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Auge um Auge (German Edition)

Auge um Auge (German Edition)

Titel: Auge um Auge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han , Siobhan Vivian
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plötzlich ganz anders an. Wie klatschnasse Jeans und ein dreckiges T-Shirt voller Schotter. Ich reibe meine Hände aneinander, streiche mir über die Arme. Sie sehen normal aus, doch die Haut fühlt sich zu eng an, überdehnt. So als würde ich von innen her immer mehr anschwellen, bis ich wieder das Gewicht habe, das ich mit zwölf hatte.
    Mit einem Mal strömt alles Elektrische in der Halle auf mich zu, so als hätte man an Hunderte von kleinen Benzinflüssen ein Streichholz gehalten. Es fühlt sich an, als würde jeder, der mich berührt, bei lebendigem Leib verbrennen. Das Sirren von Stromleitungen übertönt das Flüstern der Menge. Die Lichter an der Decke, die Verlängerungskabel zur DJ -Kabine, der Herzschlag der Menschen um mich herum – all das kommt auf mich zu. Ich bin ein Magnet. Mit zitternden Händen streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. Jede Strähne ist ein glühender Draht.
    Er starrt mich an, perplex, ungläubig. Angewidert. Ich schließe die Augen, aber es ist zu grell. In mir ist nichts als weiß glühendes Licht. Es muss hinaus, einen anderen Weg gibt es nicht.
    Als ich die Augen wieder öffne, schaue ich in eine gleißende Helligkeit, die schrecklicher ist als alles, was ich mir hätte vorstellen können.

38 LILLIA Sämtliche Lampen in der Halle gehen auf einen Schlag aus, und einen Moment lang ist es stockdunkel. Dann prasseln winzige Glasscherben von der Decke, gelbe Funken fliegen umher wie von einem Feuerwerk. Die Lautsprecher des DJ s kreischen nach einer Rückkoppelung. Alles schreit und versucht, sich in Sicherheit zu bringen.
    »Lillia!«
    Das ist Alex, er kämpft sich durch die Menge zum Bühnenrand, um zu mir zu gelangen. Ich bin schon fast an den Stufen, als mir Reeve wieder einfällt. Er steht mit suchendem Blick am Bühnenrand. Er zittert am ganzen Körper.
    Ich renne zu ihm zurück. »Komm! Wir müssen hier raus!« Ich fasse ihn an den Aufschlägen seines Jacketts und versuche, ihn vom Rand wegzuziehen. Doch obwohl ich direkt vor ihm stehe, sieht er mich nicht.
    Er ist irgendwo anders, das sehe ich, weil seine Augen wie erloschen sind, der Blick auf kein Ziel gerichtet. Mit einem Ruck löst er sich von mir.
    In dem Moment begreife ich: Er hat einen Krampfanfall.
    Er bebt immer heftiger, so sehr, dass ich ihn nicht mehr halten kann. »Hör auf!«, schreie ich und sinke auf die Knie.
    Reeve stürzt von der Bühne und bleibt verdreht am Boden liegen. Sein Körper scheint ein unförmiger Haufen, die Beine sind auf gruselige Art gekrümmt. Er bewegt sich nicht mehr. Blinzelt nicht einmal.
    Jemand schreit, und dieser Schrei übertönt alle anderen Stimmen, alle anderen Geräusche. Er ist so laut, dass ich sonst nichts höre.

39 KAT  Zuerst weiß ich nicht, was das ist. Dieses Geräusch. Es ist so laut und schrill, dass ich mir die Ohren zuhalten muss. Und sogar dann höre ich es noch. So laut, als wäre es für immer in meinen Ohren eingesperrt.
    Dann begreife ich: Es ist Mary. Unsere stille, schüchterne Mary schreit so furchtbar, dass es wehtut. Ich drehe mich im Kreis, versuche, sie zu finden. Aber es ist zu dunkel. Und zu voll.
    Die Hölle ist los. Auch andere Mädchen kreischen, Jungs brüllen, Lehrer bitten uns, Ruhe zu bewahren und den nächsten Ausgang anzusteuern.
    Ich hole tief Luft, setze die Ellbogen ein, um durch die Menge zum Ausgang zu gelangen. Unter den Sohlen meiner Stiefel knirscht Glas. In der ganzen Sporthalle riecht es verbrannt, immer noch regnen Funken aus zerbrochenen Glühbirnen.
    Als ich fast an der Tür bin, drehe ich mich noch einmal um und sehe Lillia, die am Bühnenrand kniet und nach unten schaut. »Ruft die 911 !«, schreit sie ununterbrochen.
    Endlich schaffe ich es ins Freie und atme tief ein. Kalte Luft schlägt mir entgegen. Diejenigen, die schon vor mir rausgekommen sind, umarmen sich und telefonieren. Der Klang einer Sirene kommt immer näher – der Rettungswagen.
    Erst da bemerke ich ein Jucken an meiner Stirn, gleich unter dem Haaransatz. Ich taste mit den Fingern danach und fühle etwas Warmes, Feuchtes. Meine Fingerspitzen sind rot. Die umherfliegenden Glasscherben! Es geht nicht nur um Reeve. Auch andere könnten verletzt sein. Sogar schwer verletzt.
    Mit Lillia scheint so weit alles in Ordnung, aber Mary habe ich immer noch nicht gefunden. Mir stockt der Atem, als mir klar wird, dass sie womöglich noch in der Halle ist.
    Scheiße.
    »Mary!«, rufe ich und versuche, wieder in die Halle zu gelangen.
    Señor Tremont streckt einen

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