, Gott, das Wasser steht mir bis zum Hals! Ich versinke im tiefen Schlamm; meine Füße finden keinen Halt mehr. Die Strudel ziehen mich nach unten, und die Fluten schlagen schon über mir zusammen. Ich habe mich heiser geschrien und bin völlig erschöpft, der letzte Hoffnungsschimmer ist erloschen …“ (Psalm 69,2-4a).
Oder: „Herr, ich bin völlig am Ende. Darum schreie ich zu dir!“(Psalm 130,1).
Der leidende Hiob
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