Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
schon.“
„So etwas muss man wissen“, fand er, „ ich werde dir später
noch zeigen, wo man den besten der ganzen Stadt bekommt.“ Zusammen
streiften
sie von
Händler zu
Händler
um
Gemüse zu kaufen Dazu eine Gans und fünf kleine Tauben.
Adamus lud alles in seinen großen Rucksack und Vell half
dabei, das Gemüse zu tragen.
„ Ich werde noch etwas Tee besorgen“, entschied er, „ warum
gehst du nicht, und siehst dir solange die Kathedrale an?“ „ Was, ihr meint alleine?“
„ Und ob , ich komme dich später dort abholen."
„ Ja aber.. ,“
„ Du bist ein kluges Mädchen“ , erwiderte er, „ diese Stadt ist
nicht immer freundlich, und es wäre nicht ratsam sich hier zu
verirren.“
Seine Brauen hatten sich seltsam gekräuselt.
„Ist es nicht so?“
„Ja“, kam es über ihre Lippen, „ ihr habt sicher Recht.“
„Wie schön“, sprach er zufrieden, „dann treffen wir uns
wieder am Eingangstor.“
„Gut“, stammelte Vell.
Auch
wenn
sie
es
selbst
kaum
glauben konnte.
Warum in aller Welt ließ er sie gehen?
Tausend Fragen spukten durch ihren Kopf. Sie hatte hier
weder Geld noch Freunde. Und von ihrem Vater wusste sie
auch noch nichts…Verdammt.
Adamus hatte wohl Recht.
Sie würde nicht
weglaufen.
Nicht, bevor sie eine Antwort darauf hatte.
Stattdessen kam ihr nun eine andere Idee. Und während der
Bruder zurück fiel, sah sie die Kathedrale näher kommen.
Sie war
das mächtigste Gebäude am Platz.
Steinerne
Wasserspeier
umrahmten
die
große
Pforte
und
die
mächtigen Flügeltüren standen gerade offen. Hier konnte
sie vielleicht Hilfe finden.
Geschickt drängte sie sich an den Besuchern vorbei und
schlüpfte ins Innere. In der gewaltigen Andachtshalle war es
ebenso still wie kühl. Und im Licht bunter Fenster wölbte
sich ein gewaltiger Kirchenhimmel.
An den Wänden gab es Bilder in prächtigen Farben, so
eindrucksvoll,
dass
Vell
Geschichten
von
Göttern
stehen
blieb.
Sie
erzählten
und
Menschen.
Einige
der
Gesichter waren als Tiere dargestellt, andere als Dämonen.
Wieder andere ohne Augen. Mit Schwertern kämpften die
Engel
um
die
Seelen
der
Sterblichen,
während
die
Eindringlinge aus dem
Schattenreich
ihnen
das Leben
schwer machten. Sie bewachten den Eingang zur letzten
Halle und töteten die Ungläubigen mit ihrem Feuerschwert.
Dabei kam Vell auch wieder ihr Großonkel in den Sinn.
Armer Syrer, Sie konnte sich nicht mal verabschieden. Sie
dachte auch an Egan und Martha. Sicher machten sie sich
große Sorgen um sie.
Deshalb musste sie etwas unternehmen, irgendetwas. Sie
hatte nur wenig Zeit.
An einem Seitenaltar sah sie einen jungen Novizen knien. Er
war in ihrem Alter. Das konnte sie sein, ihre Chance. Sie
ging auf ihn zu, und kniete sich neben ihn an den Altar.
„ Bitte entschuldige“, flüsterte sie.
Sein Mondgesicht starrte sie an.
„ Was willst du? S iehst du nicht, dass ich bete?“ .
„Tut mir leid, aber du bist der einzige, der mir helfen kann.“
„Ich habe keine Almosen. Außerdem ist gerade Fastenzeit.“
„Ich brauche kein Geld, sondern einen Brief. Jemand muss an
meine Familie schreiben und sie warnen, bevor es zu spät ist." Sein Ausdruck hatte sich nicht verbessert.
„ Und was ist mit der Tinte?“, knurrte er , „auch der Bote will
gut bezahlt sein.“
„Daran hab‘ ich nicht gedacht. Aber es ist sehr wichtig und
Gott wird es dir sicher vergelten.“
Voller Argwohn blickte er in ihr Antlitz und dann ihren
blauen Mantel hinunter.
„Bitte“, flehte sie , „es sind doch nur ein paar Zeilen.“ Er sah sich nach Beobachtern um.
Still! “, zischte er und presste ihr seine Hand auf den Mund, „ich könnte dich auch meinem Abt vorstellen. Er hat eine
Schwäche für junge Mädchen. Und wenn du ihm gefällst, wird
er mich sicher entlohnen.“
Vell riss die Finger weg. „Was? Bist du wahnsinnig! So was
mache ich nicht!“
„Dann verschwinde von hier!“, befahl er , „geh und bettle
woanders!“
Da war keine Gnade in seinen Augen, kein Mitgefühl.
„ Verschwinde!“, setzte er nach, „ sonst
sage
ich
dem
Messdiener, dass du hier deine Dienste anbietest. “
„ Feigling!Du bist armselig!“
Bevor er etwas erwidern konnte, erhob sie sich und lief
zurück zu den Eingangspforten. Ihr Großonkel hatte Recht
gehabt: Die Welt war grausam. Sie hatte es bisher nur nicht
glauben wollen
Vor der
Kathedrale,
tummelten
sich
bereits
unzählige
Menschen. Und Kutschen fuhren heran, um die
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