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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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eine Frau nur die Hälfte eines Mannes wert war? Wie hatte ich diese unfassbare Rückständigkeit verdrängen können?
    Nur halb so viel wert wie er? Wohin man auch sah – auf dem Land, in der Stadt, in unserem oder in anderen Ländern –, leisteten Frauen doch mindestens dreimal so viel wie Männer, und auch Frauen haben doch ihren Anteil am Voranbringen der islamischen Revolution! Das war alles nichts – oder nur die Hälfte wert? Was für eine traurige Tatsache …
    Im Iran waren Mädchen bereits im Alter von neun Jahren strafmündig – Jungen aber erst mit fünfzehn. Und die Aussage einer Frau zählte vor Gericht weniger als die eines Mannes. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren haarsträubend. Aber das hier war wirklich unbegreiflich. Sollte ich tatsächlich nur die Hälfte dieses Kerls wert sein? Und auch noch umgerechnet etwa 14.000 Euro für sein zweites Auge zahlen? Wenn ich so viel Geld hätte, würde ich es für meine eigenen Operationen verwenden, statt es ihm hinterherzuwerfen! Ich dankte dem Gericht, äußerlich gefasst, innerlich aber so aufgewühlt wie seit Langem nicht. Sie wussten, dass ich das Geld nicht aufbringen würde, um sein zweites Auge zu kaufen, dachte ich. Vielleicht hatten sie genau aus diesem Grund so geurteilt.
    Die Türen des Gerichtssaals öffneten sich, und die Leute verließen den Saal. Meine Tante stürzte auf mich zu: »Was hast du gemacht, Ameneh? Hast du ihm verziehen? Er kam total entspannt und fröhlich aus dem Saal, als sei nichts geschehen.«
    »Nein, ich hab ihm nicht verziehen.« Und erneut brandete in mir diese innere Wut auf. Er spazierte also unbeschwert aus dem Saal? Ich wollte, nein, ich musste einen anderen Weg finden, diesen Unmenschen seiner gerechten Strafe zuzuführen. Es musste einfach einen anderen Weg geben. Halb so viel wert! Ein unglaublicher Affront. Nicht nur für mich, sondern für alle Frauen meines Landes. Frauen, die sich alleine durchschlagen mussten, arbeitslos waren oder von ihren Männern sitzen gelassen wurden, standen oft ohne alles da und waren in ihrer materiellen Not nicht selten zum Äußersten gezwungen. Hatte mir nicht sogar Mariam kürzlich von einer jungen Frau im Taxi erzählt, die den Fahrer und alle Fahrgäste um Geld bat und eine Gegenleistung anbot. »Es ist nicht ganz so, wie Sie denken«, entschuldigte sie sich, »ich bin Studentin und versuche, mir mein Studium zu finanzieren, weil ich keinen Job habe.«
    Und selbst wenn solche Geschichten aus Gerüchten entstanden waren, ein Körnchen Wahrheit steckte doch in allen. Ein Mädchen und ihr Freund wurden von Sittenwächtern erwischt – was Amir und mir ja zum Glück erspart geblieben war. Als der Vater davon erfuhr, kündigte er an: Der Erste, der sich meldet, bekommt meine Tochter zur Frau. Das klang beinahe wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, nahm aber kein märchenhaftes Ende. Der arme Schlucker, der das Rennen gemacht hatte, hat die junge Frau ins Unglück gestürzt. Pech gehabt, aber die Worte ihres Vaters galten. Tragische Geschichten wie diese passierten zu Tausenden in meinem Land.
    Sicher gab es auch weniger strenge Väter, und nicht für jede Misere waren immer nur die Männer allein verantwortlich. Aber das Gesetz von der halben Wertigkeit der Frau war definitiv eines, von dem die Männer gerne profitierten – und ich musste endlich einen Weg finden, es zu umgehen!
    Tage nach dem Urteilsspruch, am 22. Bahman, dem Jahrestag der Revolution, dem höchsten Feiertag des Landes, rief das Justizministerium bei uns zu Hause an. Der Oberste Richter, Ayatollah Haschemi Schahrudi, wolle mich sprechen, hieß es. Ich solle auch alle Arztrechnungen mitbringen – er würde uns empfangen.
    Im Ministerium angekommen, reichte man mir einen Tschador – meine Mutter war ja bereits verschleiert – und bat mich, mich angemessen zu verhüllen, was ich einigermaßen unbequem, um nicht zu sagen, gefährlich fand, weil ich beim Gehen hätte stolpern können. Während wir nun auf den Obersten Richter warteten, kam ich mit dem ebenfalls anwesenden Justizvertreter ins Gespräch und erklärte ihm, wie unzufrieden ich mit dem Urteil sei.
    »Verzeihen Sie ihm, Frau Bahrami. Nehmen Sie das Schmerzensgeld, und setzen Sie Ihre Behandlungen fort.«
    »Ich will sein Schmerzensgeld nicht. Abgesehen davon, hat er doch auch gar kein Geld.«
    »Warum heiraten Sie ihn nicht?«
    »Das bietet er doch nur an, um kein Schmerzensgeld zahlen zu müssen!«, gab ich zurück und stellte auch

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