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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Autoren: Stephanie Madea
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direkt neben ihr, sodass sie zusammenzuckte. Sie beschloss, ihn zu ignorieren.
    »Wo wohnen Sie? Hier im Wald?«
    »Komm näher, mein Kind.«
    View lief ein feines Kribbeln über den Körper. Es hörte sich beinahe wie bei Hänsel und Gretel an. Warum auch immer, erwartete sie, einen dürren Knochen zu berühren, als sie den Arm vorstreckte und langsam auf die Stimme zuging. »Hören Sie, ich kann Sie nicht s… «
    »Jetzt bist du bei mir.«
    Raue Finger ertasteten ihre Hände und zogen sie näher. Ihr Griff war fest. Der penetrante Gestank, der von der Frau ausging, verschlug ihr fast den Atem. Das war mehr als Urin, Kot, Schweiß und Schmutz. Es roch nach Verwesung. Pest? Lepra? Oder spielten ihr die Sinne einen Streich?
    View schluckte den Ekel und die sich in ihren Nacken krallende Furcht hinunter. »Wie heißen Sie? Ich bin View.«
    View spürte das Lachen der Alten zuerst in ihren Fingern. Sie zuckten im Rhythmus ihrer stockenden, erst lautlosen Lacher, dann in dem ihres Hustenanfalls. Sie zog ihre Hand nicht weg, obwohl sich alles in ihr sträubte, sie dort zu belassen, wo es nach Krankheit und Tod roch. Es dauerte, bis sich die Frau beruhigt hatte.
    »Komm. Essen.«
    Die Alte ließ sie los und bückte sich mit lautem Stöhnen. Eisen klimperte aneinander und der Geruch von frischem Blut stieg ihr in die Nase. Das Tier. Das arme Tier.
    »Mir wird …« View fiel auf die Knie und übergab sich. Bittere Galle verätzte ihren Rachen, eiskalter Schweiß bedeckte ihre Haut. Schauder vollkommener Erschöpfung überliefen sie. Als nichts mehr kam, ließ sie sich zur Seite auf den Boden fallen. Ihre düstere Welt drehte sich. Sie fror und schwitzte zugleich.
    »View! Verdammt noch mal, View, antworte mir!«
    Zacs verzweifelte Stimme. Wo war er bloß? Sie konnte ihn nicht sehen. Sehen?
    Schmirgelpapier rieb ihr schmerzvoll über die Stirn. Nein, eine Hand.
    »Kind, Kind«, sagte eine fremde Stimme.
    »View, bitte. Wach auf. Sag doch was. O Gott, ich hätte dich nicht mit hineinziehen dürfen. View!«
    Aber sie antwortete doch. Oder nicht? Wasser, sie brauchte Wasser. Durst. Warum klang Zac so verzweifelt? Weshalb schrie er sie an, sie solle bei ihm bleiben? Sie ging doch gar nicht weg. Sie wollte sich nur ausruhen, am liebsten gar nicht mehr aufstehen.
    Etwas packte sie grob an den Fußgelenken. Ihre Beine schwangen in die Höhe, Magensäure schwappte hoch, lief ihr aus dem Mund. Sie schrie und tat es doch nicht. Luft, sie bekam keine Luft. Ihr Rücken schrammte über groben Untergrund, ihr Hinterkopf schlug hart an. Die Finsternis, die ihre Dunkelheit schlagartig überflutete, machte ihr für den Bruchteil einer Sekunde Todesangst. Dann verklang Zacs panischer Schrei.

Tag 4
    was wir
     
     
     
    E leonore trieb sich seit einer Weile an einigen Kleiderständern herum und wartete, bis niemand in den Aufzug steigen wollte. Von überall starrten Augen auf sie. Einbildung, pure Einbildung, bläute sie sich ein, doch es half nicht gegen das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen.
    Niemand steuerte auf den Fahrstuhl zu. Sie nutzte den Moment und schlüpfte hinein. Mit einem dünn behandschuhten Finger drückte sie die Taste für den zehnten Stock des Einkaufszentrums. Die Türen schlossen sich vor einem jungen Mann, der herbeigeeilt kam, um noch mitfahren zu können.
    Eleonore schluckte. Doch sie hatte keine Zeit, um zu grübeln, ob der Kerl ein Verfolger oder nur ein gestresster Bürohengst war, der seine Mittagspause zum Einkaufen nutzte. Sie holte eine Prepaidkarte aus der Hosentasche, klickte den kleinen Chip hinaus und schob ihn in das Fach des neuen Handys.
    Die Türen glitten auf. Emsiges Gewusel und ein Stimmengewirr wie aus mehreren, auf unterschiedliche Frequenzen eingestellten Radiosendern umfing sie. Sie tippte mit dem Daumen die einzige wichtige Nummer auf der Welt ein und drückte das Mobiltelefon fest ans Ohr, während sie sich anstellte, um eine Rolltreppe hinab zu betreten.
    »Ja?«
    »Ich bin’s«, flüsterte Eleonore. Ihre dünne Stimme hüpfte und ihr Puls donnerte in ihrem Hals. Wie jedes Mal, wenn sie Alejo anrief. Und wie jedes Mal zog sich ihr Herz zusammen, wenn sie seinen tiefen Bass hörte. Er nahm stets so rasch ab, als würde er sekündlich auf ihren Anruf warten und das Telefon nie aus der Hand legen, dabei meldete sie sich absichtlich in unregelmäßigen und unvorhersehbaren Abständen.
    Er atmete tief aus – ebenso erleichtert wie sie, dass sie anrief, noch anrufen konnte. »Ich
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