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Auge um Auge (German Edition)

Auge um Auge (German Edition)

Titel: Auge um Auge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han , Siobhan Vivian
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sagen, auch wenn ihre Ideen eher dürftig waren. Das mit dem Retinol war nicht schlecht, aber ich an ihrer Stelle hätte ihm Haarentferner ins Shampoo gemixt oder so. Wenn schon, denn schon.
    Aber egal, wir fangen ja erst an. Bis ich an der Reihe bin und wir Rennie ins Visier nehmen, sind wir hoffentlich eine gut geschmierte Rachemaschine.
    Kim schaut auf, als ich hereinkomme. Obwohl ein Kunde an der Kasse wartet, zieht sie mich hinter die Theke und umarmt mich fest. Der Typ ist ein Punk mit einem kräftigen Iro, also denkt Kim wohl, dass dem so was wie Kundenfreundlichkeit scheißegal ist.
    »Kat«, sagt sie. »Ich hab dich vermisst, Alte!«
    »Ich dich auch«, sage ich. Aber das stimmt eigentlich nicht. Dafür war ich viel zu sehr mit dieser Rachesache beschäftigt.
    ···
    Im Sommer vor meinem Junior-Jahr habe ich Stunden vor den Regalen im Plattenladen verbracht. An den Hörstationen habe ich mir Musik von mir völlig unbekannten Gruppen reingezogen. An einer dieser Stationen hatten die Kopfhörer ein extralanges Kabel, sodass ich am Boden sitzen konnte. Ich habe mir auch nicht hier und da einen Song angehört, sondern immer gleich die kompletten Alben. Fünf, sechs, sieben hintereinander.
    Manchmal hat Kim mich rausgeschmissen, wenn sie abends schließen wollte und ich noch immer mit geschlossenen Augen und bei voll aufgedrehter Lautstärke am Boden saß, ohne die geringste Vorstellung davon, wie spät es eigentlich war. Dabei war es nicht so, als hätte ich sonst nichts zu tun gewusst – ich durfte immer mit Pat und seinen Freunden rumhängen. Aber das Gerede dieser Dirt-Bike-Fans konnte ich immer nur begrenzte Zeit ertragen, danach wollte ich nur noch die Garagentore schließen, sämtliche Motoren anwerfen und an Kohlenmonoxidvergiftung sterben.
    Damals war Kim verständlicherweise sauer auf mich, ich war wirklich eine schreckliche Kundin. Meist hing ich den ganzen Tag im Laden rum, ohne je irgendwas zu kaufen. An ihrer Stelle hätte ich mir Hausverbot erteilt, genau wie den Ladendieben.
    Ich bin mir nicht sicher, warum genau sie irgendwann Mitleid mit mir bekam. Es passierte jedenfalls so: Eines Tages wollte ich mir eine Eintrittskarte für ein Konzert einer Gruppe namens Monsoon zu kaufen, die in der Garage auftreten sollten. Allerdings musste man dafür mindestens einundzwanzig sein.
    Kat ließ sich nichts vormachen. Sie lehnte sich über die Theke und musterte mich von oben bis unten. »Wie alt bist du – dreizehn?«
    »Sechzehn«, antwortete ich und trat von einem Fuß auf den anderen.
    Sie lachte mir ins Gesicht und hielt die Karte hoch. »Ich glaube, ich hab mich verhört. Noch mal, wie alt bist du?«
    Es dauerte einen Moment, bis ich kapiert hatte. Ich räusperte mich und sagte: »Einundzwanzig.«
    Sie zog eine ihrer superbreiten Augenbrauen hoch. »Wo hast du deinen Ausweis?«
    Ich biss mir auf die Lippe. Eine Antwort wusste ich nicht. Zum Glück hatte Kim eine für mich parat. »Den hast du im Auto gelassen, stimmt’s?«
    Ich nickte. »Ja.«
    Sie gab mir die Karte, aber meine zehn Dollar wollte sie nicht. »Ist ’ne Freikarte.«
    »Wow«, sagte ich. »Danke.«
    »Nicht nötig. Keiner von meinen Kollegen will die Band sehen, das heißt, außer mir arbeitet beim Konzert keiner. Falls du’s nicht schon weißt – Monsoon ist Mist. Und nach dem Konzert hilfst du mir beim Abbauen.«
    Natürlich hatte sie recht. Monsoon war großer Mist. Trotzdem war es einer der besten Abende in meinem Leben.
    ···
    Kim macht sich los, sodass sie mir in die Augen sehen kann. »Hey, tut mir leid, dass ich letzte Woche am Telefon so kurz angebunden war. Ging nicht anders. Es war eine verrückte Show. Die letzte Gruppe kam zu spät und war so besoffen, dass sie kaum ihr Programm zu Ende gebracht haben, und Paul ist in letzter Zeit ein solcher Idiot! Du hast mich wirklich im allerschlechtesten Moment erwischt. Es war ...«
    »Kein Problem«, unterbreche ich sie. Kims Tag kann nicht halb so schlimm wie meiner gewesen sein, außerdem muss ich hier fertig werden, bevor die letzte Fähre nach Jar Island ablegt. »Kann ich einfach ins Büro gehen und chillen?« Da steht nämlich nicht nur der Kopierer, sondern auch ein Computer. Und auf dem gibt es ein Programm, mit dem man Flyer für Konzerte gestalten kann. Ich habe Kim schon ein paarmal dabei geholfen. Für unser Projekt werde ich ein richtig schönes Layout machen. Natürlich nicht so schön, dass jemand auf mich als Urheberin kommen könnte. Ich will einige von

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